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Touchdown

Titel: Touchdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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häufiger vorsingen. Ihre Stimme entwickelte sich früh, und es wurden große Träume geträumt. In London arbeitete sie hart und bekam eine Rolle nach der andern, doch dann mischte sich die Natur ein, die Gene wurden zum Faktor, und sie musste sich der Erkenntnis stellen, dass ihre Karriere - ihre Stimme - den Zenit bereits erreicht hatte.
    Rick war so oft ausgebuht worden, dass es ihn nicht mehr aus der Fassung brachte. Doch auf einer Opernbühne ausgebuht zu werden schien ihm ungewöhnlich grausam. Er hätte gern eine Erklärung gehört, aber er verzichtete darauf, das Thema zur Sprache zu bringen. Stattdessen stellte er Fragen über Othello. Wenn er sich die Oper am folgenden Abend noch einmal ansah, wollte er auch alles verstehen. So wurde also der Othello gründlich seziert, während das Essen sich hinzog. Es bestand keine Eile. Nach dem Kaffee gingen sie noch ein bisschen spazieren und fanden einen Gelato-Stand. Als sie sich schließlich verabschiedet hatten, ging Rick auf direktem Weg in den Fitnessraum, wo er zwei Stunden lang schwitzte wie ein Irrer und an nichts anderes dachte als an Gabriella.
15. Kapitel
    Aufgrund einer Terminkollision mit den Rugbyleuten begann das Mittwochstraining um sechs Uhr abends und war noch viel übler als das vom Montag. In leichtem, kaltem Regen quälten sich die Panthers durch dreißig Minuten uninspirierte Gymnastik und einige Sprints, danach war es zu nass, um noch irgendwas anderes zu machen. Das Team eilte zurück in die Kabine, wo Alex das Videogerät in Gang brachte und Coach Russo versuchte, sich ernsthaft mit den Rhinos Milano zu befassen, einem neuen Team, das im Jahr zuvor in einer unteren Liga gespielt hatte. Allein aus diesem Grund hatten die Panthers keine Probleme damit, den Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen. Es gab Witze der meist billigen Art und viel Gelächter, während Sam das Video abspielte. Schließlich legte er eine andere Disc ein und kam noch einmal auf das Spiel gegen Neapel zurück.
    Als Erstes zeigte er eine Serie von verbockten Blocks der Angriffsreihe, und binnen Kurzem geriet Nino mit Franco in Streit. Paolo, der Texas Aggie und linke Tackle, nahm Anstoß an einer Bemerkung Silvios, eines Linebacker, und schon herrschte dicke Luft. Immer mehr Spieler beteiligten sich an der Auseinandersetzung und zielten dabei zusehends unter die Gürtellinie. Der Ton wurde schärfer. Alex, der jetzt die Zuständigkeit für das Italieni sche übernahm, verteilte beißende Kritik an allem, was ein schwarzes Trikot trug. Rick lehnte sich in seinen Spind zurück. Er hatte Spaß an der Schimpforgie, aber ihm war auch klar, was Sam da machte. Sam wollte Stunk, interne Positionskämpfe, Emotionen. Ein frustrierendes Training oder eine aus dem Ruder laufende Videovorführung können oft produktiv sein. Das Team war unmotiviert und überheblich. Als das Licht wieder anging, schickte Sam alle nach Hause. Während sie duschten und sich anzogen, wurde nur wenig geredet. Rick schlich sich aus dem Stadion und eilte zu seiner Wohnung. Er schlüpfte in seine besten italienischen Klamotten, und um Punkt acht Uhr saß er in der fünften Reihe vor dem Orchester im Teatro Regio. Den Othello kannte er jetzt in- und auswendig. Gabriella hatte ihm alles erklärt.
    Er erduldete den ersten Akt, keine Desdemona bis zur dritten Szene, in der sie auf die Bühne schwebte und begann, vor ihrem Mann, dem verrückten Othello, im Staub zu kriechen. Rick beobachtete sie genau, und mit perfektem Timing, gerade als Othello wieder irgendeine Jammer-Arie abließ, warf sie einen Blick zur fünften Reihe, um zu sehen, ob er auch wirklich da war. Dann begann sie zu singen, ein Hin und Her mit Othello, das den ersten Akt beschloss.
    Rick wartete eine Sekunde, vielleicht auch zwei, dann begann er Beifall zu klatschen. Die korpulente Signora neben ihm war zunächst erschrocken, doch dann brachte auch sie zögernd die Hände zusammen und folgte seinem Beispiel. Ihr Ehemann schloss sich an, und der anfangs zaghafte Applaus breitete sich immer mehr aus. Die potenziellen Buhrufer waren überrumpelt, und plötzlich beschloss das Publikum en masse, die Desdemona habe Besseres verdient als das, was ihr bislang zuteilgeworden war. Ermutigt und da er ohnehin keiner war, der sich gern mit Bedenken aufhielt, schmetterte Rick ein herzhaftes »Bravo!« in den Saal. Ein Herr zwei Reihen hinter ihm, zweifellos ebenso von Desdemonas Schönheit bezaubert wie Rick, folgte seinem Beispiel. Einige weitere

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