Touchdown
dass sie nun vorüber war. Sie würden sich bald wieder gegenüberstehen, Parma und Bergamo, wahrscheinlich im Super Bowl, und dann würden die Lions sich ganz anders präsentieren. Mit diesem Versprechen verabschiedete er sich.
Normalerweise trafen nach einem Spiel die Amerikaner beider Teams zusammen, um sich ein bisschen auszutauschen. Es war nett, etwas aus der Heimat zu hören und sich über andere Spieler zu unterhalten, denen man hier und da über den Weg gelaufen war. Aber heute nicht. Rick ärgerte sich über die »Esel«-Sprüche und verließ sofort den Platz. Er duschte schnell und zog sich um, feierte gerade so lange, wie es nötig war, und eilte dann, Liwy im Schlepptau, davon.
Im vierten Viertel hatte er sich schon schwindlig gefühlt, jetzt setzten sich Kopfschmerzen an der Schädeldecke fest. Zu viele Schläge gegen den Kopf. Zu viel Football.
26. Kapitel
Sie schliefen bis mittags in ihrem winzigen Zimmer in einem kleinen albergo unweit des Strands, dann packten sie Handtücher, Sonnenschirm, Wasserflaschen und Lektüre zusammen und stolperten, immer noch halb betäubt, an die Adria, wo sie ihr Lager für den Nachmittag aufschlugen. Es war Anfang Juni und schon heiß, die Urlaubssaison stand kurz bevor, aber der Strand war noch nicht überfüllt.
»Du brauchst Sonne«, sagte Liwy, während sie sich einrieb. Das Bikini-Oberteil wurde entfernt, und es verblieben nur ein paar sehr schmale Streifen dort, wo sie unabdingbar waren.
»Deswegen sind wir ja wohl hier am Strand«, sagte er. »Ich habe jedenfalls kein einziges Sonnenstudio in Parma gesehen.«
»Nicht genug Amerikaner.«
Sie hatten Parma nach dem Freitagstraining und der Freitagspizza im Polipo verlassen. Die Fahrt nach Ancona dauerte fünf Stunden, dann gingʹs eine weitere halbe Stunde an der Küste entlang nach Süden bis zur Halbinsel Conero und dort schließlich zu dem kleinen Urlaubsort Sirolo. Liwy hatte das Zimmer gebucht, wusste, wo es langging und wo die Restaurants waren. Sie kümmerte sich mit Begeisterung um die Raffinessen des Reisens.
Zu guter Letzt wurde ein Kellner auf sie aufmerksam und kam herbeigetrottet, um zu sehen, ob sich ein Trinkgeld abstauben ließ. Sie bestellten Sandwichs und Bier und warteten eine gute Stunde auf beides. Liwy hatte die Nase unverdrossen in ihr Taschenbuch gesteckt, während Rick erfolgreich zwischen Wach- und Schlafzustand hin und her wechselte oder sich, wenn er denn mal wach war, auf die rechte Seite legte, um sie zu bewundern, wie sie oben ohne in der Sonne schmorte.
Tief aus dem Innern ihrer Strandtasche summte ihr Handy. Sie wühlte es hervor, starrte auf das Display und beschloss, nicht dranzugehen. »Mein Vater«, sagte sie angewidert, bevor sie sich wieder ihrem Krimi zuwandte.
Ihr Vater hatte schon häufiger angerufen, ebenso Mutter und Schwester. Liwys Rückkehr von ihrem Auslandsstudium war seit zehn Tagen überfällig, und sie hatte mehr als eine Andeutung fallen lassen, dass sie vielleicht gar nicht nach Hause kommen würde. Warum sollte sie? Alles war viel sicherer in Italien.
Zwar äußerte sie sich nach wie vor zurückhaltend über die näheren Einzelheiten, aber mit den Grundzügen war Rick inzwischen vertraut. Die Familie ihrer Mutter gehörte zum alteingesessenen Adel Savannahs, ganz schauderhafte Leute, wenn man Liwys prägnanten Schilderungen vertraute, und sie hatten ihren Vater nie akzeptiert, weil er aus Neuengland stammte. Die beiden hatten sich an der University of Georgia, der Familienuni, kennengelernt. Ihre Heirat war im Kreis der Familie auf heftigen Widerstand gestoßen, was Liwys Mutter allerdings nur in ihrem Entschluss bestärkt hatte. Es wurden Intrigen und interne Machtkämpfe auf vielen Ebenen geführt, und die Ehe stand von Anfang an unter keinem guten Stern.
Die Tatsache, dass er ein bekannter Gehirnchirurg war, der haufenweise Geld verdiente, bedeutete seinen Schwiegereltern wenig, die ihrerseits über kein nennenswertes Bargeld verfügten, aber von jeher und auf ewig mit dem sogenannten »Familienvermögen« gesegnet waren.
Ihr Vater arbeitete brutal viel und ging ganz in seinem Beruf und seiner Karriere auf. Er aß im Dienst, schlief im Dienst und erfreute sich im Dienst offenbar schon bald der Aufmerksamkeiten williger Krankenschwestern. Jahrelang ging das so, und im Gegenzug begann ihre Mutter sich mit jüngeren Männern zu vergnügen. Sehr viel jüngeren Männern.
Ihre Schwester - Liwy hatte nur die eine - war im Alter von zehn bereits in
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