Touched
reicher Daddy. Zumindest bin ich kein Freak!«
Wieder lachte er, und mir lief es kalt den Rücken herunter. Wir kamen an der Lagune vorbei, das Mondlicht schimmerte auf der Wasseroberfläche, und ich musste daran denken, wie Asher mich hierhergebracht hatte, um mir das Ende der Welt zu zeigen.
Was ich als Nächstes tat, geschah völlig spontan. Mein Körper übernahm und mein Fuß trat fester aufs Gas. Die Reifen quietschten, als ich scharf nach rechts auf die Straße einbog, die zu dem Aussichtspunkt führte.
»Halt den Wagen an!«, schrie Dean.
Ich machte das Gegenteil. Ich trat das Gaspedal durch.
Dean drückte mir den Revolver an den Kopf, der kalte Stahl grub sich in meine Schläfe. Eine sinnlose Drohung, da er sich auch tötete, wenn er mich erschoss und keiner mehr den Wagen lenkte. Bäume flogen an uns vorbei, und er fluchte. Er war eindeutig nicht angeschnallt.
Das Licht der Autoscheinwerfer beleuchtete die Betonabsperrung am Ende der verlassenen Straße. Der Abstand wurde immer geringer, und ich holte tief Luft und nahm den Fuß keine Sekunde vom Gas. Plötzlich wurde die Stille der Nacht von einem ohrenbetäubenden Geräusch zerrissen. Glas zersplitterte, Metall verbog sich. Ich wurde gegen den Gurt geschleudert.Dann herrschte wieder Stille und der stechende Geruch der Gase aus meinem ausgelösten Airbag breitete sich im Wagen aus.
Adrenalin schoss in meine Adern. In meinen Ohren klingelte es, aber soweit ich das beurteilen konnte, ging es mir nicht schlechter als vor dem Aufprall. Auf dem Rücksitz rührte sich nichts, und ich schnallte mich so schnell ich konnte mit der linken Hand ab. Meine Tür ließ sich nur ein paar Zentimeter weit öffnen. Ich drehte mich auf meinem Sitz, kämpfte gegen den Schmerz an und stieß mit beiden Füßen gegen das Seitenpanel. Endlich öffnete sie sich weit genug, dass ich hinausschlüpfen konnte.
Ich war fast frei, als mich Dean von hinten am Sweatshirt packte. Ich fiel gegen die Tür zurück und ihm wurde der Arm eingequetscht. Er jaulte auf und ließ mich so abrupt los, dass ich auf allen vieren landete. Mein gebrochenes Armgelenk knickte unter meinem Gewicht um, und ich schrie auf. Dean bewegte sich zum Auto, und ich rappelte mich hoch. Vor mir führte der Pfad, beiderseits von Bäumen und dichtem Gebüsch gesäumt, zu den Klippen. Hinter mir lag die Straße, die ich entlanggefahren war. Keine Menschenseele weit und breit.
Versteck dich, Remy! Mach schnell, Mädchen!
Ich drehte mich um und taumelte auf den Pfad. Ich erreichte die Biegung an der Klippenkante, wo 30 Meter tiefer der Ozean anbrandete. Der Weg führte linker Hand am Klippenrand weiter, und ich folgte ihm ein Stück, ehe ich mich ins Gebüsch schlug. Ich war noch gar nicht weit gekommen, als mich ein Schwächeanfall dazu zwang, mich an einen Baum zu lehnen.
Ich fasste mir an die Taille und fühlte Blut. Die Wunde war wieder aufgebrochen. Ich glitt zu Boden und entdeckte in einem Dornenstrauch eine kleine Öffnung, gerade groß genug,dass ich hineinkriechen konnte. Ich fiel flach auf den Rücken und starrte zum Nachthimmel hinauf, der von einem düsteren Baldachin aus laublosen Ästen und Efeugewirr eingerahmt wurde. Ich konnte nicht mehr kämpfen.
Ich gebe auf.
In der Ferne hörte ich jemanden den Pfad entlangstapfen. Er schien so weit weg zu sein wie die Sterne, die in schwindelerregenden Mustern über mir herumwirbelten, und mein Körper schaltete sich ab. Kalt, erschöpft, geschlagen.
Kein Wegrennen mehr. Keine Flucht.
Hoffnungslos, hoffnungslos, hoffnungslos.
»Hey, Remy …«
Ich würde sterben.
»Komm raus. Komm raus da.«
Ich starb.
»Gib auf, Prinzessin. Kein Mensch interessiert sich für dich. Es ist vorbei.«
Ich bin tot.
»Hab dich gefunden!«
Asher, verzeih mir. Ich liebe dich!
30
Dean zerrte mich aus dem Gebüsch und ließ mich an der Klippenkante fallen. Seine Blicke nach unten und sein fieses Grinsen ließen keine Zweifel an seiner Absicht: Er würde mich hinunterstoßen. Ich hatte mit dem Leben abgeschlossen, bis sich unvermittelt eine Erkenntnis aus allen anderen ganz deutlich herausschälte.
Ich will nicht sterben!
Irgendeine letzte Kraftreserve, von deren Existenz ich nichts gewusst hatte, kam zum Vorschein. Ich verwandelte mich in ein wildes Tier, das in dem Versuch, sich seinem Griff zu entwinden, um sich trat und die Krallen ausfuhr. Ich zerkratzte ihm das Gesicht, gab ihm einen Kinnhaken, trat ihm mit dem Absatz gegen den Oberschenkel. Er fluchte.
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