Touched
Meine Schreie zerrissen die Nachtluft.
«Halt’s Maul!«
Er packte mich an den Armen und riss mich hoch. Dabei stieß ich mit dem Kopf an sein Kinn, er taumelte zurück, und sein Griff lockerte sich. Schnell rollte ich ein Stück weg und erhob mich auf die Knie.
Deans Augen trübten sich in mörderischem Zorn, und im Mondlicht blitzte Stahl auf, als er die Waffe auf mich richtete. Ich kniff die Augenzu, hielt mir die Arme über den Kopf, als könnte ich auf diese Weise die Kugel ablenken. Der Schuss löste sich, explodierte immer und immer wieder in einem misstönenden Echo.
»Was, zum … wo kommt der denn her?«, stotterte Dean.
Ashers Energie brannte kraftvoll und strahlend. Ich glaubte zu halluzinieren und sah zu ihm auf, wie er mit einem seltsamen Halblächeln auf seinem schönen Gesicht über mir stand.
»Er steht hinter dir!«, wollte ich schreien. Noch während die Worte sich auf meinen Lippen bildeten, brach Asher zusammen, sank mit schmerzverzerrtem Gesicht nur ein kleines Stück von mir entfernt auf die Knie. Die Strahlkraft seiner Energie nahm ab, ihre Wärme schimmerte wie eine Fata Morgana, und ich verstand.
Asher hatte sich der Kugel in den Weg gestellt.
Er runzelte die Stirn und wurde blass. Als er nach vorn sank, wollte ich ihn mit einer Hand halten, doch er war zu schwer, und mein gebrochenes Handgelenk bog sich kraftlos zwischen uns um. Warme Flüssigkeit sickerte an seinem Rücken durch sein Shirt und befeuchtete meine Finger. Seine Stirn ruhte an meiner, sein Herz schlug im vertraut ungewöhnlichen Tempo gegen meine Brust.
»Lauf«, flüsterte er mit rauer Stimme. »Remy, lauf weg!«
Ich sollte ihn zurücklassen, meinte er. Sein Leben für meines opfern. Als ob ich das konnte. Als ob mein Körper solch einem Befehl gehorchen würde. »Niemals.«
Nicht ohne dich.
Er wand seine warmen Finger durch mein Haar und sah mich beschwörend an. »Ich hab dich rufen gehört, Liebes. Es tut mir leid, dass ich so lange brauchte, um herzukommen.«
Deans wütende Drohungen trieben auf dem Wind davon, als Ashers Energie mich in einer wirbelnden Einladung umgab. »Nimm sie, Remy«, befahl er. »Rette dich!«
»Asher!« Er kippte seitlich weg, und ich hatte einfach nicht die Kraft, ihn zu halten. Für einen Unsterblichen hätte eine Schusswunde einfach nur so etwas wie ein Feuerwerk ohne Schmerzen sein müssen. Doch was geschah, wenn dieser Unsterbliche durch einen Bund mit einer Heilerin menschlicher geworden war? Ashers Herz stolperte und stockte in seinem Bemühen, lange genug bei Bewusstsein zu bleiben, um mir zu helfen, seine Gaben benutzen zu können. Möglicherweise kam er meinetwegen ums Leben. Deans wegen.
Maßloser, alles versengender Zorn packte mich. Ohne zu zögern nahm ich mit Ashers Unterstützung seine Energie aus der Luft auf, nahm, was er bereitwillig anbot, und betete, dass es ihn nicht umbrachte. Wir hatten nur vermutet, was geschehen würde, wenn wir beide die Kontrolle verloren. Wir wussten, dass sein Körper nach den Sinneswahrnehmungen, die ihm meiner bot, lechzte, wenn ich starb. Wir hatten gedacht, mein Körper würde danach trachten, seinen von der Unsterblichkeit zu heilen.
Oh Asher, wir lagen so falsch. So falsch.
Ashers ungestüme Energie traf in meinem geschwächten Körper auf keinerlei Widerstand. Die Male, wo ich sie benutzt hatte, um mich zu heilen, die Male, wo er sein Können demonstriert hatte, die Art und Weise, wie er meine Energie als Geisel genommen hatte – nichts davon hatte mich darauf vorbereitet, mit welcher Wucht und Hitze seine durch mich hindurchfahren würde. Unvermittelt verstand ich, wie sehr er seine Kraft in Schranken gehalten hatte, um mich zu beschützen, und mit welch ungeheurer Selbstbeherrschung er gegen seinen Instinkt angekämpft hatte, mich zu überwältigen. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich mich in etwas Neues verwandelte – in etwas Unaufhaltbares, Unzerstörbares, Unbesiegbares.
Unsterbliches.
So fühlte es sich an, unsterblich zu werden!
Es war unmöglich. Nur Beschützer konnten unsterblich werden. Dennoch, unwissentlich opferte Asher seine Unsterblichkeit für meine Sterblichkeit, und das Geheimnis um mich, um das, was ich war, lüftete sich mit einem Schlag.
Sekunden vergingen, und Dean verlor die Geduld. Sein fahriger Blick zeigte an, dass er fliehen wollte. Die einfachste Art, unbemerkt zu entkommen, war die, uns umzubringen. Keine Zeugen, die ihn aufhielten, und die zusätzliche Genugtuung, sich dafür
Weitere Kostenlose Bücher