Touched
wie in Zeitlupe ab. Asher sah mich an, als wolle er sich verabschieden. Lottie machte sich bereit, ihren Bruder zu decken. Gabriel raste auf Dean zu, um mich zu befreien, weil er wusste, was ich tun würde. Oft hatte er mir während des Trainings vorgeworfen, dass ich vergaß, wer Beschützer war und wer Heiler. Ihm war klar, dass nichts meine Fähigkeiten so antreiben konnten wie mein Wunsch, Asher zu beschützen.
Er hatte recht.
Die Kugel verließ nie ihre Kammer. Nichts regte sich mehr, als ein zweiter roter Blitzstrahl in Dean fuhr. Er brüllte vor Schmerzen, als sich sein Körper jede einzelne Wunde, die er mir zugefügt hatte, zu eigen machte – alle trafen sie ihn gleichzeitig, und er ließ mich los. Ich wand mich aus seiner Reichweite und begegnete dann ungerührt seinem gequälten Blick.
In blindem Entsetzen taumelte er rückwärts, viel zu nahe an den Klippenrand. Als sein Fuß auf Luft traf, ruderte er mit den Armen und verlor das Gleichgewicht. Mit Ashers Fähigkeiten ausgestattet, hätte ich es verhindern können. Ich hätte rechtzeitig zu ihm gelangen können, aber ich rührte mich nicht von der Stelle.
Mit verzerrtem Gesicht krallte sich Deans Hand in die Luft, suchte Halt im Nichts, und ich schaute zu, wie er in einem tiefen schwarzen Loch verschwand. Sein Schrei wiederholte sich in einem schaurigen Echo.
In der folgenden Stille hörte man Ashers schweres Atmen. Ich bemühte mich, meine Fähigkeiten wieder in den Griff zu bekommen und fiel dann eine Sekunde vor Gabriel neben einem bewusstlosen Asher auf die Knie. Noch vor Gabriel bemerkte ich, dass Lottie die Faust schwang und fing sie kurz vor seiner Nase mit der Hand ab. Beide Beschützer sahen mich bestürzt an, aber meine ganze Aufmerksamkeit kreistedarum, dass ich Lottie nicht spüren konnte. Ich verlor mich bereits. Die Zeit lief ab.
»Es ist anders, als du denkst«, sagte ich zu Lottie. »Gabriel würde Asher nie verraten. Er wusste, ich würde alles tun, um Asher zu retten. Und du weißt, dass das stimmt.«
Sie sah zu ihrem Bruder, und ich ließ ihre Faust los und wandte mich an Gabriel, der nicht weit entfernt kauerte. »Ich danke dir.«
Er betrachtete mich argwöhnisch. »Du bist anders, Heilerin. Man könnte meinen, du hast dich verhalten wie wir, wenn das nicht unmöglich wäre.« Als er zu seinem Bruder sah, schien er es zum ersten Mal mit der Angst zu tun zu bekommen. »Was ist hier eigentlich los? Wieso erholt sich Asher denn nicht?«
»Er liegt im Sterben. Er hat seine Gabe geopfert, um mir zu helfen, aber wenn ihr beide mir vertraut, kann ich ihn retten.«
»Bist du denn fit genug?« Lotties Blick fiel auf das Blut, das durch mein Sweatshirt sickerte, und auf die Wunden in meinem Gesicht.
»Ja«, schwindelte ich ganz ohne Gewissensbisse.
So leicht ließ Gabriel sich nicht überzeugen. »Wenn du dabei ums Leben kommst, verlieren wir ihn trotzdem.« Daraufhin stand sein Entschluss fest. Er würde nicht dabei helfen, dass ich mein Leben aufs Spiel setzte.
Es fiel mir leicht, Asher zuliebe zu lügen. »Mir passiert nichts, Gabriel.«
Er gab sich mit meiner Antwort zufrieden und stellte sich zu seiner Schwester. Ich beugte mich über Asher und gab acht, dass sich die beiden ein Stück weit entfernt hatten, ehe ich flüsterte: »Sagt Asher, dass ich ihn geliebt habe. Es tut mir so leid.«
»Nein!« Gabriel sprang vor, um mich zu stoppen, aber es war zu spät.
Ganz zart berührte ich Ashers Lippen mit meinen und ließ mit einem Seufzer seine Fähigkeiten frei. Die Ströme unserer Energie entfalteten sich und breiteten sich in seinem Körper aus, während ich ihn heilte. Seine Fähigkeiten hatten sich mit meinen vermischt. Jetzt war ich unsterblich, obwohl ich das nie hatte sein wollen – ohne Asher an meiner Seite schon gar nicht.
Als sein Mund zu einem Kuss ansetzte und er die Arme um mich schlang, wusste ich, er würde durchkommen. Seine vollen Lippen verschmolzen mit meinen, und unser Atem vermischte sich zu einem erleichterten Seufzen. Dieser Kuss war anders als alle anderen zuvor. Ich hatte ihn immer so küssen wollen, ohne dass einer sich Gedanken darum machen musste, die Kontrolle zu behalten. Als ich mit den Fingern sacht über sein Gesicht fuhr, wusste ich, dass er mich spürte. Dann übernahm mein Körper, und ich ließ es kampflos geschehen.
Asher zuckte in meinen Armen zusammen.
Zu spät, Liebster. Hasse mich nicht!
Seine Verletzungen gingen auf mich über, und er verwandelte sich einmal mehr in den
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