Touched
Zähne schnitten in das Innere meiner Wangen, und ich schmeckte Eisen. Am liebsten hätte ich ihm Blut auf seine glänzenden neuen Klamottengespuckt. Aber er würde es mir umgehend heimzahlen, auf bösartigste Weise, nur das hielt mich zurück. Ich senkte den Kopf, damit er mein Gesicht nicht sah.
Mit jeder Faser meines Körpers wollte ich mich wehren. Ich sehnte mich danach, etwas zu zerbrechen, auszubrechen, damit er kapierte, dass ich ihm nicht gehörte. Ich war nicht sein Eigentum, und ich würde von ihm keine einzige weitere Demütigung mehr hinnehmen. Meine Angst vor ihm wich der Wut, die in mir hochstieg und keinen Platz mehr für andere Gefühle ließ. Wäre ich nicht so geschwächt gewesen, ich hätte sein Herz mit einem Schlag zum Stillstand gebracht.
Dann hörte ich im Geiste wieder Ashers Stimme, eine Erinnerung daran, wie er mich ermahnt hatte, schlauer zu sein als der Gegner. Mir stockte der Atem und ich bezwang das wilde Tier in mir.
Denk nach, Remy!
Dean hasste jeden, der sich gegen ihn behauptete. Jahrelang hatte meine Weigerung zu weinen, an ihm genagt. Jede Grausamkeit hatte meinen Willen brechen sollen. Die Prügel, die er meiner Mutter verpasst hatte, die ständigen Misshandlungen, die Schüsse auf Lucy und nun die Drohung, die Beschützer auf meine Familie zu hetzen. Er wollte alles auslöschen, woran mir lag, sodass ich mich demütig seiner Kontrolle unterwarf.
Nun, ich konnte mich kleinmachen wie Anna. Wenn er Angst sehen wollte, na bitte! Als er die Hand hob, um mich wieder zu schlagen, riss ich an meinen Fesseln.
Wimmernd mühte ich mich, bis mir vor Schmerzen Tränen in die Augen traten. »Schlag mich nicht«, bettelte ich dann. »Bitte, tu mir nicht mehr weh!«
Eine Sekunde lang erstarrte Dean und schlug mich dann wieder mitten ins Gesicht.
Er stopfte mir den Knebel zurück in den Mund, blickte nach oben und horchte, ob jemand mein hysterisches Flehen mitbekommen hatte. Natürlich nicht. Die wenigen Gäste über uns hatten keine Ahnung, was unter ihnen vorging, und die wenigen armseligen Laute, die ich von mir gegeben hatte, hatten wohl kaum jemanden alarmiert.
Dean wandte seine Aufmerksamkeit mir wieder zu. Ich wiegte mich auf dem Stuhl vor und zurück, als ob ich mich damit trösten wollte.
»Du bringst mir nur was, wenn wir beide hier rauskommen.« Er drückte mit dem Revolver mein Kinn nach oben, damit er mir in die Augen sehen konnte.
Ich dachte an Asher und Lucy, an Ben und Laura. Was, wenn ich sie nie wiedersah? Als könnte er meine Gedanken lesen, nickte Dean.
»Heute Abend verschwinden wir, und du benimmst dich wie eine brave kleine Prinzessin, okay? Kein Einsatz deines Könnens mehr, außer ich fordere dich dazu auf. Du weißt, warum?«
Wenn mir jemand sagte, wann ich meine Fähigkeiten einsetzen durfte, ging ich schnell in die Luft, trotzdem schluckte ich meine Wut hinunter und gab mich unterwürfig. Meine hastigen Atemzüge, wenngleich gedämpft, waren in dem Raum deutlich zu hören.
»Aus zweierlei Gründen. Zum einen weiß ich dank der hilfreichen Aufnahmen deiner Mutter, wie ich die Beschützer finde und werde ihnen mit Freuden erzählen, wo sie deinen lieben Daddy antreffen. Und wir wissen ja beide, was die Beschützer mit unschuldigen Menschen machen, nicht?«
Es war nicht nötig, einen Angstschauder zu mimen.
»Zweitens …«
Er trat hinter mich, packte meine Hand und zog ruckartigan ihr, bis die kleinen, zarten Knochen meines Armgelenks nachgaben und unter dem Druck brachen. Der schmutzige Knebel dämpfte meine Schmerzensschreie.
Dann beugte sich Dean zu mir herunter. »Ich merk doch, dass du dich verstellst, Remy«, flüsterte er. »Du kriegst das Rebellische nicht aus dem Blick. Aber du wirst es schon noch mit der Angst zu tun kriegen. Alles hat seine Zeit, auch das Töten, und ich werde dich daran erinnern, was geschieht, wenn du mir Schwierigkeiten machst.«
Mit rauen Fingern streichelte er meine Wange, eine grässliche Parodie von Ashers Liebkosung. Dann nahm der Druck auf mein gebrochenes Armgelenk zu, und ich wünschte, der Tod käme schnell, damit die Schmerzen vorbei waren.
Meine erstickten Schreie hatten sich schon vor Stunden in leises Stöhnen verwandelt. Dean hatte mich verspottet und misshandelt. Zwischen Schlägen hatte er mich gezwungen, meine Verletzungen zu heilen, damit er beobachten konnte, wie meine Fähigkeiten funktionierten. Zu früh erlahmten meine Kräfte, und die Schmerzen ließen nicht nach. Als sie zu intensiv geworden
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