Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
wagen von einem gewissen Barack Obama. Als der Kunde angab, er heiße »Roger Mee«, lachte Bernard und sagte: »Das ist aber auch kein Spaß, mit dem Namen rumzulaufen, was?«
Roger Mee wirkte verdutzt. »Wie bitte?«
»Ihre Eltern haben’s nicht gut mit Ihnen gemeint«, sagte Bernard. »Hatte Ihre Mutter schlimme Wehen?«
Mr. Mees Mundwinkel sanken herab. Verständnislos wand te er sich mir zu.
»Bernard meint einen uralten englischen Slangausdruck für Geschlechtsverkehr haben: ›to roger‹«, erklärte ich.
»Wodurch Ihr Name also übersetzt heißt: Bums mich«, erläuterte Bernard ungefragt.
Mee – der vielleicht Anfang zwanzig war – meinte: »Das habe ich noch nie gehört.«
»Also, ich hab das früher ständig gesagt«, berichtete Bernard fröhlich. »Ich hab eine von meinen Freundinnen angerufen und gefragt: ›Hallöchen, Gladys (oder Marcia oder wie auch immer sie eben gerade hieß), Lust auf ein bisschen Rogern?‹«
Roger Mees Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Ich sah ihm an, dass er vergangene Begegnungen plötzlich in einem völlig neuen Licht sah. »Gestern musste ich in der Bibliothek meinen Namen sagen«, erzählte er. »Jetzt weiß ich, warum die schon etwas ältere Bibliothekarin so gekichert hat. Und bei meiner Hochzeit … als der Pfarrer gefragt hat: ›Willst du, Roger Mee …‹, da hat die ganze Kirche laut gelacht.«
Nachdem Mee gegangen war, machte ich Bernard Vorwürfe. »In Zukunft unterlassen Sie bitte persönliche Bemerkungen über unsere Kunden. Wir haben ohnehin kaum welche.«
»Wem sagen Sie das«, meinte Bernard. »Ich hab in einem Eskimopuff in einer Stunde mehr Kunden gesehen, als wir hier am ganzen Tag abfertigen.«
Als ich Bernards Kenntnisse bezüglich Eskimopuffs in Zweifel stellte, entgegnete er ziemlich eingeschnappt: »Ich kann das urkundlich beweisen.«
Sonntag, 9. Dezember
Ich beugte mich dem von Gracie ausgeübten Druck und erklärte mich bereit, jetzt schon einen Weihnachtsbaum zu erwerben (meiner Ansicht nach darf man erst maximal eine Woche vor Weihnachten einen Baum aufstellen). Im Mazda meiner Mutter fuhr Daisy uns zum ersten von drei Gartencentern. Da meine Mutter sich immer noch weigert, uns bei ihrer Versicherung als Fahrer einzutragen, war ich die gesamte Fahrt über ein Nervenbündel und rechnete jederzeit d amit, von der Polizei gestoppt zu werden. Die meisten Weihnachtsbäume waren mit grünen Netzen dressiert wie ein Truthahn, so dass man unmöglich erkennen konnte, ob die Zweige gleichmäßig und symmetrisch waren. Im dritten Gartencenter sprach Daisy ein Machtwort. »Adrian, wenn wir hier keinen nehmen, dann kaufe ich morgen bei Woolworth einen aus Plastik, das schwöre ich dir.«
Wir saßen in der Cafeteria, umgeben von Menschen mittleren Alters in praktischen Jacken und bequemen Schuhen. Ich war so müde, dass ich problemlos mit dem Kopf auf dem Tisch hätte einschlafen können, deshalb bat ich Daisy, einen Baum auszusuchen, egal was für einen, ich würde inzwischen mit Gracie im Auto warten. Daisy stolzierte durch die automatische Tür in den Außenbereich und verschwand rasch inmitten der Nadelhölzer. Es war schon dunkel, als sie wieder auftauchte. Der Baum passte nichts ins Auto, wir mussten ihn mit einem Stück Seil, das wir im Kofferraum fanden, auf dem Dachgepäckträger festbinden.
Frage: Warum hat meine Mutter ein altes Seil in ihrem Kofferraum? Machen so etwas nicht Serienmörder?
Der Baum ist absurd hoch. Die Spitze streift die Zimmerde cke, die Christbaumspitzen-Fee steht gebückt wie Quasimodo. Die Lichterkette funktionierte einwandfrei, bis Kugeln und Schmuck sorgfältig am Baum befestigt worden waren; als wir zurücktraten, um unser Werk zu bewundern, erloschen die Birnen.
Kann denn bei uns nichts klappen?
Montag, 10. Dezember
Bestrahlung.
Sally versucht, einen Flug nach Kanada zu buchen. Sie möchte an Anthonys Krankenbett sitzen. Ich habe ihr erzählt, dass die Wiederherstellungschirurgie in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht habe. Trotzdem hoffe ich, dass sie keinen Flug mehr bekommt. Ich brauche sie hier in Leicester.
Mr. Carlton-Hayes rief heute an und fragte, wie Bernard und Hitesh die Nachricht von der Schließung des Ladens aufgenommen hätten. Ich gestand, dass ich ihnen noch nichts erzählt hatte.
»Oje«, sagte er. »Dann muss ich das wohl selbst übernehmen.« Ich entschuldigte mich, doch er meinte: »Ich hätte Sie nicht darum bitten sollen, mein Lieber, Sie haben ein gutes Herz.
Weitere Kostenlose Bücher