Tränen aus Gold
mich am Tanz teilnehmen.«
Peinlich berührt wollte Edward aufbrausen, überlegte es sich aber anders und faßte unvermittelt nach dem Arm Devlins, um diesen mit sich zu ziehen. »Komm, Devlin«, schmeichelte er, »dort drüben sehe ich eine Dame, deren Reize sich mit deinen messen können.«
Mit demütig verschränkten Händen sah Elise, wie der junge Huxford sich zurückzog. Devlin hatte alles getan, um ihre Ansicht zu bestätigen, daß er ein ungehobelter, hitzköpfiger Tölpel war, ein Prahlhans, der sich gern seiner Männlichkeit rühmte, mit einem Wort: ein würdiger Vetter Reland Huxfords.
Edward verlor keine Zeit und stellte Devlin einer jungen und ansehnlichen Witwe vor, ehe er sich zu seiner Nichte zurückbegab. Es erschien ihm das klügste, ihr Pflichten außerhalb des Saals aufzubürden, ehe ihre Anwesenheit ihn teuer zu stehen kam. »Du mußt Arabella jetzt in ihre Gemächer begleiten. Hilf ihr, sich für Reland zurechtzumachen, und wenn sie bereit ist, kommst du herunter und meldest es mir. Ich werde dafür sorgen, daß Reland hinauf ins Brautgemach geschafft wird, gleich, in welcher Verfassung er ist. Dieses Gelage muß ein Ende finden, ehe man mir das letzte Hemd vom Leibe zieht.«
Er nahm einem vorübereilenden Diener einen Bierhumpen ab und setzte zu einem tiefen Zug an. Das hatte er dringend nötig, um den Aufruhr in seinem Innern zu besänftigen.
Seine neue Anweisung brachte Elise in einige Verlegenheit. Zwar wußte sie, wie eine Braut ihren Angetrauten zu empfangen hatte, doch war sie der Meinung, Arabella hätte des Rates einer älteren und verheirateten Frau bedurft. Was konnte sie schon als junges Mädchen einer Braut sagen?
Elise ließ ihren Blick durch den Saal schweifen, bis er am jungvermählten Paar hängen blieb. Arabella war von blumenhaft zarter Anmut, hoch gewachsen und schlank; sie hatte seidiges braunes Haar und hellgraue, melancholische Augen. Ihre unstete Wesensart ließ sie stets schwanken; zuweilen machte sie den Eindruck, als hätte sie nicht genügend Rückgrat, um sich gegen den Willen anderer aufzulehnen. Reland, ein dunkler Hüne mit breiter Brust und schmalen Hüften, war das genaue Gegenteil. Gutaussehend und gebildet, neigte er dennoch zu Jähzorn und Starrsinn. In flegelhafter Überheblichkeit genoß er es, alle, die seinen Weg kreuzten, auf die Probe zu stellen, um sie einzuschüchtern. Daran fand er ein teuflisches Vergnügen; kurzum: Er trat überheblich auf, bis er die Oberhand gewonnen hatte – dann ließ er von seinen Drohgebärden ab und benahm sich wieder wie ein Gentleman.
Elise ließ ihre Gedanken zu der ersten Begegnung mit dem Earl zurückwandern. Schon vor ihrer Ankunft hatte sie von seiner großspurigen Art und seiner Prahlerei erfahren, dies alles aber als böse Nachrede abgetan. Das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte sie ihn, als er auf dem friesischen Rappen des verblichenen Marquis auf den Innenhof geritten kam. Das Tier war als Edwards Hochzeitsgeschenk in Relands Besitz gelangt. Vom ersten Augenblick an hatte Elise eine heftige Abneigung gegen die großspurige Art des Reiters gespürt. Sie hatte gespürt, wie er es genoß, daß er auf dem Ross Angst und Schrecken hervorrief. Seinem Ruf als roher Flegel war er schließlich gerecht geworden, als er über die Diener, die ihm ängstlich auswichen, lauthals lachte.
Elise hatte neben der Hoftreppe innegehalten, um das prachtvolle, stolze Tier zu bewundern. Nie wäre sie auf den Gedanken gekommen, daß sie für den Earl eine Herausforderung darstellte, da sie nicht wie die anderen entsetzt die Flucht ergriffen hatte, sondern ruhig stehen blieb und das Kätzchen in ihren Armen streichelte. Ihre gelassene Haltung hatte das Gelächter des Earls verstummen lassen und ihm die Laune gründlich verdorben. Nicht damit zufrieden, Knechte und Mägde zu erschrecken, hatte der Earl dem Hengst die Sporen gegeben und war auf sie zugesprengt. Elise wußte noch, wie erschrocken sie war, als sie das Pferd auf sich zukommen sah, doch voller Eigensinn hatte sie sich nicht von der Stelle gerührt, um diesem Menschen nicht noch einen weiteren Anlass zur Befriedigung zu geben. Als der gemeine Kerl sein Pferd schließlich knapp vor ihr zügelte, schleuderte sie dem Pferd die fauchende und um sich schlagende Katze entgegen. Beim Aufprall grub die Katze ihre Krallen tief in die Pferdenase, der Hengst wieherte und bäumte sich auf, um seinen Reiter abzuwerfen. Der überraschte Reland ruderte hilflos mit den Armen, segelte
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