Tränen aus Gold
Herr«, erbot er sich und war schon unterwegs. »Gleich bin ich wieder da.« Ehe Edward protestieren konnte, war er zwischen betrunkenen Lords hindurchgeschlüpft und entschwunden.
Zähneknirschend stieß Edward ein paar Flüche hervor und knallte den in Leder gefassten Humpen auf den Tisch. Er griff nach seiner federgeschmückten Toque, drückte diese auf sein graumeliertes Haar und stand auf, um dem aufsässigen Kerl nachzulaufen. Im nächsten Moment spürte er plötzlich einen starken Druck in seinem Schädel, der ihn fast in die Knie zwang. Regungslos verharrte er, bis die Schmerzattacke abzuebben begann. Er vermied jegliche heftige Bewegung, während er die Halle nach dem unverschämten Bedienten absuchte, um ihm eine gehörige Strafpredigt zu verpassen. »Ich werde dafür sorgen, daß die Krähen an seinen Knochen picken«, stieß Edward hasserfüllt hervor.
Anstatt des Dieners erfasste sein suchender Blick jedoch Elise, und wieder durchfuhr ihn ein jäher Zorn, da es aussah, als würde sie ihm abermals Verdruss bereiten: Der junge Tölpel Devlin Huxford hatte im Verlauf des Festes reges Interesse an ihr gezeigt und versuchte nun beharrlich, Elise zum Tanzen zu bewegen. Als naher Anverwandter Relands würde Devlin eine Kränkung nicht hinnehmen, im Gegenteil, in diesem Fall stand ein Racheakt der Huxfords zu befürchten. Und doch schien das Mädchen es darauf anzulegen. Der entschlossene Zug um den Mund ließ eine beleidigende Äußerung erwarten. Der junge Mann konnte von Glück reden, wenn es ohne hitzigen Disput abging.
Die Falte zwischen Edwards Brauen vertiefte sich, das Dröhnen in seinem Kopf war vergessen, als er sich unter Einsatz seiner Ellbogen durch die Gästeschar drängte. Er mußte Elise erreichen, ehe sie Unheil stiften konnte, ein Talent, über das sie, wie schmerzliche Erfahrungen gezeigt hatten, im Übermaß verfügte.
»Sir, habt Ihr nicht verstanden? Ich kenne die Schritte nicht«, hörte er seine Nichte sagen. Diese kurze und schroffe Bemerkung befreite sie jedoch nicht vom Zugriff des zielstrebigen Devlin. Mit einer flinken Drehung riß Elise ihre Hand los und strafte ihren hartnäckigen Bewunderer mit einem hochmütigen Blick, während sie ihre weißen Manschetten glatt strich. »Und gegenwärtig verspüre ich auch nicht den Wunsch, sie zu lernen.«
Scheinheilig legte Edward den Arm um die Schultern seiner Nichte und meinte scherzend: »Mädchen, zier dich nicht so. Soll dieser brave Bursche denken, du bist eine steife alte Jungfer ohne Manieren? Das ist der junge Devlin Huxford.« Er ließ den Arm sinken und fuhr dann bedeutungsvoll fort: »Der Vetter Relands.«
Elises besänftigendes Lächeln wirkte wie eine Entschuldigung, und Devlin strahlte schon vor Vorfreude. Kühn tat er es ihrem Onkel gleich und legte ihr vertraulich den Arm um die Mitte.
»Verzeih mir, Onkel«, erwiderte sie, taktvoll bemüht, sich der bedrängenden Nähe Devlins zu entziehen. »Auch wenn er der Sohn der Königin wäre, würde ich ihm raten, sich woanders umzusehen.« Die letzten Worte stieß sie verbissen hervor, während sie ihm die Ellbogen in die Rippen stieß. »Ich habe es satt, von ihm betatscht zu werden.«
Edward verlor beinahe die Fassung, als ihm die Bedeutung ihrer Worte aufging. Zorn loderte aus seinem Blick, dann verdunkelte er sich zu stählerner Härte. Er sah kurz den errötenden Devlin an, der vorsichtig einen Schritt zurückgewichen war. Der junge Mann erwartete Edwards Machtwort, das die Jungfer zum Nachgeben zwingen würde, doch Edward wußte um die Torheit solchen Vorgehens. Elise würde sich keinem Druck beugen, und für ihn würde sich jede Hoffnung auf den Schatz in Nichts auflösen.
Edward, der nur mit Mühe an sich halten konnte, trat ganz nahe an Elise heran, so daß sein biergeschwängerter Atem ihr entgegenschlug. »Willst du uns die Huxfords auf den Hals hetzen, du dummes Ding?« zischte er ihr ins Ohr. »Reland zürnt dir noch wegen der letzten Begegnung, und jetzt hast du einen zweiten Huxford gegen dich. Ich kann dir versichern, daß es dir schlecht bekommen wird, wenn Reland im Westtrakt einzieht.«
Elise erinnerte ihren Onkel an seine Anordnung von vorhin. »Hast du mich nicht angewiesen, den Dienern Beine zu machen?« bohrte sie mit sicherem Gespür für seine verwundbarste Seite. »Wenn ich nicht ein Auge auf sie habe, werden deine Tagelöhner die Keller leersaufen und deine Speisekammer plündern. Wenn du ihrer Gefräßigkeit freien Lauf lassen willst, dann Lass
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