Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
Gezeiten-Bund hatte das
verbunden, was schon lange vorher in ihnen gewachsen war – auf ewig.
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Sébastien sah sich suchend um und
entdeckte Amy inmitten einer Traube junger Mädchen. Kichernd und flüsternd
redeten sie alle gleichzeitig auf sie ein. Er musste sich ein Lachen verkneifen,
denn er wusste, dass sie zum Clan der Löwen gehörten, die für das Gebiet
nördlich um Cleeveland verantwortlich waren.
Eine verschlafene Gegend, in der
es für junge Gestaltwandlerinnen außerhalb ihres Clans schwierig war, einen
Gefährten zu finden. Er versuchte ihre Gedanken aufzufangen und musste leicht
grinsen. Ihrem Gekicher nach zu schließen, unterhielten sie sich über mehr oder
weniger frivole Männergeschichten.
Michael und Jai gesellten sich an
seine Seite und auch sie begannen höchst amüsiert, sich in die Gedanken der
Frauengruppe einzuschleichen. Doch dann sah Sébastien aus den Augenwinkeln eine
ganz bestimmte Person und trat instinktiv einen Schritt zurück.
Er war nicht scharf darauf, mit
Calda zusammenzustoßen. Mit der hochgewachsenen Blondine hatte er ein paar
gemeinsame Einsätze gehabt. In einem sentimentalen Anfall von Einsamkeit hatte
er ein einziges Mal seine Prinzipien, sich nicht mit einer Kollegin einzulassen,
vergessen und fand sich eines Morgens in ihrem Bett wieder. Seitdem bereute er
diese eine Nacht zutiefst.
Nach ihrer nächtlichen Eskapade
wurden ihm von Kollegen Gerüchte zugetragen. Calda prahlte vor den anderen
Geisterkriegerinnen, dass er eine pralle und sehr ausdauernde Männlichkeit
besäße die jedoch von einem entsetzlich entstellenden Anblick seines Unterleibs
beeinträchtig war.
Es sei eklig gewesen als seine
Narben sich auf ihrem Bauch gerieben haben. Beim nächsten Mal wollte sie ihn nur
an sich heranlassen, wenn er ein T-Shirt anbehielt. Calda war ohne Frage
wunderschön - von außen.
Aber ihre berechnenden
Charaktereigenschaften stießen ihn ab. Und ihre ständigen Anmachversuche gingen
ihm mehr als auf die Nerven. Auch Jai blickte sich interessiert um. Da er noch
nicht solang dabei war, sah er die jungen Frauen heute Abend zum ersten Mal.
Ihm war Sébastiens abschätzender
Blick auf die gutgebaute Blondine nicht entgangen. Lachend bockte er ihn in die
Rippen.
»Fühlt sich ihre Alabasterhaut
tatsächlich so seidig an, wie sie aussieht?«, fragte er herausfordernd.
»Ja«, erwiderte Sébastien und sah
ihn kurz an. »Wenn du Schlangenhaut liebst. Du solltest die Hände von ihr
lassen. Sie ist gefährlich anhänglich, wenn sie einmal ihre langen Beine um
deine Hüften geschlungen hat.«
»Ok.« Jai zuckte gelangweilt mit
den Schultern. Ihm war die Haarfarbe sowieso egal. Mit dem Kopf zeigte er nach
links. »Da, der kleine Rotschopf kommt meinen momentanen Gelüsten auch ziemlich
nahe«, grinste Jai und legte einen Arm um Michaels Schulter.
»Ich denke, ich sollte mich mal
näher mit ihr bekannt machen. Und du, mein Freund: Denkst du schon an die
himmlische Verzückung eurer Hochzeitsnacht?«
Wütend schnellte Michael zu ihm
herum. Seine Augen verengten sich und aus seiner Kehle kam ein kurzes, wildes
Knurren.
»Verdammt, Jai. Ich komme noch
nicht einmal im Entferntesten in ihre Nähe. Vor dem Gezeiten-Bündnis wurde sie
tagelang von meiner Mutter und Suletu belagert. Und jetzt wird sie von
sämtlichen Jungfrauen unseres Clans umgarnt, die sie ausfragen, wie sie es
geschafft hat, mich als Gefährten zu finden. Wenn ich es mit deinen Worten
formulieren müsste, würde ich sagen, es ist zum Kotzen.«
»Dann solltest du daran etwas
ändern, mein Freund. Amy versucht nur höflich zu den Mädels zu sein«, erwiderte
Sébastien neben ihm und betrachtete Amy mit zusammengezogenen Augen.
»Wenn ich ihre sehnsuchtsvollen
Blicke in deine Richtung richtig deute, dann wünscht auch sie sich noch ein
bisschen Zweisamkeit mit dir, bevor sie in die Trance versinkt. Du bist wahrlich
ein verdammt glücklicher Hurensohn, dass sie dich haben will und nicht meinen
Luxuskörper«, schmunzelte er.
»Hey … Warte. Ich will auch noch
ein Glas«, schrie er dem Mann, der in diesem Moment mit einem Silbertablett
voller Sektgläser an ihnen vorbei hastete, hinterher und erwischte ihn mit
seiner riesigen Hand am linken Ärmel. Der Kellner wäre fast gestolpert und der
Länge nach hingeschlagen. Doch Sébastien rettete die Situation und fing das
Tablett gekonnt auf.
Der arme Mann hatte allerdings
etwas weniger Glück. Er
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