Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
verbesserten und seine Chancen sehr gut standen, die Leukämie für immer
zu überwinden.
Gestern hatte sie ihren 23.
Geburtstag gefeiert. Zusammen mit Robert und Emily. Eine Versöhnung mit ihrem
Vater war an seiner Bockigkeit gescheitert und hatte den einzigen, leichten
Schatten auf den ansonsten ungetrübten Geburtstag geworfen. Doch sie gab die
Hoffnung auf eine Versöhnung nicht auf.
Unterdessen hatte sie ihren
Freunden die Notlüge erzählt, dass Michael ihr als Geschenk eine dreiwöchige
Reise nach Europa geschenkt hatte.
Niemand durfte die eigentliche
Wahrheit über ihre Abwesenheit erfahren, bis sie verwandelt und unverwundbar
war. Michael wollte im letzten Moment einfach kein Risiko mehr eingehen.
Robert, dem es nach seiner
Knochenmarkspende an Zacki schon wieder viel besser ging, hatte sich am frühen
Abend mit einer innigen Umarmung von ihr verabschiedet. Dadurch, dass er dem
kleinen Jungen mit größter Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hatte, waren
die Dämonen in seinem Kopf kleiner geworden.
Es würde noch ein langer Weg
sein, bis sie ganz begraben waren. Aber Emily, die seit seinem Crashentzug nicht
mehr von seiner Seite wich, würde schon auf ihn achtgeben, da war sich Amy
sicher. Emily begleitete ihn auch morgen früh, wenn er sich freiwillig in die
Entzugsklinik begab, um seine Alkohol- und Tablettensucht endgültig zu
überwinden. So viel Wunderbares war in den letzten Wochen geschehen und jetzt
stand sie hier, um das schönste Glück in ihrem Leben zu empfangen.
Schüchtern sah sie sich in dem
von Fackeln erhellten, großen Saal um – bis sie ihn sah.
»Mein Geliebter -«, flüsterte sie
sehnsuchtsvoll.
Michael schenkte ihr ein weiches
Lächeln. Amy stand vollkommen bewegungslos und vergaß fast zu atmen. Ihr
schneller Herzschlag ließ ihren ganzen Körper vibrieren, denn mit jeder Faser
ihres Körpers sehnte sie sich nach ihm. Jeder im Saal musste doch bemerken, wie
sich ihre Brust durch die angehaltene Luft anspannte, und sie beschlich eine
kurzfristige Angst, dass ihre enge Corsage dadurch gleich platzen würde.
Doch das war ihr auf einmal alles
egal. Für den Hauch einer Ewigkeit versank sie in Michaels eisblauen Augen, in
die sie sich damals in ihren Visionen als Erstes verliebt hatte. Jetzt sah sie
in ihnen seine tiefe und aufrichtige Liebe und schlagartig wurde sie ruhig. Ihre
verbotene Liebe hatte die Götter aller vier Welten herausgefordert.
Aber sie hatten gewonnen.
Nichts und niemand konnte sie
jetzt noch davon abbringen, Michaels Gefährtin zu werden. Stumm nickte sie
Milton zu. Ein zarter Windhauch stahl sich durch die geöffneten Flügeltüren,
spielte mit dem weich fließenden Stoff ihres Kleides und trug gleichzeitig die
nebulösen Weihrauch- und Blumendüfte durch den Saal.
Andächtig durchschritt sie an
Miltons Arm den langen Gang und achtete jetzt überhaupt nicht mehr auf die
vielen Augenpaare, die auf sie gerichtet waren. Es war, als wenn die Welt
aufgehört hatte zu atmen und stillstand und nur noch Michael und sie
existierten. Ein unsichtbares Band zog sie unausweichlich mit jedem Schritt zu
dem geliebten Mann hin.
Ihr Herz klopfte immer schneller,
je näher sie seiner geschmeidigen und maskulinen Gestalt kam. Michael überragte
mit seiner Größe von fast zwei Metern alle anderen Geisterkrieger im Saal. Die
beige Hose und das weiße elegante Seidenhemd brachten seine kraftvollen Muskeln
ausdrucksvoll zur Geltung. Sein tiefschwarzes Haar fiel ihm im Nacken über die
Schulter und betonte sein mystisches Gesicht.
Seine dunklen Brauen, die seine
schönen Augen umgaben, seine gerade Nase und seine vollen Lippen, die sie so
zärtlich berühren konnten. Und dann hatte sie ihr Ziel endlich erreicht. Milton
verlangsamte seine Schritte, verbeugte sich vor dem weisen Rat und legte Amys
Hand in die seines ältesten Sohnes.
Dann überreichte er ihm die
heilige rote Decke. Michael breitete sie aus und umhüllte Amy und sich damit,
als Zeichen ihrer baldigen Verbundenheit. Sie umschlang fest seine Finger.
Michael hob mit dem Daumen ihr Kinn an und für einen atemlosen Augenblick
streichelte er sie mit seinen Augen.
Sie konnte in ihnen seine
bedingungslose Liebe lesen und für einen kurzen Moment vergaß sie, wo sie sich
befanden und dass unzählige Augen auf sie gerichtet waren. Sie stellte sich auf
die Zehenspitzen und küsste ihn. Ein Räuspern unterbrach sie.
Tohu hatte sich erhoben und stand
jetzt vor
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