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Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Titel: Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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vorsichtig auf sein Bett gelegt.
    Die Eltern des Jungen hatten sich
überschwänglich bedankt und bestanden darauf, dass sie beide zum Abendessen
bleiben sollten. Nahla übersetzte Sébastien den Wunsch der Eltern und hatte
hinzugefügt: »Es ist ihr einziger Sohn, sie sind dir so dankbar, dass er noch am
Leben ist, und wollen uns damit ihre Gastfreundschaft bezeugen. So etwas lehnt
man nicht ab.«
    Doch er war immer noch
aufgewühlt. In seinem Innersten herrschte Aufruhr. Darum hatte er nur stumm den
Kopf geschüttelt und sich kurzangebunden verabschiedet. Als er das kleine
Fischerdorf verließ, hatte er noch lange Nahlas anklagenden Blick in seinem
Rücken gespürt.
    Im Resort war niemand von den
anderen anwesend. Wahrscheinlich waren sie noch unterwegs, um den anderen Spuren
nachzugehen. Ihm war es nur recht, denn er benötigte ein bisschen Ruhe, um seine
Gedanken zu sortieren. Nahla ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf.
    Immer wieder sah er ihr Gesicht
vor sich, wie sie seine Narbe betrachtete. Er fühlte sich entblößt und beschämt,
weil sie jetzt sein Geheimnis kannte und damit wusste, dass er ein Tabu-Mann
war. Merde, es sollte mir doch egal sein, was eine Hexe von mir denkt, murmelte
er und schlug mit seiner Faust wütend auf die Matratze ein.
    Aber er wusste, dass er sich
selbst belog. Zu seinem Erstaunen war es ihm von Anfang an wichtig gewesen, was
Nahla von ihm dachte. Darum hatte er sich auch bei ihr entschuldigt. Er konnte
es sich selber nicht erklären, warum, aber er wünschte sich sehnlichst, dass sie
in ihm nicht das Monster sah.
    Frustriert schloss er die Augen
und sah wieder ihr Gesicht vor sich, ihre Augen, die seinen nackten Oberkörper
betrachteten und dann langsam weiter hinunter gewandert waren, bis ihr Blick an
seiner wulstigen Narbe hängengeblieben war.
    Und doch, wenn er jetzt im
Nachhinein noch einmal an ihren Gesichtsausdruck dachte, war sie komischerweise
nicht angewidert zurückgezuckt wie all die anderen Frauen, die ihn nackt gesehen
hatten. Im Gegenteil, jetzt im Nachhinein kam es ihm fast so vor, dass sie ihn
mit neugierigem Interesse betrachtet hatte. Aber das konnte nicht sein, das
musste eine Sinnestäuschung seinerseits gewesen sein. Genauso wie es eine
Sinnestäuschung gewesen war, an die unsterbliche Liebe seiner Frau Amaru zu
glauben.
    Oh Gott. Peinlich berührt stöhnte
er auf, als er sich an sein erstes, menschliches Leben auf der Erde
zurückerinnerte. Nachdem er damals unter großen Schmerzen das Lager verlassen
hatte, machte er nach vielen Meilen in Ontario, der nächstgrößeren Stadt, Rast.
Da seine Vorräte mittlerweile erschöpft waren, nahm er dort alle Arbeiten an,
die er kriegen konnte und für die ihn die Weißen bezahlten. Irgendwann hatte er
sich hinter dem Getränketresen des einzigen Saloons der Stadt wiedergefunden.
    Jede Nacht bediente er die
Stammkunden und neuangekommenen Gäste. Schon sehr bald lernte er dort den
Geschmack von Whiskey - und den der weißen Siedlerfrauen kennen. Die einsamen
und ausgehungerten Ehefrauen, die ihren Männern ins gelobte Land nachgereist
waren.
    Im Gepäck ihre mehr oder minder
keuschen volljährigen Töchter. Ihren ach so gewaltigen Herzschmerz nach ihren
Ehemännern betäubten die reichen Siedlerfrauen mit bezahlter Liebe.
    Ja, sie spendierten ihm Drinks
und lockten ihn mit grünen Dollarnoten auf ihre Zimmer, über dem Saloon. Die
Postkutsche, die sie weiter auf dem Weg zu ihren Männern führte, ging immer erst
am darauffolgenden Montag. So blieben Sébastien jeweils drei Tage, um ihren
sogenannten Herzschmerz umfassend zu lindern.
    Irgendwie hatte er den Eindruck,
dass die weißen Frauen den Kick, von einer Rothaut gevögelt zu werden und das
Wilde, Animalische in sich zu entdecken, anscheinend liebten. Ihm selber war es
mittlerweile scheißegal.
    Wenn er heutzutage an sein
erbärmliches Leben zurückdachte, war er mitnichten stolz auf seine damaligen
Taten. Doch solange sie ihn für seine Dienste bezahlten, war ihm damals alles
recht gewesen. Von ihrem Liebeslohn kaufte er sich Proviant für den Winter und
neue zivilisierte Kleidung. Nachdem sein Wallach gestorben war, fand er sogar
eine vornehme Lady, die so sehr von seiner Liebesgunst beseelt war, dass sie ihm
ein neues Pferd spendierte. Eine scheckige Stute, die er auf den Namen Cheeca
taufte.
    Sie erwiderte seine Zuneigung
ohne Zögern. Wenn er sich auf ihren samtigen Rücken schwang, dann trabte sie

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