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Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Titel: Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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wieder sinken. Aufseufzend beschloss er, ihre stumme Frage zu
beantworten.
    »Du kannst das nicht verstehen.
Wir hatten alle unser normales Leben, aus dem wir irgendwann herausgerissen
wurden, als der weise Rat der Gezeiten uns in den Orden der Lilie berufen hat.
Wir sind danach alle zusammengewachsen und bilden ein eingeschweißtes Team.
Manche von uns sind mehr befreundet, manche weniger. Wie halt im richtigen Leben
auch.«
    Er hielt kurz inne und zuckte die
Achseln, bevor er fortfuhr. »Keiner kennt das Vorleben des anderen und das
respektieren wir alle. Ich denke, jeder von uns hat mit den ganz persönlichen
Geistern seiner Vergangenheit zu kämpfen. Und das muss jeder mit sich selbst
ausmachen.«
    Er unterbrach sich. Ihre Fragen
verunsicherten ihn. Das Trommeln seiner Finger auf der Tischplatte hallte in
seinen Ohren.
    »Lass uns über die Legende reden.
Ich muss heute Abend meinen Bericht abgeben.«
    Nahla lachte hell auf. Dann ging
sie ohne Weiteres auf sein Ablenkungsmanöver ein. »Beruhige dich, Sébastien. Es
ist nichts passiert. Und ja, ich glaube, dass der Fluch existiert, um auf deine
Frage zurückzukommen, denn ich kann nicht glauben, dass ein menschliches Wesen
zu so grauenhaften Taten in der Lage ist.«
    Sébastien fing ihren
herausfordernden Blick auf und griff unbewusst nach seinem Feuerzeug, um damit
zu spielen. Nahla sah in seinen Augen, wie er sich wieder vor ihr verschloss.
Sein eben noch gezeigtes Interesse verbarg er jetzt wieder hinter einer
Maske.
    »Tut mir leid«, stieß er hervor,
»aber es fällt mir nach wie vor schwer, an Nixen zu glauben.«
    Das Lächeln auf Nahlas Gesicht
verschwand.
    »Vielleicht kommt es, weil du
generell den Aussagen einer Hexe misstraust. Du musst einmal eine schlimme
Erfahrung mit ihnen gemacht haben«, erwiderte sie sanft. »Du magst Hexen nicht
besonders, oder?«
    »Das geht dich nicht an«,
beschied er ihr kurzangebunden. Nahla biss sich auf die Lippen. »Du musst
ziemlich einsam sein, in deiner Welt, zu der du keinem Menschen Zutritt
gewährst.«
    »Ich brauche keinen anderen
Menschen. Ich bin mir selbst genug.«
    Nahla seufzte auf. Nachdenklich
beugte sie sich vor und brach eine rosaschimmernde Hibiskusblüte vom Strauch.
Zart strich sie über die leicht pelzigen Blätter. »Auf die Dauer wird die Luft
da oben sehr einsam werden.«
    Schweigend presste Sébastien
unter dem Tisch seine Finger gegeneinander. »Ja, kann schon sein. Trotzdem
bevorzuge ich privat die Einsamkeit. Es genügt, wenn ich bei meinen Einsätzen
jederzeit meinen Mann stehe.«
    Eine Biene, vom Blütennektar
angezogen, flog langsam näher. Mit geschlossenen Augen rollte Nahla den Stiel
zwischen ihren Fingern. Die filigranen Blätter drehten sich wie ein Kreisel im
warmen Sonnenlicht. Das Summen entfernte sich. Die gelben Pollen der Blüte
rieselten in ihren Schoß. Sie schluckte heftig.
    Wartete bis die Kälte
vorüberging. Dann öffnete sie die Augen. Sie schuldete ihm noch eine Antwort.
    »Das glaube ich dir aufs Wort.
Aber bist du auch glücklich?«
    Mit einem Scheppern fiel das
Feuerzeug auf den Metalltisch und Sébastien starrte sie entsetzt an. Woher
kannte sie seine Gefühle. Konnte sie seine Gedanken lesen? Gestresst lehnte er
sich in seinem Stuhl zurück. Demonstrierte so sehr eindeutig, dass er ihre so
zart aufgebaute Verbundenheit wieder gekappt hatte.
    Mitten in seinen zermürbenden
Gedanken hallte ein gellender Schrei und durchbrach die Stille des
Tempelgartens. Etwa ein Dutzend Vögel flatterten aufgeregt zwitschernd aus den
Bäumen auf und erschreckte so die kleinen Tempelaffen, die daraufhin aufgeregt
auseinander stoben und dabei ängstliche Schreie ausstießen.
    Dann ertönte erneut ein
menschlicher Schmerzensschrei in einer für Sébastien fremden Sprache. Beide
zuckten gleichzeitig erschrocken zusammen. Sébastien sprang als erstes auf.
»Fuck, was, zum Teufel, war das?«, stieß er hervor.
    »Ein Thai … Er ruft um Hilfe«,
murmelte Nahla. Ihr Kopf zuckte hoch und angespannt lauschte sie, aus welcher
Richtung der Schrei gekommen war.
    »Am Strand. Es kommt von der
rechten Strandseite«, erkannte Sébastien mit seinem hervorragenden Gehör.
    »Ja, zum ersten Mal stimme ich
mit dir überein«, antwortete sie sarkastisch. Dann nahm sie ihren langen Sarong
hoch und rannte los. Ihre kleinen, nackten Füße berührten kaum die Erde. Perplex
sah er ihr nach.
    Dann reagierte auch er.
    Er durchbrach seine metaphysische

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