Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
einen
gequälten und
frustrierten Schrei der Verzweiflung aus. Später, irgendwann in
der Nacht,
begann sein Frust in tiefste Wut und schließlich in grenzenlosem
Hass
umzuschlagen.
Warum war sein
Blutsbruder
Michael vom Leben so gesegnet und er selber war immer und immer
nur auf der
Verliererseite. Warum hatte er selber nie eine Frau
kennengelernt, die ihn so
bedingungslos liebte, wie Amy seinen Freund Michael. Ihm selber
war nur
Casandra zuteil geworden. Von der er damals auf der Erde dachte,
das sie in
genauso lieben würde, wie er sie. Nur darum hatte er sich ihren
Willen gebeugt
und versucht, sie auf die Trancereise zu schicken. Damit sie
eine von ihnen
würde. Aber dadurch, dass sie durch sein Verschulden gestorben
war, hing ihm
jetzt für alle Ewigkeit der Makel des Unberechenbaren an. Damit
würde er
niemals eine Chance auf das gehobene Privileg des ersten
Geisterkriegers
bekommen.
Lanu schnaubte vor
unterdrückter
Wut laut auf. Auch hier unten im Verlies sprachen sich
Neuigkeiten schnell herum.
Und so hatte er erfahren, dass diese besondere Ehre Michael nach
dem Kampf mit
Blake Tohopka Atcitty erhalten hatte. Er war ab jetzt, neben
Milton, der
uneingeschränkte Clanführer aller Gestaltwandler und
Geisterkrieger auf der
Erde. Auserwählt von den Dogianern.
Mitten in seinen
Gedanken zog
plötzlich ein kalter Wind durch das Gitterfenster seiner Zelle.
Die Flamme der
Fackel begann unruhig hin und her zu zucken und warf schemenhaft
einen Schatten
an die Wand. Etwas streifte Lanus Körper und er
setzte sich überrascht auf. Dann fühlte er von der linken Seite
einen eisigen
Lufthauch auf sich zukommen und zeitgleich verspürte er ein
Brennen in seinen
Oberkörper und dachte sein Innerstes würde zerbersten.
Hastig versuchte
er sich weiter
an die Wand zu pressen. Die schwefelige Luft seiner Zelle schien
jetzt wie
elektrisch aufgeladen zu sein und der Schmerz in seiner
Herzgegend verstärkte
sich unbarmherzig. Verzweifelt versuchte er seine Behüter um
Hilfe zu rufen,
aber seine Stimmbänder waren wie gelähmt und er brachte kein
einziges Wort
heraus. Plötzlich begannen sich die schemenhaften Schatten an
der Wand zu
formieren und dann sah er eine hünenhafte Gestalt auf sich
zukommen. Lanu
starrte hoch.
»Wer bist du ?« ,
flüsterte er.
»Ich bin Raha . Ningependa kupata moyo wako .«
»Ich verstehe kein
Wort. Was zum
Teufel willst du von mir ?« , röchelte
Lanu, denn das
Brennen wurde jetzt immer unerträglicher.
Die Gestalt beugte
sich langsam
über ihm und berührte in der Mitte seine Stirn. Daraufhin wurde
der Schmerz ein
bisschen erträglicher, doch gleichzeitig fühlte sich Lanu wie
benebelt und
konnte sich nicht mehr bewegen. Die animalische Stimme sprach
ihn wieder an.
»Ich habe deine
Seelenqualen
gefühlt, Bruder .«
Mit seinen achatfarbenen Augen fixzierte er Lanu.
»Wenn du bereit
bist, mir zu
dienen und mir bedingungslos zu folgen, dann bin ich dafür im
Gegenzug bereit,
dich aus deinem Gefängnis zu befreien. Doch dann gehörst du zu
meiner Welt, für
immer. Du wirst jetzt einschlafen und ich werde dir in deinem
Traum folgen und
dir alles von meiner Welt erzählen. Wenn du wieder aufwachst,
kannst du aus
freien Stücken wählen, welchem Herrscher und welcher Welt du zu
dienen bereit
bist. Entweder versauerst du hier, in den Grotten der Unterwelt
und glaubst
weiter an die unrealistischen Träume der Dogianer, die
schlechten Seelen zum
Guten zu bekehren. Oder du bekennst dich für immer und ewig zu
mir. Denn mein
Reich wird die Welt überrollen und sie schon bald komplett
beherrschen. Ich bin
auch kein Unmensch. Ich werde deine Entscheidung, egal wie sie
ausfällt,
akzeptieren .«
Er fuhr sich mit
der Hand durch
sein rostrotes Haar und amüsierte sich köstlich über seinen
makaberen Witz. Als
wenn er einen einzigen zukünftigen Läufer schon jemals die Wahl
gelassen hätte.
Selbstgefällig strich er über seinen langen Mantel, schnippte
ein imaginäres
Staubkorn weg und begann sich dann in Sekundenschnelle zu
transformieren und
aufzulösen. Sein dämonisches Lachen hallte in den Grotten noch
lange als
groteskes Echo wider.
Lanu war verwirrt
und gleichzeitig
verstärkte sich das Brennen in seinen Herzen zu einem heftigen
und lodernden
Flammenmeer.
Schmerzverzerrt
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