Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
seinem Anblick fast der Atem stockte.
»Komm, lass uns losreiten«, sagte er beinahe freundlich
zu ihr und
öffnete die Haustür.
Einträchtig sattelten sie die Pferde und ritten los.
Sie war froh,
dass sie sich heute Morgen für ihre Jeanshose entschieden hatte
und nicht für
den leichten Leinenrock, in dem sie jetzt unmöglich hätte aufs
Pferd steigen
können.
Ihre hellgrüne, kurzärmlige Tunika wehte im Wind und
ihr langes Haar
hatte sie hinten zu einem lockeren, langen Zopf verflochten.
Sie beschloss den Ausritt zu genießen und streckte das
Gesicht zur
Sonne entgegen, um die leichte Windbrise zu spüren. Tief atmete
sie den erdigen
Geruch der Blätter und der Wacholdersträucher ein.
Beide sprachen kein einziges Wort bis sie am Ufer des
Mormon Lake
angelangten. Er stieg ab und kam zu ihr rüber, um ihr beim
Absteigen zu helfen.
Als er sie an den Hüften umarmte, um sie runter zu heben,
errötete sie und ein
Feuer durchlief ihre Adern. Ihr Körper brannte an den Stellen
ihrer Taille, an
denen Michael sie berührt hatte. Ihm schien es ähnlich zu gehen.
»Mein Gott«, murmelte er, stellte sie auf die Füße und
ließ sie dann
so abrupt los als hätte er sich verbrannt. Dann seufzte er leise
auf und nahm
ihre Hand in seine.
»Komm, lass uns ein bisschen laufen .«
Zum ersten Mal empfand Amy das Schweigen, welches nun
zwischen ihnen
herrschte nicht als unfreundlich oder feindlich.
Langsam wanderten sie am Ufer entlang. Zwischen den
Palmen, halbhohen
Büffelgras, den Sukuleten und den Akazien.
Die dichten, buschigen Kronen der riesigen Fichten und
Kieferbäume
spendeten einen leichten, angenehmen Schatten. Die halbhohen
Büsche des Wüsten
Beifußes verströmten mit ihren weichen und behaarten Blättern
einen
aromatischen und würzigen Duft. Leise plätscherte das runter
laufende Wasser
auf die vielen Steine, die sich im Flussbett des Sees
angesammelt hatten.
Hier und da tanzte ein Schmetterling fliegend durch die
Luft. Sie ließ
ihm Zeit. Dachte an Mahus Worte und wartete.
Dann blieb Michael langsam stehen. Er wandte sich ihr
zu, fasste sie
leicht an den Schultern und schaute ihr ernst in die Augen.
»Du hast die Gabe des Sehens und der Visionen, nicht
wahr ?« Amy schaute erstaunt zu ihm
auf.
»Ja, schon seit ich ein kleines Kind war. Aber du hast
es von Anfang
an, seit vielen Jahren schon gewusst, nicht wahr?
Es waren immer deine eisblauen Augen. Es war dein
Gesicht welches zu
mir in meinen Träumen gesprochen hat. Seit mehr als neun Jahren
nun schon, oder?
Warum und woher kanntest du mich? Warum konnte ich dich sehen?
Was bedeutet das
alles ?«
Fragend blickte sie zu ihm hoch und hoffte nun endlich
die Antworten
auf alle ihre Fragen zu erhalten.
Er schaute sie lange und undurchsichtig an. Immer noch
zweifelnd ob es
wirklich der richtige Weg war sie in diese Welt - seiner Welt -
mit
hineinzuziehen. Aber jetzt hatte er seine Wahl getroffen.
Oder vielmehr Amy hatte sie getroffen.
In dem Moment, als sie so wütend und erbost vor ihm
stand, um ihm zu
Rede zu stellen. Jetzt schien es kein Zurück mehr zu geben. Für
sie beide
nicht. Er schloss kurz die Augen. Strich sich durch sein Haar
und atmete tief
durch.
Danach umschlang er ihre zierliche Taille und zog sie
ganz leicht an
sich.
»Okay, dann komm mit mir. Da du mich ja doch nicht in
Ruhe lässt bis
du alles weißt, werde ich dir unsere Geschichte erzählen. Immer
noch tief
durchatmend, ging er weiter, setzte sich dann auf einen großen,
grasbedeckten
Felsvorsprung am Ufer des Sees und zog sie sanft mit sich
runter.
»Es ist eine lange Geschichte…«
»Ich habe alle Zeit der Welt. Schon seit meinem 14.
Lebensjahr warte
ich auf die Erklärungen für meine immer wiederkehrenden Träume,
die ich nicht
verstehe .« Michael starrte in den
wolkenfreien Himmel,
seufzte dann kurz auf und begann langsam zu erzählen.
»Mahu war es die dich zuerst wahrgenommen und gesehen
hat«, erklärte
er.
»Sie hat gesehen, dass du die auserwählte Gabe hast Visionen zu
empfangen. Was
wir jedoch nicht mit absoluter Sicherheit wissen ist, ob deine
Mutter dich noch
eingeweiht hat um die Zeichen deiner Traumbilder erkennen und
deuten zu können.
Sag mir bitte die Wahrheit .« Sanft hob er ihr
Kinn an und blickte ihr ernst in die Augen. »Siehst oder nimmst
du in deinen
Träumen Blake
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