Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
wahnsinnig. Wie geht
es dir jetzt ?«
»Oh Michael, es geht schon halbwegs wieder. Aber wenn
du nicht gewesen
wärst, bei Gott dann weiß ich nicht wie ich reagiert hätte. Er
stand mit einem
Mal vor mir. Wie eine große schwarze Wand aus Hass. Ich war
nicht mehr in der
Lage klar zu denken .«
Mit zitternder Hand strich sie sich eine Haarsträhne
aus ihrer Stirn.
Michael erfasste sie mental, sah ihre schmale und
erschöpfte Gestalt
mit ihrem immer noch ängstlichen Gesicht vor seinen inneren
Augen.
Er verfluchte sich selbst, dass er sie nicht besser
hatte beschützen
können.
»Liebling, soll ich zu dir kommen und dich abholen? Sag
einfach dass
du dich nicht gut fühlst. In zwanzig Minuten kann ich bei dir
sein .«
»Nein, nein, ist schon gut. Es wird gleich wieder
gehen. Es sind ja
auch nur noch zwei Stunden bis Schichtende .«
»Kommst du dann zu mir ?« ,
fragte er sie
beinahe flehentlich.
»Ja, wo anders sollte ich sonst hinkommen als zu dir«,
fragte Amy
verständnislos.
Ihre Logik haute ihn wie immer fast um. Aber
gleichzeitig schienen
damit auch ihre Lebensgeister zurück zukommen. Sie wirkte nun
fast wieder
ruhig.
»Ich liebe dich Michael, wir sehen uns nachher«,
flüsterte sie in den
Hörer.
»Dito, mein tapferer, wunderschöner Schmetterling.«
Er wünschte sich sehnlichst, dass er jetzt bei ihr sein
konnte, sie in
seine Arme nehmen und sie das eben Erlebte vergessen zulassen.
Diese mentalen
Visionen kosteten ihm jedes Mal eine ungeheure seelische
Anstrengung.
Vollkommen ausgelaugt griff er zu seinen Wagenschlüssel und
beschloss für heute
Feierabend zu machen.
Zuhause angekommen, wartete sein Vater schon im
Wohnzimmer auf ihn.
»Michael, wir müssen miteinander reden. Lass uns in
mein Arbeitszimmer
gehen .«
Er ging vor und schloss die Tür fest hinter sich. Das
bedeutete, dass
es auf ein ernsthaftes Thema hinauslief denn ansonsten waren
alle Türen in
ihrem Haus jederzeit geöffnet.
»Mein Sohn, du musst Amy jetzt auf die Reise führen. Es
ist an der
Zeit. Es ist nicht mehr aufschiebbar, nicht nach dem Vorfall
heute Morgen in
der Pathologie. Atcitty gerät völlig außer Kontrolle. Seine
Gedanken und
Vorgehensweise verschwimmen und entziehen sich langsam unserer
Wahrnehmungen.
Du weißt selber, dass du keine Vision über den heutigen Vorfall
hattest um Amy
vorher zu warnen. Das stimmt doch, oder ?«
Michael musste ihm zähneknirschend zustimmen.
»Ihre Verwandlung zum unsterblichen Bösen beginnt
also«, fuhr Milton
fort. »Wir sind jetzt gezwungen, zu handeln.
Atcitty wird jetzt versuchen, alle seine Söhne, die
Aussaat des
Teufels, um sich herum zu versammeln. Der Rat der Weisen hat
heute mit mir
Kontakt aufgenommen. Sie sind sehr beunruhigt und haben nun den
Entschluss gefasst,
dass es jetzt an der Zeit ist, das Amy die Reise der Gezeiten
antritt .«
»Nein – sie kann dabei sterben .«
Michael war wütend von seinen Stuhl aufgesprungen und
lief nun erregt
im Zimmer auf und ab.
»Michael. Mein Erstgeborener, höre mir zu. Sie kann
auch so sterben.
Sie ist noch nicht unsterblich. Sie ist immer noch verletzlich.
So ist sie den
Kämpfen die schon sehr bald folgen werden, in keinster Weise
gewachsen. Die
Dogianer haben sie gewählt und auch du hast sie ausgewählt.
Sie ist der Spiegel zu deiner Seele. Ihr seid ein
Ganzes. Nun musst du
ihr auch helfen, um sich mit unserer Welt zu vereinigen. Beides
bedeutet eine
große Gefahr für sie. Das Leben als sterblicher Mensch, aber
auch die Reise zu
den Welten. Du bist der Hüter ihrer Seele. Nur du kannst die
richtige
Entscheidung für sie treffen .«
Milton legte seinen Sohn eine Hand auf die Schulter und
küsste ihn auf
die Stirn.
»Denke mit dem Herzen und mit deinem Verstand mein
Sohn. Sehe das
Ungeschehene und treffe dann deine Wahl. Wir haben einen langen
Weg des Kampfes
vor uns, vergess das nicht .«
Mit diesen Worten verließ er schweigend das Zimmer.
Michael blickte aus dem Fenster. Die Gewissheit, dass
er über Amys
Leben verantwortlich war, lastete schon seit langen schwer auf
seinen
Schultern.
Der Gedanke sie zu verlieren, in welcher der beiden
Welten auch immer
machte ihn absolut hilflos vor Wut. Er dachte an die vielen
Menschen, die sich
dem Ritual und der Reise in die Gezeiten der vier Welten
unterzogen hatten.
Alle freiwillig. Aber
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