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Träum süß, kleine Schwester

Träum süß, kleine Schwester

Titel: Träum süß, kleine Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den Weg zum Heck.
    »Ich hole sie Ihnen«, stammelte Carol.
    »Kommt nicht in Frage.« Er ging an Joes Versteck vorbei – gefolgt von Carol, die kaum zu atmen wagte. Die Decke wirkte in der ordentlichen Kabine als eklatanter Fremdkörper. Der Passagier fand seine Brille, kehrte um, blieb unvermittelt stehen. Er ist ein ordnungsliebender Typ, überlegte Carol geschwind – hatte er nicht seinen Mantel auf dem Bügel glattgestrichen, genauso die Zeitungsseiten? In der nächsten Sekunde würde er die Decke aufheben. Er bückte sich danach: »Die muß runtergefallen sein …«
    »Bitte!« Carols Hand umklammerte seinen Arm mit festem Griff. »Bitte bemühen Sie sich nicht. Ich mache das gleich.« Sie schob ihn sanft weiter und erklärte leichthin: »Sie sind unser Gast. Wenn der Captain mich erwischt, wie ich Sie aufräumen lasse, wirft er mich glatt aus dem Fenster.«
    Er lächelte, ging jedoch widerspruchslos zu seinem Platz zurück.
    Verzweifelt sah sich Carol überall in der Kabine um. Die Decke war einfach zu auffällig. Sobald jemand nach hinten ging, konnte Joe entdeckt werden.
    »Eine Zeitschrift, Stewardeß.«
    »Selbstverständlich.« Carol brachte dem Passagier, der hinter dem Polizeichef saß, eine Auswahl, trat dann nach vorn. »Möchten Sie sich vielleicht eine Zeitschrift anschauen, Mr. Karlow?«
    Der Polizeichef trommelte mit seinen mageren Fingern auf der Armlehne herum, spitzte nachdenklich den Mund.
    »Irgendwo fehlt mir ein Detail, Stewardeß. Eine Information, die ich bekommen habe, paßt nicht ins Bild.
    Wie dem auch sei …«, er lächelte eisig, »es wird mir wieder einfallen. Wie immer.« Er wies die Zeitschrift mit einer Handbewegung zurück. »Wo ist der Wasserbehälter?«
    »Ich bringe Ihnen ein Glas Wasser«, erbot sich Carol.
    Er wollte aufstehen. »Bemühen Sie sich nicht. Ich hasse es, so lange stillzusitzen. Ich hol’s mir selber.«
    Der Wasserbehälter befand sich gegenüber von Joes Versteck. Der Polizeichef war kein unkritischer Beobachter, sondern würde die Decke bestimmt inspizieren.
    »Nein!« Sie blockierte ihm den Weg. »Es wird böig. Der Captain möchte nicht, daß die Passagiere dann herumlaufen.«
    Der Polizeichef blickte vielsagend auf die abgeschaltete Leuchtschrift. »Würden Sie mich jetzt vorbeilassen …«
    Das Flugzeug neigte sich leicht zur Seite, Carol geriet ins Wanken prallte gegen den Polizeichef, ließ absichtlich die Zeitschriften fallen. Es wurde tatsächlich stürmisch.
    Wenn sie ihn bloß etwas hinhalten könnte, Tom würde sicher die Leuchtschrift einschalten. Der Polizeichef hob, sichtlich gereizt, ein paar Zeitschriften auf.
    Sie verstellte ihm weiterhin den Weg, klaubte langsam die restlichen auf, sortierte sie sorgfältig nach Größe.
    Schließlich war sie mit ihrer Verzögerungstaktik am Ende und richtete sich auf. Und da leuchtete das Signal auf –
    BITTE ANSCHNALLEN!
    Der Polizeichef lehnte sich zurück und beobachtete Carol scharf, als sie zum Wasserbehälter ging, ein Glas füllte und es ihm brachte. Er bedankte sich nicht, sondern bemerkte nur: »Das Zeichen kam Ihren Ausreden ja wie gerufen, Stewardeß. Es muß für Sie überaus wichtig gewesen sein, daß ich meinen Platz nicht verlasse.«
    Carol erfaßte erst Angst, dann Zorn. Er wußte, daß etwas im Busch war, und es machte ihm einen Heidenspaß, sich an ihrer Verlegenheit zu weiden. Sie nahm ihm das fast unberührte Glas ab. »Ich werde Sie in ein Berufsgeheimnis einweihen, Sir. Wenn wir eine sehr bedeutende Persönlichkeit an Bord haben, wird neben dem Namen auf der Passagierliste ein Zeichen gemacht. Diese Markierung bedeutet, daß wir diese Persönlichkeit mit äußerster Zuvorkommenheit behandeln sollen. Auf diesem Flug sind Sie der bewußte Passagier, und ich bemühe mich, Ihnen die Reise so angenehm wie möglich zu machen. Bedauerlicherweise gelingt mir das nicht.«
    Die Tür zum Cockpit öffnete sich, und Tom kam herunter.
    Die Passagiere saßen alle in der vorderen Kabinenhälfte.
    Carol stand neben dem am weitesten hinten Placierten.
    Höchstwahrscheinlich wollte Tom nur alle begrüßen. Er würde sich nicht die Mühe machen, durch die leeren Sitzreihen zu gehen.
    Tom schüttelte erst dem Polizeichef die Hand, dann dem Mann hinter ihm, wies die beiden Schachspieler auf eine Wolkenbank hin. Carol registrierte jede seiner Bewegungen mit großem Schmerz. Bei jeder Begegnung tauchte eine andere Erinnerung blitzartig auf. Diesmal war es der Memorial Day in Gander, und ihr Flug wurde

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