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Träum süß, kleine Schwester

Träum süß, kleine Schwester

Titel: Träum süß, kleine Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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auf Kurs sind, damit er Ihnen beim Dinner behilflich ist.«
    »Bloß nicht! Ich meine, ein kaltes Abendessen und nur sechs Passagiere, das schaff ich allein.«
    Als sie in der Kabine an dem Mann vorbeikam, der beim Start Ängste hatte, lächelte sie ihm aufmunternd zu. Das Flugzeug hatte die Rollbahn erreicht, und die Motoren dröhnten ohrenbetäubend. Sämtliche Passagiere, der Polizeichef eingeschlossen, starrten aus den Fenstern. Sie ging nach hinten, klopfte an die Tür der Herrentoilette und rief leise nach Joe.
    Geräuschlos schlüpfte er hinaus. Bei dem trüben Licht glich seine magere Gestalt mehr einem Schatten als einem menschlichen Wesen. Sie flüsterte ihm ins Ohr: »Der letzte Sitz rechts. Legen Sie sich auf den Boden, ich werfe Ihnen dann eine Decke über.«
    Er bewegte sich vorsichtig und verschwand unter dem Sitz. Er schleicht wie eine Katze, befand Carol. Sie dachte an den weichen Flaum, der ihr Gesicht gestreift hatte, und verbesserte sich – wie ein ganz junges Kätzchen …
    Es fiel schwer, in dem abhebenden Flugzeug die Balance zu halten, sie stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, ließ sich auf dem Gangplatz neben Joe nieder, angelte sich eine Decke aus dem Gepäckfach, breitete sie über ihn. Bei flüchtiger Betrachtung mochte das hingehen; wer genauer hinsah, würde sich bestimmt über die merkwürdigen Wölbungen wundern.

    Sie heftete ihre Blicke unverwandt auf die Leuchtschrift über der Kabinentür. Solange sie den Passagieren signalisierte, angeschnallt zu bleiben und das Rauchen zu unterlassen, gewährte ihr das eine Atempause. Aber wenn sie erlosch, mußte sie die normale Kabinenbeleuchtung wieder einschalten, was Joes Versteck zur Farce machen und die Fluggäste animieren würde, ihre Plätze zu verlassen.
    Zum erstenmal dachte sie ernsthaft darüber nach, welche Folgen sich aus ihrer Hilfsaktion für sie ergeben würden.
    Sie überlegte, was Tom wohl dazu sagen würde, und erinnerte sich verzagt an seine Reaktion im vergangenen Jahr, als sie in seinem Flugzeug Ärger verursacht hatte …
    »Was ist denn schon dabei, Tom«, hatte sie protestiert,
    »wenn ich das arme Kind seinen Hund aus dem Korb nehmen ließ? Die Kleine reiste mutterseelenallein, sollte von irgendwelchen Fremden adoptiert werden. Es war Nacht und dunkel in der Kabine. Kein Mensch hätte was davon erfahren, wenn nicht diese Frau zu ihr rübergegangen wäre und für diese Ruhestörung einen Hundebiß abbekommen hätte.«
    Und Tom hatte entgegnet: »Vielleicht lernst du es eines Tages, dich an die Grundregeln zu halten. Bei der Frau handelte es sich um eine Aktionärin, und die hat Cain in der Chefetage alarmiert. Ich habe die Verantwortung dafür übernommen, daß der Hund herausgelassen wurde, weil ich genau wußte, das würde mich nicht den Job kosten.
    Aber nach sieben Jahren ohne jede Beanstandung bin ich nicht sonderlich erbaut, daß meine Personalakte jetzt einen Verweis enthält.«
    Beklommen erinnerte sie sich, was sie ihm darauf ins Gesicht geschleudert hatte: sie sei entzückt, daß er nun keine tadellose Personalakte mehr habe, nach der er sich richten müsse – vielleicht würde er jetzt lockerer und benähme sich menschlich – vielleicht würde er die Dienstvorschriften in Zukunft nicht mehr als Bibel betrachten. Es fiel nicht schwer, sich an jede Einzelheit ihres Wortwechsels zu erinnern, so oft hatte sie den Streit in Gedanken rekapituliert.
    Sie versuchte sich auszumalen, was Charlie Wright, Flughafendirektor in Frankfurt, wohl tun würde. Auch für Charlie hatte die Firma unbedingten Vorrang. Er schätzte es, wenn die Flugzeuge pünktlich starteten und landeten und die Passagiere zufrieden waren. Charlie wäre bestimmt außer sich, der Zentrale einen blinden Passagier melden zu müssen, und würde sie zweifellos auf der Stelle vom Dienst suspendieren oder sie gleich hinauswerfen.
    Joes Decke bewegte sich leicht, und sie schaltete prompt wieder auf das Problem um, ein sicheres Versteck für ihn zu finden. Das Flugzeug hob ab. Als die Leuchtschrift erlosch, erhob sie sich langsam. Widerstrebend betätigte sie den Wandschalter und ließ die gedämpfte Kabinenbeleuchtung hell aufflammen.
    Sie begann, Zeitungen und Zeitschriften zu verteilen. Der Passagier mit den Angstzuständen vor dem Start wirkte jetzt völlig entspannt. »Die Tablette hat prima geholfen, Stewardeß.« Er ließ sich eine Zeitung geben und fahndete nach seiner Brille. »Sie muß im Mantel sein.« Er stand auf und machte sich auf

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