Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traeum weiter Baby

Traeum weiter Baby

Titel: Traeum weiter Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Brown
Vom Netzwerk:
Makel, mir zeugnistechnisch unterlegen zu sein, befreit hätte, wäre Geld gewesen. Bei reichen Leuten fragt keiner nach der Bildung, sagte er immer. Ich fand es erstaunlich, daß ein Typ wie er so spießige Ansichten haben konnte.
    Er lehnte sich an den Kühlschrank und sagte mit betont ruhiger Stimme: »Nicht jeder, der auf der Uni war, ist klug, kapiert?«
    »Was du nicht sagst«, sagte ich, »also, was ist jetzt? Wollen wir ’nen Film gucken oder nicht?«
    »Das ist wieder mal typisch! Jetzt weißt du nicht mehr weiter und wechselst das Thema. Natürlich bestimmst du immer das Thema, ist doch klar, du bist ja die Intellektuelle. Aber das lasse ich mir nicht gefallen. Ich bin doch nicht dein Tanzbär. Mal willst du den Film, mal wieder nicht. Das Spielchen mach ich nicht mit. Ich bin total gestreßt von dieser Heim- und Herdidylle, ich gehe jetzt in den Club.«
    Er brauchte immer einen Vorwand, um in seiner Freizeit in den Club zu gehen, und der Streß mit mir war sein liebster.
    Kaum war er weg, fing die Küche an, sich zu drehen. Ich war wieder elf, und meine Eltern sagten mir, daß sie vorhatten, sich zu trennen. Die Tränen schossen mir in die Augen.
    Am nächsten Tag hatte Sascha mich gefragt, ob wir ins Kino gehen wollten, als hätte es den Streit nie gegeben, |58| und ich hatte keine Lust gehabt, ihn daran zu erinnern. Deshalb sagte ich nur, daß ich meine Mutter fragen mußte, ob sie babysitten könnte. Sascha und ich einigten uns erstaunlich schnell auf einen Film. Das war der Unterschied zwischen Sascha mit und ohne Zusatzstoffen.
    Da unser Film nur in einem Kino lief, fragte ich die Kellnerin, ob ich das Telefon am Tresen benutzen durfte, und reservierte zwei Karten. Dann las ich einen Artikel über die Andy-Warhol-Ausstellung, die wieder mal in München war, sozusagen als weiterbildende Maßnahme, und weil mir noch ein paar allgemeine Kunstfloskeln für den Magritte-Text fehlten.
    Als Moritz aufwachte, gab ich ihm etwas Tee, und danach spazierten wir durch den Zoo. Es regnete immer noch, deshalb beschränkten wir den Besuch auf die Tiere, die ein festes Dach über dem Kopf hatten.
    »Schau mal, da, Moritz, das sind Nilpferde!«
    Moritz starrte auf meinen ausgestreckten Finger.
    »Nein, nicht da! Guck mal aufs Wasser! Da ist das Nilpferd!«
    Wasser hatte für Moritz eine Bedeutung. Er guckte mich fragend an und wartete darauf, daß ich seine Gummiente hervorholte.
    »Hmmm«, sagte er.
    »So ähnlich«, bestätigte ich, »nur ist das Nilpferd größer und ist da drüben! Guck doch mal!«
    Als Moritz endlich in die richtige Richtung guckte, war dort nur eine schlammgrüne Erhebung zu sehen, die sich farblich kaum vom Wasser unterschied. Das restliche Nilpferd war abgetaucht.
    Da das Nilpferd kein besonderer Hit war, wechselten wir zu den Elefanten. Hier gefiel es Moritz schon besser, weil eine Gruppe von Kindern, die lachend und kreischend auf und ab lief, für Entertainment sorgte.
    Danach gingen wir zu den Affen. Ich weiß nicht, ob es |59| dieselben waren, die ich in der weiterbildenden Sendung gesehen hatte, und hatte auch keine Gelegenheit zu beurteilen, wie sie die Betreuung des Nachwuchses untereinander aufteilten, weil sie keinen Nachwuchs hatten. Ich hätte auch keine Lust, mich fortzupflanzen, wenn mir fremde Leute dabei zugucken würden. Statt sich miteinander zu beschäftigen, taten die Affen ihren Job und unterhielten das Publikum. Moritz hatte richtig Spaß.
    Als wir wieder nach Hause kamen, waren wir beide so erschöpft, daß ich Moritz in der Kasserolle ablegte und es mir auf der Couch gemütlich machte.
    Es kam mir so vor, als hätte ich die Augen nur ein paar Minuten zugehabt, als ich im Halbschlaf bemerkte, daß Sascha meine Haare streichelte. Der Geruch von frischem Tee stieg mir in die Nase.
    »Hi Baby!«
    »Hi!«
    »Bist du noch sauer?«
    Da ich die Frage spontan nicht beantworten konnte, stellte ich mich schlafend.
    Doch Sascha durchschaute mich. Er blies sanft Luft auf meinen Hals. Das kitzelte, und ich mußte grinsen.
    »Das ist ja immerhin ein Anfang«, flüsterte er.
    Ich machte die Augen auf und guckte ihn an. Er sah nicht mehr sauer aus, also wollte ich auch nicht nachtragend sein. Unvereinbarkeit der Charaktere war bei meinen Eltern der Scheidungsgrund gewesen. Mit elf wußte ich nicht, was darunter zu verstehen war, außer daß mein Vater nicht mehr bei uns wohnte. Meine Mutter hatte mir erklärt, das bedeute, daß man sich nicht verzeihen kann.
    »Ich hab dir Tee

Weitere Kostenlose Bücher