Traeum weiter Baby
heilige Familie des Frühstücksmargarinespots zu dritt in der Tür und bestaunten das Bilderbuchkinderzimmer.
»Und was passiert jetzt? Du fährst mit deinem chicen Auto zu deinem chicen Job, und ich trage ein gebügeltes T-Shirt und stehe in der Tür und winke dir hinterher?«
Sascha guckte mich verständnislos an.
»Ich glaube, du brauchst jetzt erst mal einen Tee, um wach zu werden. Du bist es nicht gewöhnt, so lange zu schlafen.«
»Wie spät ist es denn?«
»Mittag.«
»Oje! Moritz stirbt bestimmt vor Hunger!«
»Du unterschätzt mich. Ich hab ihm dieses Schokozeug angerührt, das war doch o.k., oder?«
Ich nickte. Schokobrei war für Moritz immer o.k. Heute war anscheinend nicht nur mein Glückstag.
Sascha umarmte mich.
»Ich habe von dir geträumt«, sagte er und zog mich eng an seinen Körper, »ich vermisse dich, deine Nähe, deinen Geruch.«
Es funktionierte wie auf Knopfdruck. Ich mußte nur den Duft seiner Haut einatmen und hatte sofort wahnsinnige Sehnsucht nach ihm. Die tiefgefrorenen Gefühle tauten auf, und meine Hormone schlugen Purzelbäume. Wir küßten uns lange und leidenschaftlich.
»Hmm, wie gut du dich anfühlst«, sagte Sascha, »ich will dich nur noch küssen und im Arm halten.«
Falscher Knopf! Augenblicklich schob sich das Bild von Sascha, der Doro küßte, vor meine Augen.
|157| »Komm doch mit mir zurück ins Bett«, flüsterte Sascha in mein Ohr.
Ich fragte mich, ob er von Doro träumte, wenn er mich anfaßte, aber der Gedanke verdarb mir die Laune so sehr, daß ich mit aller Kraft versuchte, ihn in die hinterste Gehirnschublade zu schieben, in der auch Paulas Kommentar von gestern abend lagerte. Es gelang mir nicht so recht. Miese Gedanken können sperrig sein. Ich löste mich aus der Umarmung.
»Laß mich mal frühstücken.«
Wenn er dich noch mal enttäuscht, hatte Paula gesagt, bring ich ihn um! Doch es sah nicht so aus, als würde Sascha heute einen gewaltsamen Tod finden. Er tat alles, um sich für die Rolle im Margarinespot zu qualifizieren. Nachdem wir zu dritt gefrühstückt hatten, ging er sogar mit Moritz und mir spazieren, und die Leute, die an uns vorbeiliefen, mußten denken, wir seien die Familie, die ich mir immer gewünscht hatte.
Als Moritz anfing zu quengeln, nahm Sascha ihn auf den Arm und schlug vor, daß wir uns in ein Café setzen sollten. Ich nickte nur. Sascha war wieder Sascha. Wie früher, bevor der ganze Streß losging. Wo war er nur in der Zwischenzeit gewesen? Entweder hatte ich die letzten Monate an einer Wahrnehmungsstörung gelitten, oder Aliens hatten mich in ein Paralleluniversum verschleppt, in dem sich alles genau entgegengesetzt verhielt wie hier auf der Erde. Ich war froh, wieder zu Hause und bei Sinnen zu sein.
Oder war Sascha von Aliens verschleppt worden, die seine Seele zu experimentellen Zwecken vertauscht hatten? Würden sie wiederkommen und ihn holen? Mißtrauisch ließ ich meinen Blick durch das Café wandern, auf der Suche nach Seelendieben von fernen Planeten. Doch es war alles ruhig.
Sascha lächelte. Moritz war in seinen Armen eingeschlafen |158| und wurde von seinem Vater liebevoll in den Wagen gelegt. Es war ein Bild des Friedens.
Als Sascha sich wieder hinsetzte, nahm er meine Hände und guckte mir tief in die Augen.
»Ich bin so froh, daß du bei mir bist«, sagte Sascha, »du bist so wunderbar! Ich wüßte nicht, was ich ohne dich anfangen sollte!«
»Mach dir darüber Gedanken, wenn’s soweit ist.«
»Hey, das ist nicht lustig, immerhin hätte ich dich beinahe verloren!«
»Stimmt. Aber laß uns jetzt nicht darüber reden!«
Sascha hatte Antipasti und gegrillte Garnelen für uns beide bestellt. Ich hatte eindeutig meinen Mann wieder, denn der Typ aus dem Paralleluniversum hatte keine Ahnung von meinen Vorlieben gehabt.
»Hier, ich hab was für dich«, riß Saschas Stimme mich aus meinen Gedanken.
Er reichte mir ein kleines Päckchen.
»Was ist das denn?«
»Mach’s auf. Ich hoffe, es gefällt dir.«
Es war eine Schneekugel. Ich schüttelte sie. Leise rieselte der Schnee über den Markusplatz.
»Hast du Lust, mit nach Venedig zu kommen?« fragte Sascha.
Der Schnee senkte sich, und ich konnte eine kleine Gondel erkennen.
»Kneif mich«, sagte ich, »ich glaub, ich träume!«
»Heißt das ja?«
Ich nickte.
Natürlich hatte ich Lust, mit ihm nach Venedig zu fahren, mit dem alten-neuen Sascha. Mit dem Typ aus dem Paralleluniversum wäre ich nirgendwohin gefahren.
Sascha strahlte.
Sascha und
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