Traeum weiter Baby
Nachkaufgarantie von fünfzig Jahren.«
Es war schon eine verwirrende Welt, in der die Garantie auf einen Teller länger gültig war als ein Heiratsversprechen. Kein Wunder, daß meine Mutter den Durchblick verloren hatte.
»Du mußt es ja nicht wegwerfen, du könntest es in den Keller tun.«
|162| »Hättest du es denn gerne?«
»Nein, danke.«
Ich hätte nichts gegen ein schönes Service gehabt, aber die Relikte ihrer kaputten Ehe wollte ich mir bei allem Mitgefühl für die Vergangenheitsbewältigung meiner Mutter nun doch nicht aufhalsen. Schlechtes Karma!
»Also ihr könntet dringend Gläser gebrauchen! Das ist mir neulich schon aufgefallen, als ich bei euch war. Was benutzt du eigentlich, wenn du mal schön deckst?«
Ich seufzte. Wenn niemand schwerwiegendere Probleme hatte als schön gedeckte Tische, mußte das das Paradies sein.
»Ich dachte, ich besorge dir und Nicole morgen auch gleich mal zwei Sätze«, redete meine Mutter weiter, »das sind jeweils vier Stück, also insgesamt acht. Damit du mal was Ordentliches hast, wenn Gäste kommen.«
Mir sollte es recht sein. Sascha und ich hatten schon lange keine Gäste mehr gehabt, und wenn wir mal wieder Leute einladen würden, dann bestimmt nicht, damit sie unsere Gläser bestaunten, aber das war nicht der Punkt. Ich wollte nicht dafür verantwortlich sein, daß meine Mutter wegen ihrer vielen unausgefüllten Zeit unglücklich wurde, deshalb sagte ich, daß ich gerne neue Gläser hätte. Da sie jetzt wieder eine Aufgabe hatte, war sie zufrieden.
Dann erzählte ich ihr von Venedig.
»Na, so was«, sagte sie nur.
Hatte Nicole am Ende doch gequatscht, und meine Mutter war skeptisch, ob mir ein gemeinsamer Trip mit meinem untreuen Mann guttun würde? Doch wie sich herausstellte, quälten sie andere Sorgen.
»Hoffentlich ist das Wetter dort besser als hier«, sagte sie, »zu dumm, daß wir dir neulich die Jacke nicht gekauft haben.«
»Keine Sorge, es heißt nicht umsonst ›der sonnige Süden‹!«
|163| »Das besagt nichts. Nimm für alle Fälle was Warmes mit. Besonders für den Kleinen!«
Nachdem ich die Kleiderfrage mit meiner Mutter besprochen hatte, wünschten wir uns schöne Ostern, und ich rief Paula an, die auch noch nichts von unseren romantischen Reiseplänen wußte.
»Wie geht’s, wie steht’s?«
»Den Umständen entsprechend«, spulte ich meine bewährte Antwort ab, aber Paula war nicht meine Mutter.
»Heißt das gut oder schlecht«, wollte sie wissen.
»Gut.«
»Willst du immer noch, daß ich mit Sara oder Lynn wegen Doro rede? Bis jetzt hab ich nur den Anrufbeantworter erwischt.«
»Vergiß Doro. Ich versuch’s auch. Und was gibt’s bei dir?«
»Ich habe einen Entschluß gefaßt.«
Das hörte sich spannend an.
»Hm? Laß mich raten: Du verstößt gegen deine Prinzipien und gehst mit einem Mann aus, obwohl du schon mal mit ihm im Bett warst? Ist es Tomas?«
Paula lachte.
»Quatschkopf«, sagte sie, »ich habe mich von meinem Vater abgenabelt.« Dann schwieg sie bedeutungsvoll.
Ich wußte nicht, wie diese Eröffnung zu verstehen war, weil Paula nie den Eindruck gemacht hatte, als sei sie mit ihrem Vater über das Bankkonto hinaus verbunden gewesen.
»Du meinst, auch von seinem Geldbeutel?«
Sie lachte. »Gerade von seinem Geldbeutel. Was sagst du jetzt?«
»Du bist verrückt. Wovon willst du denn leben? Du bist arbeitslos!«
»Na und? Die halbe Bundesrepublik ist arbeitslos. Ich werde schon einen neuen Job finden, und bis dahin kriege |164| ich Arbeitslosengeld wie jeder andere auch. Ist das nicht toll?«
»Du bist mit Sicherheit die einzige Arbeitslose, die das so sieht.«
»Himmel, Mel! Es war nicht o.k., daß ich mit meinem Vater nur über Geld kommuniziert habe. Ich habe ihm das alles erklärt und gesagt, daß er sich in Zukunft was anderes einfallen lassen muß, wenn er Kontakt mit mir haben will. Sein Geld war nur ein Alibi, damit er keine Schuldgefühle kriegen mußte, wenn er meine Abschlußfeiern verpennt hat. Das hat uns nicht nach vorne gebracht!«
»Aber es hat deine Rechnungen bezahlt!«
»Wenn du mich nicht verstehen willst, dann laß es bleiben. Ich habe das so entschieden, und mir geht’s gut damit.«
»Prima, ich gratuliere!«
»Das einzige Problem ist, daß ich mir eine billigere Wohnung suchen muß, wenn ich nicht bald einen Job finde.«
»Wie wär’s mit ’ner Mitbewohnerin?«
»Ich kenne niemanden, der im Moment ein Zimmer sucht. Außerdem müßte ich zwei Zimmer vermieten, um über die
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