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Traeum weiter Baby

Traeum weiter Baby

Titel: Traeum weiter Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Brown
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und zu schweigen.
    Ich angelte mein Buch aus der Tasche und lehnte mich an Saschas Arm.
    Beatrice hatte inzwischen die geniale Idee, über den befreundeten Maler an Orazio ranzukommen. Der Maler war ziemlich gut im Geschäft und strich sämtliche Aufträge |195| für Wandmalereien in den Kirchen ein. Beatrice fädelte es so ein, daß sie für ihn Modell stehen konnte, natürlich inkognito und mit Maske, denn es gehörte sich nicht für eine Frau ihres Standes, nackt vor wildfremden Männern zu posieren. Der Maler sollte Orazio zu der Session einladen und mit ihm ein bißchen Wein trinken, während er pinselte. Beatrice war ziemlich nervös, weil die Situation sehr ungewohnt für sie war, doch der Aufwand lohnte sich. Der Maler malte, und Orazio trank süßen Wein und konnte seinen Blick nicht von der Schönen wenden. Als die Session zu Ende war, hatte er Feuer gefangen. Er war eben auch nur ein Mann. Von da an löcherte Orazio den Maler, weil er wissen wollte, wer die schöne Unbekannte war. Er dachte ursprünglich an eine lockere Affäre, aber als er erfuhr, daß es Beatrice war, machte er ihr nach allen Regeln der Kunst den Hof, weil er sie unbedingt heiraten wollte. Aber jetzt spielte Beatrice die Spröde. Doch als Orazio ihr in Murano eine Kette aus Glasperlen anfertigen ließ, in die Goldstaub eingeschmolzen wurde, hörte Beatrice auf, ihn zappeln zu lassen, und die beiden beschlossen zu heiraten. Beatrice war natürlich erleichtert, daß sich der ganze Aufwand doch noch gelohnt hatte, aber ich konnte mich nicht so recht mitfreuen. Irgendwie war mir dieser Orazio-Bursche auf einmal nicht mehr so ganz geheuer, ich hatte keine Ahnung, warum. Vielleicht war ich nur neidisch auf Beatrice, und gönnte ihr kein Happy-End, solange meines noch in der Luft hing. Vielleicht machte es mich aber auch mißtrauisch, daß ich noch mehr als hundert Seiten zu lesen hatte, obwohl das Happy-End doch so nah schien.
    Als Sascha noch einen Caffè Latte serviert bekam, riß mich Paolo aus meinen Überlegungen, ob ich eine neidische Zicke war oder zu festgefahrene Lesegewohnheiten hatte. Ich bestellte noch eine Cola.
    »Ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und den Leuten |196| zuschauen«, sagte Sascha, »guck mal die Frau da drüben an!«
    Die Frau saß auf einem Brunnen, der so aussah, als hätte er zu Beatrices Zeiten schon hier gestanden.
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie hat Blumen in die Kirche gebracht. Sie ist eine ganze Weile da dringeblieben, hat wahrscheinlich gebetet.«
    Oder auf einen Orazio gewartet, dachte ich.
    »Ich finde das faszinierend«, sagte Sascha, »wenn Leute eine Richtung in ihrem Leben haben, etwas, woran sie sich halten können, weißt du? Ich hätte das auch gerne.«
    »Nichts leichter als das. Die Kirchen suchen händeringend nach Mitgliedern.«
    Sascha lachte.
    »Du mußt mir nur noch sagen, welche Religion zu mir passen würde.«
    »Wer sagt denn, daß du dich auf eine festlegen mußt? Sieh es als großes esoterisches Buffet. Du suchst dir aus jeder Religion heraus, was dir gefällt, und mischst dir deine eigene.«
    Sascha knuffte mich in den Arm.
    »Mel, du weißt, was ich meine, oder?«
    Ich nickte. Ich wußte es genau. Er brauchte etwas, das ihm Gewicht gab und ihn daran hinderte, herumgewirbelt zu werden wie Herbstlaub im Wind. Aber sobald er es gefunden hatte, wurde ihm das Gewicht zu schwer, und er schüttelte es ab, um frei durch die Luft schweben zu können wie ein Blatt, bevor es in einer Pfütze landet.
    Ich hatte keine Lust, in einer Pfütze zu landen.
    »Halt mich fest«, sagte ich zu Sascha.
    Er stand auf, zog mich an den Händen von meinem Stuhl hoch und umarmte mich. Seine Arme waren fest und sicher, und ich fühlte mich rundum geborgen. Als wir uns wieder hinsetzten, stand Paolo in der Tür und grinste uns an.
    |197| Moritz rekelte sich in seinem Wagen. Er hatte die Augen noch nicht offen, als er schon losbrüllte. Ich stellte das rettende Gläschen bereit und nahm Moritz auf den Schoß. Er war warm und weich vom Schlafen. Sascha leckte seinen Kaffeelöffel ab und reichte ihn mir. Moritz verschlang den Brei, als sei er tagelang auf Nulldiät gewesen. Er starrte gierig auf den Löffel und hatte keine Augen für Paolo, der an unseren Tisch kam und versuchte, mit ihm zu schäkern. Während ich mit der Raubtierfütterung beschäftigt war, quetschte Paolo Sascha über Moritz aus. Wie alt er war, wie er hieß, und Sascha hatte auf einmal keine Hemmungen mehr, italienisch zu sprechen. Oder keine

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