Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traeum weiter Baby

Traeum weiter Baby

Titel: Traeum weiter Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Brown
Vom Netzwerk:
schliefen sofort ein. Ich guckte eine Weile den Wellen zu, dann las ich weiter in meinem Buch.
    Nach etwa zwanzig Seiten tat es mir schrecklich leid, daß ich Beatrice ihr Glück geneidet hatte, denn inzwischen wütete die Pest in Venedig, und die Menschen starben wie die Fliegen. Beatrices Leben hatte sich komplett verändert. Sie mußte ihre kranke Mutter pflegen und traf kaum noch Bekannte, weil alle entweder tot oder infiziert waren oder jemanden pflegten, der im Sterben lag. Aber noch schlimmer als die Pest war das Mißtrauen. Kein Mensch traute dem anderen, jeder hatte Angst, diskriminiert zu werden, wenn herauskam, daß man krank war oder einen Kranken in der Familie hatte. Wer noch nicht befallen war, versuchte krampfhaft, die Gefahr zu ignorieren, und stellte eine Lebenslust zur Schau, die aber in Wirklichkeit Endzeitstimmung war. Seine wahren Gefühle versteckte man, manche gingen sogar so weit, daß sie ihre Gesichter hinter Masken verbargen. Der einzige Lichtblick war, daß Beatrice und Orazio heiraten wollten.
    Ich schloß die Augen und sah Beatrice in ihrem Hochzeitskleid aus feinstem Tuch, wie sie an der Seite ihres Vaters zu den Klängen von Orgelmusik in die Kirche schritt. Die Gäste hatten ihre Masken abgelegt und hielten den Atem an. Beatrices Schritte hallten auf dem Marmorboden. Orazio wartete vor dem Altar auf sie, und die abgeschlagene Motten-Konkurrenz verrenkte sich die Köpfe, um einen Blick auf die Siegerin zu werfen. Eine von ihnen sah aus wie Doro. Beatrice warf ihr einen kurzen Blick zu, in dem ihr ganzer Triumph zum Ausdruck kam, und danach hatte sie nur noch Augen für Orazio. Die Kirche duftete nach Lilien, und die Orgel orgelte.
    Über dieser Seifenoper mußte ich eingeschlafen sein, |204| denn als ich aufwachte, waren Sascha und Moritz samt Kinderwagen verschwunden.
    Ich rieb mich noch mal mit Sonnencreme ein und ging ans Wasser. Es war kalt. Die Wellen umspielten meine Füße, und jedesmal, wenn sie von der unsichtbaren Kraft in den Horizont gesaugt wurden, sanken sie tiefer in den Sand ein, bis sie ganz darin verschwunden waren. Ich war ein Baum, der aus dem Meer wuchs. Die Wellen glitzerten silberblau, und ich wäre am liebsten reingesprungen – wenn es nur nicht so kalt gewesen wäre. Wir kommen im Sommer wieder, dachte ich, als ich meine Wurzeln aus dem Sandloch befreite, und dann werde ich schwimmen. Ich sammelte ein paar Muscheln, und als ich mit vollen Händen an unseren Platz zurückkam, waren Sascha und Moritz wieder da.
    »Wo wart ihr denn?«
    »Einkaufen«, sagte Sascha und deutete auf eine Tüte, die unter dem Kinderwagen, in dem Moritz gerade Mittagsschlaf hielt, im Schatten stand. Ich zeigte ihm meine Muschelsammlung.
    »Hübsch«, sagte er, »wirklich toll!«
    Ich warf noch einen Blick auf die Muscheln, dann ließ ich sie in den Sand fallen.
    »Nein, nein«, protestierte Sascha, »die nehmen wir mit nach Hause!«
    »Wozu das denn?«
    »Wir können sie auf unseren Eßtisch legen. Wenn wir mal italienisch kochen.«
    »Für wann ist das denn geplant?«
    »Wir könnten doch mal Nicole und Jörg einladen«, sagte Sascha, »ich koche.«
    Ich weiß nicht, ob es die Sonne war oder die paar hundert Kilometer, die zwischen dem Strand und Zuhause lagen, aber wenn Sascha so redete, konnte man den Eindruck bekommen, daß die ganze letzte Zeit nur ein |205| schlechter Traum gewesen und in Wirklichkeit nie passiert war. Vielleicht waren aber auch seine Gehirnzellen schon zerstört, und er wußte deshalb nichts mehr davon.
    »Wir haben schon lange keine Leute mehr eingeladen«, sagte ich, um Saschas Gedächtnis zu testen.
    »Ich weiß«, sagte er, »höchste Zeit, daß das anders wird.«
    »Stimmt.«
    Ich ließ mich auf das Handtuch fallen.
    »Es ist ganz schön heiß hier«, stöhnte ich.
    »Du brauchst wohl eine kleine Abkühlung?«
    Ich spürte seine Hände auf meinem Rücken, und im nächsten Moment hatte er mich hochgehoben und ging in Richtung Meer.
    »Spinnst du? Was hast du vor? Laß mich los!«
    Sascha lachte.
    »Ich denke, dir ist heiß?«
    »Das Wasser ist eisig, tu mir das nicht an!«
    Ich wehrte mich, so gut ich konnte, aber ohne Erfolg. Sascha ließ mich ins Wasser fallen. Als ich japsend wieder auftauchte, stand er lachend vor mir. Seine Augen blitzten in der Sonne. Ich stand auf und drückte meinen nassen Körper gegen ihn. Sascha stöhnte auf.
    »Verdammt, bist du kalt!«
    Er legte die Arme um mich und ließ sich ins Wasser gleiten, so daß wir beide

Weitere Kostenlose Bücher