Traeum weiter, Mann
nicht?
Dann eben nicht. Heiner beschließt, die überraschende Zweisamkeit zu nutzen, um bei Steff ein paar Punkte zu sammeln.
»Was für ein wunderbarer Tag! Und keiner zu sehen. Stellen Sie sich mal vor, wie das wäre, wenn wir beide jetzt die einzigen Menschen auf der Welt wären!«
Steff nickt nur gedankenverloren und hakt sich zu seiner Überraschung auf einmal bei ihm ein.
»Sie haben mir immer noch nicht richtig gesagt, worum es in Ihrem Buch geht.«
Er zögert verwirrt. »Das ist nicht so einfach ...«
»Na kommen Sie, so schwierig kann das doch nicht sein. Ist es eine Liebesgeschichte? Ein Krimi? Oder eine Gruselgeschichte?«
»Eher so was wie eine ... Familiengeschichte.«
»Oh, wie schön«, juchzt Steff. »Ich liebe Familiengeschichten. Was für eine Familie ist es?«
Eine einfache Frage. Heiner grübelt, wie er sie auch einfach beantworten kann.
»Ein bisschen ist es auch eine Liebesgeschichte.«
Steff sieht ihn neugierig an. Ihm fällt auf, dass sich ein dunkler Schatten unter ihre eigentlich wunderschönen, grünen Augen gelegt hat. Der war vor Dänemark noch nicht da.
»Wer hat sich verliebt? Und warum?«
Wieder zögert Heiner. Wie soll er die ganze Konzeption seines Romans mit nur ein paar Sätzen erzählen?
»Nun kommen Sie. Warum muss ich Ihnen denn alles aus der Nase ziehen?« Steff lacht.
»Im Mittelpunkt steht ein Franzose.«
»Ah, das hört sich schon mal sehr interessant an.«
»So heißt auch die Geschichte, Der seltsame Franzose «, verkündet er feierlich.
Steff schiebt beeindruckt die Unterlippe nach vorne und denkt einen Moment über den Titel nach.
» Der seltsame Franzose «, wiederholt sie, und es klingt wie ein Lied. »Das würde ich sofort kaufen.« Sie zwinkert Heiner freundlich zu.
»Er versucht, seinen Platz in einer ihm fremden Welt zu finden. Aber dramatische Ereignisse lassen ihn immer wieder auf sich selbst zurückfallen.«
»Aha.« Steff wirkt ehrlich beeindruckt. »Und wo ist jetzt die Liebesgeschichte? Und die Familie?«
Heiner windet sich. Er fühlt sich ein bisschen unter Druck gesetzt, und das mag er nicht.
Er seufzt.
»Tut mir leid, wenn Sie nicht alles verraten wollen, müssen Sie’s auch nicht.«
»Nein, ich bin nur nicht so ein guter Erzähler ...«, druckst er.
»Aber dafür können Sie eben schreiben, nicht wahr?«, fragt Steff voller Ernst und Bewunderung. Heiner sieht sie mit großen Augen an. Was für eine wundervolle Frau! Er nickt verlegen.
Für ein paar Augenblicke gehen sie schweigend nebeneinander her, vorbei an einem alten Ruderboot, das mitten im Strand liegt, vom Sand aber fast komplett verdeckt ist.
Jetzt will Heiner aber endlich wissen, was gestern in Kopenhagen gelaufen ist.
»Hatten Sie denn Erfolg in Dänemark?«
Steff sieht ihn nur verständnislos an.
»Ihre Mutter meinte, Sie würden Herrn Schöning bei einem Termin mit einem dänischen Geschäftsmann unterstützen.«
»Der hat im letzten Moment abgesagt.«
»Was? Dann sind Sie ganz umsonst den ganzen Weg nach Kopenhagen gefahren?«
Steff weicht seinem Blick unsicher aus. Was hat sie nur zu verbergen?
»Aber mit Herrn Schöning haben Sie sich bestimmt auch so einen schönen Tag gemacht, oder?«
Steff wiegt den Kopf langsam hin und her und schweigt. Komm schon, denkt Heiner, sag mir, dass dein Ausflug mit diesem hohlen Macho ein Fiasko war.
»Waren Sie auch im Tivoli-Park?«
»Nein.«
»Wo dann? Sie waren doch einen ganzen Tag da?« Und eine ganze Nacht, aber danach will er jetzt lieber noch nicht fragen.
Steff blickt verlegen zur Seite.
»Frau Schmidt, alles in Ordnung?«
Schweigen.
»Hat Herr Schöning etwas angestellt?«
»Nein ...«
»Hat er Ihnen wehgetan?«
Steff sieht ihn verwirrt an und schüttelt dann unsicher den Kopf.
»Sie können mir ruhig die Wahrheit sagen. Oder vertrauen Sie mir nicht?«
»Doch, schon ... Aber ...« Sie seufzt. »Verstehen Sie denn nicht? Ich möchte darüber lieber nicht reden.«
Heiner betrachtet sie besorgt. Hat sie Angst? Sollte er jetzt den Arm um sie legen, sie trösten?
Steff schaut auf ihre Uhr. »Oh, schon so spät. Ich muss weg.« Sie lässt Heiner los.
»Wohin denn?«
»Zu meiner Freundin. Sie wissen schon, die mit der Klausur. Ich habe ihr versprochen, noch mal mit ihr zu lernen.«
Der plötzliche Wechsel verwirrt Heiner. »Soll ich Sie fahren?«
»Nicht nötig.« Zu seiner großen Überraschung gibt sie ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. »Vielen Dank für den netten Spaziergang.«
Dann
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