Traeum weiter, Mann
hangelt er sich durch die Sitzreihen nach vorne zur Bordküche. Eine junge Stewardess mit einem lächerlich kleinen Hütchen legt den Kopf schief und lächelt kokett, als sie ihn sieht.
»Was kann ich für Sie tun?«, erkundigt sie sich. Sie hat einen süßen, dänischen Akzent.
Heiner sagt seine Bestellung und lächelt zurück. Verrückt, wenn man mit einer attraktiven Frau unterwegs ist, interessieren sich auf einmal alle schönen Frauen für einen. Oder liegt es an etwas anderem?
»Ich habe alle Ihre Bücher gelesen, sie sind wundervoll«, sagt die Stewardess, während sie an der Kaffeemaschine arbeitet.
Heiner lächelt nur, sanft, wissend. Für einen langen Moment treffen sich ihre Blicke. Heiner schenkt ihr ein kurzes Zwinkern und gewinnt ihr Herz.
»Bittesön«, sagt die kleine Dänin.
Heiner nimmt die Latte in die Hand und dreht sich zurück in das Flugzeug, sieht den langen Gang entlang.
Er schaut sich irritiert um. Saßen eben auch so wenige Passagiere in der Maschine? Er kann sich gar nicht mehr erinnern. Überall nur leere Plätze.
Aber Steff ist noch da. Sie sitzt immer noch direkt neben dem Fenster, im gleißenden Sonnenlicht, das hier über den Wolken tausendmal heller ist als unten auf der fernen Erde.
Aber sie ist nicht mehr alleine.
Schöning sitzt neben ihr, auf seinem, Heiners Platz! Und nicht nur das! Er streichelt ihr über das Gesicht, durch die blonden Haare, über den zarten Hals!
Heiner kann es nicht fassen: Auf einmal hat Steff nur Augen für Schöning, starr wie eine Roboterpuppe blickt sie zu ihm auf, der hässliche Makler muss sie hypnotisiert haben!
Plötzlich dreht Schöning seinen Kopf zu ihm und sieht ihn quer durch die ganze Kabine mit einem spöttischen, höhnischen Lächeln an. Über dem gleichmäßigen Brausen der Turbinen meint Heiner, ein leises Kichern zu hören.
Dann wendet sich Schöning wieder Steff zu. Wie in Zeitlupe schließt er die Augen – und schiebt ihr dann seine Zunge in den Mund!
Und Steff? Was tut sie? Es ist nicht zu fassen! Sie lächelt verliebt, es scheint ihr zu gefallen. Dabei hat Schöning eine Zunge wie ein Leguan. Klebrig, lang und glitzernd schiebt er sie immer wieder zwischen ihre zart geöffneten Lippen, immer schneller, immer wilder.
Heiner dreht den Kopf weg. Er hat sie verloren! Für immer! Die Gewissheit hämmert als endloser Schmerz in seinem Kopf, in seinem Rücken, in seinem ganzen Körper.
Was soll er nur tun? Wie soll es jetzt weitergehen? Wie soll er jetzt nur weiterleben ?!
Verzweifelt taumelt er zur Tür. Er greift nach dem schweren Hebel und dreht ihn mit einem Ruck herum. Die große Tür öffnet sich, schwingt in die Kabine. Plötzlich steht Heiner in einem so heftigen Sturm, dass es ihm fast den Atem nimmt. Ein gewaltiger Sog zerrt an seinem Anzug, an seinen Haaren, an seinem ganzen Körper.
Draußen auf der anderen Seite kann er die Wolken sehen, die ihn wie ein weiches, endloses Bett erwarten.
Ein letzter Blick zur Stewardess, die wieder den Kopf schief legt und ihn neugierig mustert, wie eine Mutter ihr kleines Kind.
Dann schließt sie die Augen, glücklich, plötzlich mit einem Ausdruck endloser Lust.
Jetzt erst erkennt Heiner, dass Schöning hinter ihr steht! Mit beiden Händen hat er ihren Rock hochgeschoben. Auch er selbst trägt keine Hose mehr. Hart und rhythmisch stößt er seinen Unterkörper gegen den der kleinen Dänin. Und es gefällt ihr, genau wie es Steff gefallen hat, Schöning zu küssen.
Heiner hat genug gesehen. Er dreht sich um und tritt hinaus aus dem Flugzeug, hinaus in das Licht – und fällt, fällt immer tiefer und tiefer ...
Mit einem tiefen Stöhnen fährt Heiner in seinem Bett hoch. Wieder braucht er einen Moment, um zu erfassen, wo er sich befindet. Nicht mehr in dem Flugzeug, auch nicht in seinem Bett in Hamburg, sondern immer noch in seinem winzigen Zimmer in dieser verdammten Pension am Ende der Welt.
Er schaut auf die Uhr. Kurz vor zwölf. Er hat fast elf Stunden geschlafen! Das liegt nur an den Schmerztabletten.
Er hat sie wieder genommen. Nicht gegen die Rückenschmerzen, die sind verschwunden. Aber letzte Nacht, als sich seine Gedanken immer und immer wieder nur um Steff und Schöning drehten und um das, was sie gerade in einem Kopenhagener Hotelbett trieben, da konnte er einfach keinen Schlaf finden. Wieso also nicht noch mal die kleinen gelben Dinger versuchen, die ihm der dicke Arzt vorgestern gegeben hat?
Während er wieder eine lange Dusche nimmt, muss Heiner an
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