Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
bitte Sie!“, sagte sie empört, doch er beugte sich noch tiefer über das Kind. „Bitte, Sie stören das Baby!“
„Englische Frau!“, rief jemand. „Sie hierher gucken, bitte!“
Der Chauffeur hatte eilig den Wagenschlag geöffnet, und Ishaq drängte Anna, einzusteigen. Noch bevor sie richtig saß, wurde schon die Tür zugeworfen. Immer noch stellten die Journalisten Fragen, und sie hörte Ishaqs tiefe Stimme, als er sie beantwortete. Einen Augenblick später stieg er ebenfalls ein und setzte sich neben sie. Die Kinderschwester saß vorn auf dem Beifahrersitz. Der Wagen hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, als einer der Fotografen an das Fenster kam, an dem Anna saß, um Bilder von ihr und dem Baby zu schießen.
„Was hat das zu bedeuten?“, frage sie Ishaq. „Warum sind diese Journalisten hier?“
„Weil hier am Flughafen immer Journalisten darauf warten, Fotos von den Tafelgefährten des Prinzen zu machen, wann immer sie das Land verlassen oder zurückkehren. Normalerweise spielt das keine Rolle, aber jetzt …“, er wandte ihr das Gesicht zu, und der Ausdruck von eiskaltem Zorn, der darauf lag, machte ihr Angst, „… jetzt haben sie ein Foto von dem Baby.“
Zu spät wurde Anna klar, wie dumm es von ihr gewesen war, sich Ishaq Ahmadi zu widersetzen, ohne zu wissen, worum es ging.
5. KAPITEL
Durch ein geöffnetes Tor bog der Wagen in eine breite, von Bäumen umsäumte Einfahrt ein und kam schließlich vor einer zweistöckigen Villa zum Stehen. Arkaden, von der Art, wie Anna sie für ihre Kunden malte, verliefen über die gesamte Front.
Annas Herz pochte wild gegen ihre Rippen. „Sind wir da?“, fragte sie beklommen.
„Ja“, erwiderte Ishaq knapp.
Die Wagentür öffnete sich, und Anna stieg mit dem Baby im Arm aus. Bäume und Büsche vor dem Haus spendeten Schatten, und ein Springbrunnen machte die Luft kühl und frisch. Auf einmal überkam Anna ein merkwürdiges Gefühl der Vertrautheit und Geborgenheit. „Ist das dein Haus?“
Ishaq verbeugte sich leicht.
Das Baby wachte auf und begann leise zu weinen. Das Kindermädchen trat sofort lächelnd an Annas Seite und redete leise auf das Kind ein. Dann sah es Anna fragend an.
Anna schüttelte energisch den Kopf und drückte mit einem trotzigen Blick in Ishaqs Richtung das Baby noch fester an sich. Keine Sekunde würde sie das Kind aus der Hand geben, solange sie nicht verstand, was hier vor sich ging.
Ishaq zuckte nur wortlos mit den Schultern.
Ein ganz in Weiß gekleideter Diener erschien zwischen den Arkaden, und dann betraten sie alle das Haus.
Staunend blickte Anna sich um. Außer auf Hochglanzfotos in Büchern oder Fachzeitschriften hatte sie noch niemals so wunderschöne Innenräume gesehen. Dieser hier war mindestens zwölf Meter lang. Kunstvolle Mosaike und handgeknüpfte Teppiche in den schönsten, perfekt aufeinander abgestimmten Farben bedeckten den Boden.
Das Mobiliar bestand aus mehreren niedrigen Tischen, üppig gepolsterten Sofas und handgearbeiteten Schränken. An einer Seite stand ein antiker Schreibtisch aus glänzendem Ebenholz. Die gegenüberliegende Längswand bestand fast nur aus Fenstern, durch die man auf einen überdachten Balkon blickte. Hinter der Balkonbrüstung sah man die grünen Wipfel der Bäume des Innenhofes und dahinter wiederum eine Reihe von Arkaden, deren Zwischenräume mit kunstvoll geschnitzten Holzgittern ausgefüllt waren, die das einfallende Sonnenlicht genau dosierten. Über all dem wölbte sich ein königsblauer Himmel, und in der Ferne sah man das Meer.
Anna schloss die Augen und öffnete sie wieder. Tief atmete sie ein und wieder aus. Erneut hatte sie das seltsame Gefühl, endlich heimgekehrt zu sein, als wäre sie im Exil gewesen.
„Warum war ich eigentlich in London?“, fragte sie Ishaq.
Verwundert hob er die Brauen.
„Ich habe dir misstraut“, erklärte sie. „Aber jetzt weiß ich, das hier ist mein Zuhause. Warum bin ich fort gewesen, Ishaq? Warum musstest du mich mit Gewalt nach Hause bringen?“ Sein Ausdruck war unergründlich. „Willst du damit etwa sagen, du erinnerst dich an das Haus?“
„Nein“, erwiderte sie kopfschüttelnd. „Ich meine, ich erinnere mich nicht wirklich. Aber ich habe das Gefühl, hierher zu gehören.“
„Du bist mir ein Rätsel“, entgegnete er trocken. „Gib Safiyah dem Kindermädchen und lass uns einen Drink nehmen.“ Er gab dem wartenden Diener eine Anweisung, und der Mann entfernte sich mit einer leichten Verbeugung.
Zögernd
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