Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
noch den herabschießenden Blitzen, die die Gasse schwärzten und die Seiten eines zerfallenden Gebäudes endgültig zum Einsturz brachten. Der Lärm war ohrenbetäubend, aber das Tier in ihm begrüßte die Gewalt und nahm sie freudig an. Falcon kämpfte ebenso sehr mit sich selbst wie mit dem Vampir, und wehrte sich gegen den durch nichts zu stillenden Hunger, der ihn packte.
Falcon? Saras Stimme war wie ein frischer Luftzug, der den Geruch des Todes vertrieb. Sag mir, wo du bist. Ich spüre die Gefahr für dich. Es war die unverhohlene Sorge in ihrer Stimme, die ihm die Kraft gab, den tobenden Dämon unter Kontrolle zu bringen und ihn trotz seiner Gewaltbereitschaft zu bezwingen.
Falcon ging ein kalkuliertes Risiko ein, als er blitzschnell angriff und sich mit ausgestreckter Faust auf die bizarre Aschengestalt stürzte. Die Asche zerstreute sich in einem jähen Wirbelwind und schoss dann wie ein grotesker Turm aus Kohleteilchen in die Luft hinauf. Für einen Moment war eine flimmernde Gestalt zu sehen, als der Vampir versuchte, eine Barriere zwischen ihnen zu errichten. Falcon warf sich durch die kümmerliche Struktur, wobei er wieder etwas streifte, das diesmal aus Fleisch und nicht aus Fell bestand. Doch die Kreatur schaffte es erneut, sich aufzulösen. Der Vampir war fort, ebenso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.
Keine Spur von dem Monster, nicht einmal die unvermeidliche leere Stelle war zurückgeblieben. Falcon suchte den Bereich sehr sorgfältig und gründlich ab, um wenigstens einen kleinen Hinweis zu entdecken. Je länger er jedoch suchte, desto sicherer war er, dass Sara von einem wahrhaft uralten Untoten gejagt wurde, einem Meistervampir, der es geschafft hatte, im Laufe der Jahrhunderte allen Jägern zu entkommen.
Vorsichtig bewegte Falcon sich über den Himmel, obwohl er sicher war, dass der Vampir ihn nicht noch einmal angreifen würde. Falcon war auf die Probe gestellt worden, und der uralte Vampir konnte sich das Überraschungsmoment nicht mehr zunutze machen. Der Feind wusste jetzt, dass er es mit einem erfahrenen, kampferprobten Jäger zu tun hatte. Er würde sich nun unter die Erde begeben und in der Hoffnung, dass Falcon an ihm vorbeiziehen würde, jeden weiteren Kontakt vermeiden.
Ein Donnerschlag erschallte am Himmel, der eine eindeutige Warnung war. Eine finstere Drohung des Vampirs, der seinen Anspruch anmeldete, obwohl er wusste, dass ein Jäger in der Gegend war. Der Untote würde Sara nicht aufgeben; sie war seine Beute, wollte er Falcon zu verstehen geben.
Sara erwartete ihn schon auf der kleinen Veranda und kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Ihr Blick glitt ängstlich über ihn und suchte nach Verletzungen. Falcon drückte sie an sein Herz. Niemand hatte ihn jemals so empfangen, sich so um ihn gesorgt oder ihn mit solch liebevollen, besorgten Augen angesehen. Sie war sogar noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Ihre Kleider waren durchnässt vom Regen, ihre Haare zerzaust und feucht und ihre Augen riesig. Er hätte in der Wärme ihres liebevollen Empfangs zerschmelzen können.
»Komm rein«, sagte sie, berührte vorsichtig seine Schläfe und ließ die Hände über seinen Körper gleiten, weil sie ihn einfach spüren musste. Dann zog sie ihn in ihr Haus, aus der Nacht und aus dem Regen. »Erzähl mir alles«, forderte sie ihn auf.
Falcon blickte sich in dem ordentlichen kleinen Zimmer um, das wohltuend, anheimelnd und tröstlich auf ihn wirkte. Dieser wunderbare Empfang war ein fast schockierend schönes Erlebnis. Saras Lächeln, ihre Berührung, die Sorge in ihren Augen – diese Dinge würde Falcon gegen keinen Schatz eintauschen, dem er in all den Jahrhunderten seiner Existenz begegnet war.
»Was ist mit dir passiert, Falcon? Und ich rede nicht von deinen Verletzungen.« Die Furcht um ihn, die sie tief in ihrem Innersten verspürt hatte, war schier unerträglich gewesen.
Falcon fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er musste ihr die Wahrheit sagen. Der Dämon in ihm war stärker denn je. Falcon hatte zu lange abgewartet, war in zu viele Kämpfe verstrickt gewesen und hatte viel zu oft getötet. »Sara«, begann er leise, »wir haben ein paar Möglichkeiten, aber wir müssen uns sehr schnell entscheiden. Wir haben keine Zeit zu warten, bis du voll und ganz verstehst, was vorgeht. Ich möchte, dass du still bist und dir anhörst, was ich zu sagen habe, und dann werden wir unsere Entscheidung treffen müssen.«
Sara erwiderte seinen Blick und nickte
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