Traeume doch einfach weiter
und
Serena entschieden sich für das »As Such« in der Clinton Street, das zu den
coolsten und angesagtesten Restaurants dieses Sommers gehörte. Sie bestellten
Rindertatar mit rohen Wachteleiern, dazu eine gesunde Portion in Meersalz
gewälzte Pommes frites und teilten sich zum Nachtisch eine saftig-süße Tarte au
Chocolat mit Heidelbeeren. Nachdem Serena ein paar Gläser Veuve Clicquot
getrunken hatte und schon etwas beschwipst war, vertraute sie Thaddeus die
Geschichte ihres Rauswurfs aus dem Internat an.
Sie hatte die
Sommerferien damals mit ihrem älteren Bruder Eric in Frankreich verbracht, wo
sie bis zum Anschlag geflirtet und gefeiert hatte. Eric war im August zurückgeflogen,
um sein Studium an der Brown University anzutreten, aber Serena war einfach in
Frankreich geblieben. Auch noch als der September kam. Die Schule war ihr im
Gegensatz zu den einladenden Stränden von Saint Tropez so sinnlos und
langweilig erschienen. Weil sie nach den Ferien nicht zum Unterricht erschien,
hatte die Internatsleitung der Hanover Aeademy beschlossen, sie nicht weiter an
der Schule zu behalten. Zum Glück war ihre ehemalige Schule, die Constance
Billard in New York, bereit gewesen, sie wieder aufzunehmen.
»Ich hab echt
gedacht, ich hätte mir mein Leben versaut und müsste auf irgendeine staatliche
Uni und bis zum Ende meiner Tage bei meinen Eltern wohnen bleiben«, sagte sie.
»Und was ist? Ich spiele in einem Film mit, hab meine eigene Wohnung und
studiere ab Herbst in Yale.« Sie lächelte Thaddeus betrunken und - wie sie
hoffte - verführerisch an. »Tja, man weiß eben nie, was im Leben so passiert.«
Insgeheim hoffte sie, er würde das als Aufforderung zum Küssen verstehen. Aber
sie saßen in einem überfüllten In-Restaurant voller indiskreter Leute, die sie
anstarrten und über sie tuschelten - wahrscheinlich war es vernünftiger, dass
er auf ihr Angebot nicht einging.
»Sollen wir
zahlen?«, schlug Thaddeus vor, als könne er es nicht erwarten, mit ihr irgendwo
hinzugehen, wo sie mehr für sich waren.
Als die beiden in
die Hitze der Straße hinaustraten und sich unter die Passanten mischten, hörten
sie plötzlich jemanden rufen. »Thad! Thad!« Ein dicklicher Typ mit Vollbart
tauchte aus dem Dunkel auf, winkte wie wild und hielt eine Kamera vors Auge. Er
kam auf sie zugerannt und schoss im Laufen die ersten Fotos. Blitzlichter
zuckten durch die Nacht.
Thaddeus legte
schützend einen Arm um Serenas Taille und auf seinem schönen Gesicht erschien
ein künstliches, aber nichtsdestoweniger äußerst charmantes Lächeln.
Serena lächelte
auch instinktiv. Sie war es gewohnt, für die Klatschspalten fotografiert zu
werden, aber so gejagt zu werden machte ihr gleichzeitig auch ein bisschen
Angst.
»Komm, wir
gehen«, seufzte Thaddeus. Er winkte dem
Fotografen zu.
»Okay, Mann, das reicht. Wir verschwinden.«
Aber der Typ ließ
nicht locker. Er ging hinter ihnen her, winkte, sprang auf und ab wie ein Boxer
und drückte in einem solchen Tempo auf den Auslöser, dass es klang wie
Maschinengewehrsalven.
»Das reicht!«,
wiederholte Thaddeus, diesmal mit mehr Nachdruck. Er nahm Serena am Arm und zog
sie über die Straße. »Lass uns abhauen.«
Serena lächelte
immer noch, aber ihre meerblauen Augen huschten ängstlich nach links und
rechts. Wo waren denn nur die ganzen Taxis?
»Wer ist die
Kleine, Thad?«, brüllte der Fotograf. »Von welchem Designer ist der Anzug, den
du anhast?«, fragte er, und sein Lachen klang fast höhnisch. »Du siehst auch
heiß aus, Süße. Von welchem Designer ist dein Kleid?«
Serena hatte ihr
Lieblingssommerkleid aus schwarzer Pique-Baumwolle von Les Best und schwarze
Ballerinas von Capezio an, war aber zu verängstigt, um etwas zu sagen.
»Hey, lass uns in
Ruhe, Typ!«, rief Thaddeus wütend.
Würde er gleich
einen auf Cameron Diaz machen und den Mann verprügeln?
Thaddeus trat
mitten auf die Clinton Street und schwenkte die Arme wie ein auf einer
einsamen Insel Gestrandeter, der versucht, einem Flugzeug Signale zu geben.
Als endlich ein Taxi an den Straßenrand fuhr, schob er Serena auf den Rücksitz,
sprang selbst hinterher und zog die Tür zu. Der Fotograf drückte die Kamera an
die Fensterscheibe und Serena vergrub ihr Gesicht an Thaddeus' starker
Schulter. Sie fühlte sich ein bisschen so, wie Prinzessin Diana sich
wahrscheinlich gefühlt hatte, bevor sie starb.
»Geben Sie Gas,
Mann. Fahren Sie schon!«, schrie Thad den Fahrer an.
Als das Taxi
losfuhr, brüllte der
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