Traeume ernten
commerces sur place ⦠, denke ich seufzend.
Wir fahren weiter, vorbei an den vielen Einkaufsketten, über einen groÃen Kreisverkehr und dann, von einem Hügel aus, sehen wir es: eine weite, offene Landschaft, viel grüner als bei Narbonne. Weingärten gehen über in sanft abfallende, mit Pinien bestandene Hügel. In der Ferne erblicken wir oben auf einer Anhöhe ein sandfarbenes Dorf, dunkle Berge im Hintergrund: Murviel-lès-Béziers. Wir folgen der StraÃe und erreichen die Siedlung. Ich sehe alte Häuser mit runden Türen, einen Platz mit Platanen, dann fahren wir am Friedhof vorbei und verlassen den Ort auf der anderen Seite. »Hier muss es doch irgendwo sein«, sagt Thierry. Er schaut suchend auf die zerknitterte Karte, die auf seinem Schoà liegt, hält kurz am StraÃenrand, dann wendet er und fährt in die entgegengesetzte Richtung weiter.
»Ah voilà !« , sagt er zufrieden, als er einen kleinen Weg bemerkt, der auf den Hügel hinaufführt. Wir folgen dem Pfad und sehen schlieÃlich ein ausgeblichenes braunes Schild am Beginn eines Sandweges: Domaine de Brunet . Das aufgeklebte B von Brunet hat sich gelöst und hängt traurig herab. Am Anfang einer Reihe dunkler Bäume steht ein einbetonierter Stab, an den ein Brett genagelt wurde. Der darauf gemalte Text fordert dazu auf, sich durch Hupen bemerkbar zu machen. Die kräftige Ausführung der Buchstaben lässt darauf schlieÃen, dass hier jemand sehr wütend war. Thierry hupt zweimal vorsichtig â ein Riss in der Stille. Kurz schaut er über die Schulter, als gebiete ihm sein Instinkt, sich den Fluchtweg einzuprägen.
Vor uns im Schatten hockt ein niedriges Haus, das sich hinter einer unordentlichen Anpflanzung und einem riesigen, weitverzweigten Baum versteckt. Die Fensterläden auf der oberen Etage sind geschlossen, ein paar Plastikstühle stehen neben einem gemauerten Grill mit einer Ãberdachung aus Beton. Dann höre ich, wie sich eine Tür öffnet â eine Frau, vielleicht 50 Jahre alt, mit kurzgeschnittenem schwarzem Haar kommt auf uns zu. »Ah, bonjour! Bienvenue!« , begrüÃt sie uns mit einer Herzlichkeit, die im Kontrast zu dem harten Ausdruck in ihren Augen steht. Sie wirft einen flüchtigen Blick auf mich und Aad und beginnt dann, Thierry mit groÃer Gestik und unverkennbarer Erfahrung zu erläutern, wie groÃartig und einzigartig gerade dieses Weingut sei. »Un petit coin du paradis, monsieur!« , sagt sie beinahe vorwurfsvoll. Wir folgen der Frau durch einen unordentlichen Weingarten, in dem ein paar dünne Pfirsichbäume stehen. »Ah, et ça!« , sagt sie, wobei sie mir in die Augen blickt: »Man kann hier selber Marmelade machen. Le bonheur, non ?!«
»Oui, oui, bien sûr« , nicke ich ängstlich und drücke Laartje an mich.
Sie geht vor uns her zum Haus, das einen dunklen, traurigen Eindruck macht, der gröÃte Teil scheint unbewohnt zu sein. Wir laufen eine Böschung aus Kies und groben Steinen hinunter bis zu einer groÃen, schweren Holztür, die die Frau wie auf dem Höhepunkt einer Zaubervorstellung für uns aufschiebt: »Et voilà ⦠la cave!«
Wir blicken in einen dunklen Raum mit einem brüchigen Betonboden und zwei groÃen Holzfässern auf Natursteinsockeln. An der anderen Wand stehen ein paar hohe orange Glasfaser-Fässer, die mit Schlamm besprenkelt sind. Die Presse ist ein rostiger, dunkelrot gestrichener Apparat, der eine gröÃere Wirkung entfalten würde, wenn man Geranien hineinpflanzen und ihn in der Mitte eines Kreisverkehrs aufstellen würde. Ich gehe durch den langgestreckten Raum, betrachte die hohen Wände aus geschichtetem Naturstein, die Decke mit den dicken Holzbalken und stelle erstaunt fest, dass ich mich hier wohler fühle als in den sterilen Hangars voll Edelstahl, die wir heute Morgen gesehen haben. Das Gefühl stellt sich ein, dass wir uns mit diesem Weingut aus der Masse hervorheben könnten â es ist eine Herausforderung.
Als wir hinausgehen, weht ein weicher, warmer Wind, Vögel singen, es riecht nach Thymian und Rosmarin. »Das ist wirklich ein wunderbarer Ort«, sagen Aad und ich, während wir über die Hügel vor uns blicken.
Für Brunet wird ein Preis verlangt, für den man in Bordeaux ein vollständig restauriertes Schloss kaufen könnte. Die Eigentümerin, Madame Ros, ist nicht bereit zu
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