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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasunari Kawabata
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errötenden Wangen genickt. Die Dame indessen erblaßte wie versteinert.
    »Was denn, – bist du nicht eine Arzttochter?«
    (Das ist nicht die Schuld der gnädigen Frau.) Diese Worte des jungen Arztes wurden ihr im Rasen ihres Herzens wieder lebendig. Und dann erinnerte sie sich an den wilden Haß, den sie damals an dem jungen Arzt gespürt hatte. (Marter. Marter. Oh, Vater!) Dabei sagte sie mit bebender Stimme: »Ich warte besser, bis du in deinem Labor den künstlichen Menschen hervorbringst. So ein Kind zu lieben, scheint mir für die Frau eines Embryologen angemessener. Es wäre, finde ich, ein schönes Symbol.«
    »Künstlicher Mensch, – etwa eine Reklamepuppe, wie du sie dir neulich im Kaufaus angesehen hast, die so sehr den seltsam weiblichen indischen Buddhas ähnelte? Das war allerdings ein trauriges Symbol! Ein Ingenieur in einer amerikanischen Elektrogesellschaf, der den Roboterbau weitergetrieben hat, soll sie TeleBox genannt haben, seine Maschinenpuppe. Daß er sie Box nennt, also Schachtel, ist typisch für den Ingenieur. Wenn man es darauf anlegt, einen Maschinenkörper zu schaffen, ihm dann aber eine menschliche Hülle überstülpt, damit er das Gefallen der Betrachter finden soll, – nein, das scheint mir doch Unsinn. Und um Stimmen hervorzubringen, sind Grammophon und Radio nun wirklich weit fortschrittlicher.«
    Als die Dame spürte, wie der Mann davon abließ, sie zu ängstigen, sagte sie mit einer Sanfheit, die sie selber freute: »Versuch es bitte! Nach dem, was du eben gesagt hast, ist mir dein Problem völlig klar: daß eine Frau sich schminkt, scheint dir derselbe Unsinn, wie wenn man einer Maschine eine menschliche Hülle überstülpt. Und so ist es mit den Blüten der Pflanzen, so mit dem Lied der Vögel. Ich meine, du hättest mir einmal gesagt, das Herz, das man einem Hahn aus dem Leib herausgetrennt, habe sich in einer Nährlösung acht Jahre lang am Leben erhalten. Also hast du die Vorstellung, wenn sich nur der Uterus in der Nährlösung am Leben erhalten lasse, werde die Frau nicht mehr nötig sein. Am einfachsten, am natürlichsten ist freilich die Fortpflanzung bei einem Einzellerlebewesen wie etwa der Amöbe, und alle Fortentwicklung des Lebewesens wird demgegenüber zu reinem Blendwerk.«
    »Für die Amöbe gibt es keinen Tod. Sie ist ein schönes Symbol. Bei ihr gibt es keine Eltern und also keine Kinder, keinen Mann und also keine Frau, keinen älteren Bruder und also keinen jüngeren Bruder.« Mit diesen Worten zog sich der Mann das Nachtgewand über, wobei er seine nach starker Laborlösung riechenden Hände der Dame vors Gesicht streckte. Sie band ihre Obi-Schnur ab und reichte sie ihm hin: »Das ist nun Kunstseide.« »Ja, und?«
    »Warum eigentlich stellt man Kunstseide her? Künstlichen Marmor. Künstliche Perlen. Künstliches Leder. Künstliches Schildpatt. Künstlichen Sake. Künstlichen Kaffee. Künstliche Menschen. Armseliger Mensch, daß er nur die Natur imitiert. Ich meine, es müßte etwas geben, das schöner ist als die Natur. Manchmal denke ich, das ist, weil der Mensch so arm ist an Mut zu träumen. Der Traum von der Amöbe, – ist das der Traum der Embryologie?«
    »Was denn?« fragte der Mann auf dem Bett mit einem Gähnen.
    »Ja, du bist müde.« (An die Unsterblichkeit unserer Zellen kraf Fortpflanzung zu glauben. Feuerpfeile des 4. und 5. Jahrhunderts. Spermatozoenmodelle der Säugetiere. Als mein Hundertleib noch nicht der eine war, sahen doch schon längst deine Augen mich, die Frucht im Mutterleib, denn die Tage meines Lebens alle sind eingeschrieben in dein Buch. Durch Bastardbildung die Klassifizierung der Lebewesen zunichte zu machen. Kreisendes Leben im Samsara. Pipette, Fusahime, die die Acht Hunde-Helden gebar. Das Präparat unterm Mikroskop. Laborgeruch, – dann schon, wenn ich mich erinnere an das Glasdach im Gewächshausstil im Garten, das der eine Flügel des Spiegels reflektiert: ich bin fähig, den Rhythmus meines Orgasmus zu töten. Geheime Rache einer Frau.) Und wieder sagte sie mit kindlichem Ausdruck: »Wenn sie in der Welt der Feenmärchen lebten, wo etwa die Hunde junge Pfauen gebären, – die Menschen hätten keine Langeweile. Gautama war ein großer Mann; doch da er es zur Strafe machte, in anderen Wesen wiedergeboren zu werden, war er, scheint mir, weniger gründlich als du.«
    »Damit sollte man nicht spaßen. Selbst ein Doktor Faust dürfe solche Träume kaum geträumt haben. Natürlich kommt es zu einer Befruchtung,

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