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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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»Los, bewegt euch«, schrie er.
    Aufgescheucht rannten alle an den Fluss, füllten ihre Eimer und liefen zurück zur Scheune – das Haus war nicht mehr wichtig, in der Scheune aber lag ihre Zukunft.
    Der Rauch war erstickend, stach in den Augen und erschwerte das Atmen, doch musste das Feuer gelöscht werden – sie mussten die Ernte retten, sonst wäre die Arbeit des vergangenen Jahres umsonst. Die Sträflinge arbeiteten so schwer wie die Brüder, denn ihnen war klar, dass dies auch ihr Lebensunterhalt war, und keiner wollte nach Sydney Town zu den Peitschenhieben zurück.
    Die Flammen breiteten sich aus, weideten sich an dem sonnengebleichten Holz und schlugen noch höher bis an das geteerte Dach. Die Brüder und ihre Sträflinge holten Wasser und rannten, bis ihre Lungen zu bersten drohten und ihre Muskeln schwer wie Blei wurden. Es war ein Kampf gegen die Zeit und das gierige Element, das ihren Lebensunterhalt verschlang. Sie schüttelten Schmerz und Erschöpfung ab und bewegten sich in automatischer Symmetrie zwischen Fluss und Scheune hin und her.
    »Es führt zu nichts«, keuchte George und schüttete noch einen Eimer Wasser in das Inferno. »Wir sind zu wenige, und es dauert zu lange, das Wasser vom Fluss heraufzuholen.«
    »Wir müssen«, rief ihm Ernest über die tosenden Flammen hinweg zu. »Wir schaffen es trotzdem.«
    Die Flammen schlugen noch höher, als das gefräßige Untier sich am Dach zu laben begann und seine Krallen durch die gespaltenen Holzbalken nach dem kostbaren, dahinter lagernden Weizen ausfuhr. Ein Windstoß ließ Funken in den Nachthimmel stieben, und vom Haus her streckte sich ein Flammententakel aus und fuhr züngelnd durch das Gras. Es teilte sich immer wieder, seine Finger bildeten Flüsse im Gras, bis das Ganze ein feuriges Delta war.
    »Pass auf!« George schob Ernest aus dem Weg, als ein wahres Flammentuch aus einem Gummibaum schoss und ihn einzuhüllen drohte.
    Ernest, halb blind vom Rauch, versengt von der Hitze und erschöpft von der qualvollen Arbeit, schlug auf dem Boden auf, wobei sich sein Fußgelenk unter ihm verdrehte. Er stand rasch auf, verkniff sich den Schmerz und wich den vordringenden Flammen und dem brennenden Baum aus.
    Die Menschenkette löste sich auf, als das tosende Inferno näher kam und die Kerosintanks mit ohrenbetäubendem Lärm explodierten. Ernest wusste, dass der Kampf verloren war. »Alle Mann in den Fluss«, schrie er und humpelte ans Ufer. »Rette sich, wer kann!«
    Das Wasser war so warm, als hätte die Kraft des Feuers es erwärmt. Ernest und George wateten hinein und versanken bis zum Hals darin, um Schmutz und Schwäche abzuwaschen und ihre zitternden Muskeln zu entspannen. Die Sträflinge schlossen sich ihnen an; ihre Gesichter waren rußgeschwärzt und in Schweiß gebadet. Sie konnten nichts mehr tun, sondern nur entsetzt und fasziniert zusehen, wie die Scheune zu knarren und unter dem Ansturm zu wanken begann.
    Holzlatten knackten, schwere Balken ächzten – das rasende, lodernde Feuer erstickte sie mit Rauch, der um sie herum wirbelte und Funken weitertrug, die noch mehr Brände entfachen würden.
    Die Wände der Scheune schienen einen Moment zu zögern, dann, als das Dach schließlich nachgab, brachen sie vollends zusammen, Funken stoben in die Nacht, um mit den Sternen zu wetteifern.
    Vögel flogen alarmiert von den Bäumen auf, Kängurus, Wallabys und watschelnde Wombats flüchteten sich an die Sicherheit des Flussufers. Echsen huschten davon, Opossums sprangen mit ihren Jungen auf dem Rücken aus brennenden Zweigen und suchten weiter stromaufwärts Zuflucht.
    Die Flammen fraßen sich weiter vor, breiteten sich aus, tanzten und verschlangen alles, was ihnen im Weg war.
    Als die Sonne schließlich den Himmel erhellte und durch den dicken Rauch drang, der noch immer in der Luft hing, verließen Ernest und sein Bruder ihren provisorischen Unterschlupf und wateten mit ihren Sträflingen zurück durch den Fluss. Stumm und fassungslos betrachteten sie die entsetzliche Szene.
    Das neue Haus war eine verkohlte Ruine, die Scheune und die Sträflingszelte existierten nicht mehr. Die Erde war kohlrabenschwarz, und noch immer tanzten Rauchschwaden in der Morgenbrise. Die drei Kühe und der Bulle waren verschwunden, von den beiden Pferden keine Spur, und die Werkzeuge, die sie besessen hatten, waren mit der Scheune verbrannt.
    »Wenigstens müssen wir das Stück Land nicht roden«, sagte Ernest, als sie die verkohlten Überreste des Waldstücks

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