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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Tag würde sie die Männer nie wiedersehen. »Ja, Euer Ehren«, flüsterte sie. »Die da drüben sind es.« Sie zeigte auf die sechs Angeklagten.
    »Sie müssen schon lauter reden«, sagte der Richter und spähte über den Brillenrand. »Das Gericht muss Ihre Aussage hören.«
    Sie atmete noch einmal tief durch, fest entschlossen, stark zu sein. »Die sind es«, sagte sie laut und klar und deutete erneut auf sie. »Die sechs Männer da drüben.«
    »Danke, meine Liebe. Und wären Sie bitte so nett, uns zu zeigen, welcher Mann den Überfall auf Sie angestiftet hat?«
    Millicent zeigte auf den grinsenden, arroganten jungen Offizier, für den das Ganze anscheinend nichts weiter als ein flüchtiger Spaß war. »Der«, sagte sie mit Nachdruck. »Der da am Ende.«
    »Um Ihnen weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, will ich Sie nicht in den Zeugenstand rufen, sondern möchte Sie bitten, vor Gott zu schwören, dass Ihre Aussage in allen Einzelheiten der Wahrheit entspricht.«
    Millicent war so erleichtert, dass sie beinahe ohnmächtig wurde, doch die Qual war fast überstanden, und mit übermenschlicher Kraft gelang es ihr, aufrecht stehen zu bleiben. Der Gerichtsdiener reichte ihr eine Bibel, die sie fest in die Hand nahm. »Ich schwöre bei Gott, dass meine Aussage stimmt«, sagte sie in den stillen Gerichtssaal hinein.
    »Dem möchte ich vehement widersprechen.«
    Die Stimme kam aus dem hinteren Bereich des Saals, und alle drehten sich um, verblüfft über die Einlassung. Stiefelabsätze knallten auf den Bodenfliesen, als der Mann in die Mitte des Raums schritt.
    »Dieser Prozess ist ein einziger Witz, und Ihre Hauptzeugin ist eine notorische Lügnerin.«
    Millicent erstarrte. Susan umklammerte ihre Hände, Millicent hörte, wie sie nach Luft schnappte, und spürte, wie sie schauderte – doch jeder vernünftige Gedanke war bei seinem Anblick wie weggefegt, und sie konnte ihn nur in sprachlosem Entsetzen anstarren.
    »Ich gestatte derartige Unterbrechungen nicht in meiner Verhandlung«, fuhr Hawkins ihn an und schlug vehement mit dem Hammer auf den Tisch. »Wer sind Sie, Sir? Und was haben Sie hier zu suchen?«
    »Ich bin Jonathan Cadwallader, Earl of Kernow, und ich bin hier, um den guten Namen meiner Familie zu verteidigen nebst dem meines Sohnes Edward.« Er zeigte auf die Hauptfigur in der Reihe der Angeklagten.
    »Verzeihen Sie meine Grobheit, Mylord«, sagte Hawkins, der sogleich eine devote Haltung vor einem Engländer annahm, dessen Ruf als mächtiges, wohlhabendes Mitglied der Aristokratie weltweit bekannt war. »Wenn Sie bitte so freundlich wären, in den Zeugenstand zu treten, damit mein Gerichtsdiener Sie vereidigen kann.«
    Susan starrte Jonathan mit offenem Mund an, die Augen ungläubig aufgerissen, als seine Stimme durch den Saal dröhnte. Sie konnte nicht fassen, was sie sah. Wie war es ihm nur gelungen, unerkannt in den Gerichtssaal zu kommen – noch dazu zu einem so verheerenden Zeitpunkt?
    Rasch warf sie einen Blick auf seinen miesen Sohn, sah, wie sein Grinsen breiter wurde, und fragte sich, ob er gewusst hatte, dass sein Vater ihn retten würde. Aber Jonathan Cadwallader war nicht einmal in Australien gewesen, als der Überfall geschah – das hätte sie gewusst, denn er war einfach nicht zu übersehen.
    »Bitte, sagen Sie dem Gericht, warum Sie sich gezwungen fühlten, heute hier zu erscheinen«, sagte Hawkins. »Mir war nicht einmal bekannt, dass Sie im Land sind.«
    »Ich bin mit der Lady Elizabeth aus Kapstadt gekommen«, erwiderte er. »In den letzten paar Tagen war ich zu Gast beim Gouverneur.«
    Er schaute quer durch den Raum, sah Susan und riss überrascht die Augen auf. Susan bereitete es jedoch nur wenig Genugtuung, als sie sein leichtes Zögern bemerkte, denn Jonathan war schon immer selbstbewusst gewesen und würde die flüchtige Entgleisung schnell überwinden.
    Jonathan schenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Richter. »Mein Schock über die missliche Lage meines Sohnes wurde noch verstärkt, als ich erfuhr, wer seine Anklägerin war, Euer Ehren. Mir war klar, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werden musste, und zwar schnell.«
    Susan hatte Mühe, sich zu beherrschen, als sie ihn im Zeugenstand beobachtete, und versuchte, die verzweifelte Millicent zu trösten. Sie wusste, er würde lügen, dass sich die Balken bogen, nur um seinen Welpen zu retten, weshalb Millicent ein noch härterer Kampf bevorstand.
    Hoch aufgerichtet legte Jonathan Zeugnis ab, seiner Stimme war die

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