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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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zurück, um das Treiben rund um das Schiff zu beobachten.
    Man hatte die Endeavour hoch auf die Sandbank gezogen, damit die Reparaturarbeiten beginnen konnten. Selbst er sah, dass es eine Weile dauern würde, das Schiff wieder seeklar zu machen. Wenigstens stand viel stabiles Holz zur Verfügung. Dieser heißen, sandigen, tropischen Flussmündung je wieder zu entkommen, hing davon ab, ob sie einen Weg fänden durch das große Korallenriff, das sich wie ein Hindernis vor der gesamten Küste bis in den Norden zu erstrecken schien. Cook würde seinen ganzen Verstand brauchen, wenn sie unversehrt in die tieferen Gewässer des Ozeans segeln wollten.
    Josiah unterbrach Jonathans Gedanken: Er stapfte durch den Sand und klappte plötzlich neben ihm zusammen. Er trug noch immer den dicken Überzieher, hatte jedoch mit Rücksicht auf die zermürbende Hitze Weste und Perücke abgelegt. »Cook und Tupaia werden versuchen, Kontakt mit den Eingeborenen aufzunehmen«, grummelte er mit finsterem Blick auf die Bäume. »Sie beobachten uns, seit wir in die Flussmündung eingelaufen sind.«
    Jonathan nickte. »Die Einheimischen in Botany Bay waren doch ganz freundlich. Ich wüsste nicht, warum es hier anders sein sollte.«
    Josiah zog sich den Hut tiefer ins Gesicht, während er die zwischen den Bäumen huschenden schwarzen Schatten betrachtete. »Erinnert mich an meine Kindheit«, murmelte er.
    Jonathan schaute ihn fragend an.
    »Der Wildhüter legte zu Beginn des Frühjahrs immer Futter für das Rotwild aus«, erklärte er. »Zuerst kamen die Hirsche aus dem Wald. Sie schnupperten in der Luft, prahlten mit ihrem Geweih und waren auf der Hut.« Er deutete mit dem Kopf auf die einheimischen Männer mit ihren Speeren. »Genau wie die da.« Er lachte kurz auf. »Dann kamen die Hirschkühe zögernd, wachsam und langsam aus dem Wald, bereit, beim kleinsten Geräusch zu fliehen. Ihnen folgten die Rehkitze, die in einem Wirrwarr aus unkoordinierten Beinen und zuckenden Schwänzen herausbrachen.« Mit dem Taschentuch tupfte er sich den Schweiß von den Augen. »Ein herrlicher Anblick, dessen ich nie müde wurde.«
    Jonathan verstand, warum sein Onkel diesen Vergleich gewählt hatte. In den letzten beiden Tagen hatten sich die Frauen den einheimischen Männern angeschlossen, und nun sah er die huschenden Schatten von Kindern, die hinter dem Rücken ihrer Eltern oder hoch aus den Bäumen zu ihnen herüberspähten. Er lächelte, denn er sah reine Neugier in ihren kleinen Gesichtern, wenn sie die Endeavour und die an ihr arbeitenden Männer ehrfürchtig betrachteten. Sie sahen aus wie lebhafte kleine Teufel mit ebenso wirrem Haar, großen Augen und hageren Gliedmaßen wie die Kinder in Botany Bay.
    Er hatte Bücher über das Thema gelesen und war fasziniert davon, wie stark sie sich von den Schwarzen in Afrika unterschieden. Diese Einheimischen waren schlanker gebaut und von kleinerer Statur. Statt der fest gelockten schwarzen Haarpracht der Afrikaner war ihr Haar zuweilen glatt und strähnig, zuweilen kurz und kraus, oder es lag ihnen wie ein Heiligenschein wirr um den Kopf.
    Josiah und Jonathan erhoben sich, als Lieutenant Cook, Tupaia und drei Schiffsoffiziere aus der Endeavour auftauchten und langsam auf den Waldrand zugingen. Es war an der Zeit für einen ersten Kontakt, und sie würden bald schon wissen, ob sie hier willkommen waren.
    Passagiere und Mannschaft hielten in ihrer Beschäftigung inne und bauten sich, die Hände an Gewehren und Entermessern, in einer schützenden Reihe vor ihrem Schiff auf. Banks’ Hunde zerrten an den Leinen, jaulten, kläfften und ließen die Zunge heraushängen, als sie Abwechslung witterten.
    »Ich hoffe nur, er hält die verdammten Biester im Zaum«, knurrte Josiah. »Ein Biss ins Fußgelenk eines Eingeborenen, und wir werden am Ende noch alle massakriert.«
    Anabarru und die anderen Frauen konnten ihre Neugier nicht länger zügeln und waren früh am Morgen zu ihren Männern geschlichen, um einen Blick auf das seltsame Ding am Ufer zu werfen. Bald gesellten sich auch ihre Kinder zu ihnen, die trotz strenger Warnungen herumliefen, bis sie von den Ältesten zur Vernunft ermahnt wurden.
    Anabarru trug den Kleinen auf dem Arm, Birranulu aber weigerte sich, ihre Hand zu nehmen, und schoss zwischen den Bäumen hin und her. Sie war nicht die Einzige, denn alle Kinder waren neugierig – und furchtlos –, auch als die dalkans an Leinen herausgeführt wurden. Es waren eigenartig aussehende Dingos –

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