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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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langbeinig und dünn mit spitzer Nase und Schlappohren und seltsam grauem Fell. Außerdem machten sie komische Geräusche, nicht wie das leise Puffen der einheimischen Hunde; sie schlugen am Ende der Leine mit den Pfoten in die Luft, als wollten sie den Beobachtern an die Kehle springen.
    Anabarru lugte hinter den Bäumen hervor; Watpipa und die Ältesten traten nervös von einem Bein auf das andere. Das Kanu war riesig. Als der heiße Wind an den Seilen zerrte, die an die blattlosen Bäume gebunden waren, sah es aus wie eine zusammengerollte Riesenschlange, die bereit war, loszuschlagen. Anabarru beobachtete die Männer, die über das Kanu und zu den gefalteten Flügeln hinaufkletterten, und schauderte angstvoll vor deren gespenstischen Gesichtern. Das große Kanu wurde von den Geistern der Toten benutzt. Vielleicht war es ein Zeichen der Urahnen, dass das Ende der Welt kurz bevorstand. Womöglich lauerte das Böse doch hier, obwohl sie den Stein zurückgebracht hatte.
    Sie schaute sich nach ihrer Tochter um, doch die Dreijährige hatte ihre Schüchternheit abgelegt und schwätzte ausgelassen mit ihren Freunden auf dem Ast eines Baumes ganz in der Nähe. Aufgeregt kommentierten sie die merkwürdigen Vorgänge mit Gesten und Ausrufen. Die Kinder hatten überhaupt keine Angst, und Anabarru wunderte sich darüber. Den Kleinen fest an sich gedrückt, war sie im Begriff, Birranulu vom Baum zu ziehen, als die erregten Stimmen der Männer sie davon abhielten. Sie drehte sich um und sah, dass sich die Ältesten eng zusammengestellt hatten, Schilde und Speere in Bereitschaft haltend. Mit einem Blick auf den Strand war ihr auch klar, warum. Ein Geistertrupp kam auf sie zu.
    Anabarru war hin und her gerissen. Sie wollte zurückweichen und sich zwischen die anderen Frauen unter den Bäumen mischen, doch Birranulu saß auf einem Ast außer Reichweite, und sie konnte sie nicht zurücklassen. Sie warf ihrem Mann einen Hilfe suchenden Blick zu, doch er stand dicht bei den anderen Ältesten und konzentrierte sich ebenfalls auf die sich nähernden Männer. Als Frau eines Ältesten erwartete man von ihr, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn ihr Mann keine Angst hatte, dann blieb ihr nichts anderes übrig, als sich neben ihn zu stellen – zumindest ein Stück hinter ihn.
    Eine fieberhafte leise Debatte entstand unter den Ältesten, als die Fremden näher kamen. Anabarru schwankte unsicher hinter Watpipa, den Kleinen auf der Hüfte, den Blick auf die Gesichter dieser gespenstischen Männer gerichtet. Ihre Augen blieben an dem kleineren Mann hängen, der sie anführte, denn er trug keine fremden Häute am Körper und keine Kopfbedeckung. Sie wurde neugierig, denn das war kein Geist. Seine Haut war dunkler, wenn auch nicht so dunkel wie ihre, und seine Haare waren schwarz und lang und reichten ihm fast bis zur Taille. Er war nackt bis auf eine Art Bastrock, der seine Hüften umgürtete und auf die bloßen Füße reichte. Er war breit gebaut und geschmeidig, seine Brust- und Armmuskeln schimmerten in der Sonne, als hätte er sich mit Tierfett eingerieben.
    Watpipa trat gleichzeitig mit den anderen Ältesten unter den Bäumen hervor ins gleißende Sonnenlicht. Stolz und angespannt stellten sie sich auf, Schilde und Speere bereit zum Angriff. »Wer seid ihr, und was wollt ihr?«, fragte Watpipa. »Als ihr auf unser heiliges Land getreten seid, habt ihr Stammesrecht gebrochen.«
    Anabarru lauschte, als der dunkelhäutigere Mann etwas sagte, doch seine Worte klangen fremd, und sie konnte ihn nicht verstehen. Dann sprach ein sehr großer Mann mit langem braunem Haar und einer komischen Kopfbedeckung – doch auch ihn verstand sie nicht. Schließlich setzten sich die Männer aus dem Kanu in den Sand und luden mit einer Reihe von freundlichen Gesten die Ältesten ein, sich zu ihnen zu setzen.
    Die Sonne stand hoch, und die Spannung stieg an. Anabarru hörte das hitzige Stimmengewirr der Ältesten und wusste, sie waren auf der Hut vor diesen Fremden, auch wenn sie nach außen hin freundlich daherkamen. Ihre Augen weiteten sich vor Angst, als Watpipa die Ältesten aus dem schützenden Wald auf die im Sand sitzende Gruppe zuführte.
    Anabarru spürte, wie die Spannung nachließ, als ihr Mann und die anderen langsam die Speere senkten und sich in den Sand hockten. Watpipa hatte keine Angst. Es könnte nicht schaden, wenn sie ein wenig näher herankroch und die Unterhaltung der Männer belauschte.
    Bedächtig verließen sie, die anderen Frauen und

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