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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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auf das Ende der Welt vorzubereiten.
    Anabarru wiegte ihren kleinen Sohn und zog ihre Tochter an ihre Seite. Sie hatte entsetzliche Angst um sie und um sich. Sie wollte nicht sterben – wollte nicht das Ende der Welt erleben, bevor sie ihre Kinder hatte heranwachsen sehen. Ihr Mann, Watpipa, erhob sich und trat in den Kreis der Ältesten. In den vergangenen Jahren war er ein geachteter Mann geworden, und wie sein berühmter Vorfahr Djanay war er nun der Anführer des Rates. Djanays Geist lebte in ihm, denn er war ein kluger Mann, dessen sichere Ausstrahlung die wütenden Stimmen rasch zur Ruhe brachte und die erhitzten Gemüter beschwichtigte.
    »Wir müssen uns an die Geschichten der Urahnen erinnern«, sagte er ruhig in die Stille hinein. »Sie haben uns von diesen Kanus mit den Flügeln von Seevögeln und von den Männern, die darin fahren, berichtet. Diese Männer jagten nur die besonderen Muscheln, und unser Volk lebte mit ihnen in Frieden. Die Geister der Vorfahren hingegen besuchen uns nicht in Menschengestalt, sondern als Licht am Himmel oder als Atemhauch eines starken Windes.« Langsam drehte er sich im Kreis und sah jeden Ältesten einzeln an. »Wir werden wissen, wann das Ende der Welt gekommen ist, denn die Geister werden uns ein Zeichen zur Warnung schicken – und das haben sie bis jetzt nicht getan.«
    »Das Kanu ist ein Zeichen«, unterbrach ihn einer der jüngeren Männer.
    Watpipas Miene verhärtete sich, als ein zustimmendes Raunen durch den Kreis lief. »Du redest so, weil du Blut vergießen, Angst und Schrecken über unser Volk bringen willst. Wenn die Geister verärgert wären, würden sie die Erde erbeben und Feuer vom Himmel fallen lassen – und nicht ein von Menschenhand gebautes Kanu.«
    »Was sollen wir denn deiner Meinung nach tun?«, fragte der älteste Mann im Kreis. »Das Kanu liegt im Fluss auf dem Strand. Unser geheiligtes Land ist bereits verletzt worden.«
    »Wir sind Jäger«, sagte Watpipa. »Wir haben bei der Initiation gelernt, dass wir uns still wie eine Schlange bewegen, leise wie ein Ameisenhaufen und schlau wie ein Opossum sein müssen. Wir lernen die Eigenarten aller Tiere und Pflanzen in unserer Umgebung, lesen ihre Zeichen und wissen alles über sie, damit wir überleben. Genau so ist es mit diesem Kanu. Sobald wir wissen und verstehen, was es bringt, können wir entscheiden, ob es eine Bedrohung darstellt oder nicht.«
    Anabarrus Seufzer strich durch die Haare ihres kleinen Kindes, als die Ältesten schließlich übereinkamen, seinem Rat zu folgen. Das Ende der Welt war nicht gekommen, und sie hatten die Geister der Urahnen nicht erzürnt. Dennoch ging ihr der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass sie die Heiligen noch nicht zufriedengestellt und deshalb dem Stamm diesen Ärger eingehandelt, ja, Zwietracht in ihr Volk gesät hatte.
    Sie erhob sich und setzte sich den Kleinen auf die Hüfte. Birranulu klammerte sich an ihre Hand. Das Kind war jetzt drei Jahre alt; sie war ein schüchternes, nervöses kleines Mädchen, das seiner Mutter kaum von der Seite wich. Anabarru fragte sich, ob sie sich wohl noch an den schrecklichen Tag am Strand erinnerte. Ihr hatte er sich tief eingeprägt. Selbst jetzt wachte sie nachts noch von Alpträumen auf und zitterte vor Angst.
    Aus dem Schatten der Bäume heraus beobachtete sie, wie die Männer zu ihren Speeren griffen und zum Wald gingen, der sich bis ans Flussufer erstreckte. Jetzt wusste sie, was sie zu tun hatte. Sie lief zu Watpipas Mutter. Die alte Frau hatte die Kinder um sich geschart, weil ihre Mütter auf die Suche nach dem dicken Barramundi gingen, einem Fisch, der in den Untiefen weiter flussaufwärts lebte. Sie hatte gerade die Traumzeitlegende von Otchout, dem Vater aller großen Dorsche, zu erzählen begonnen, und die Kinder lauschten ihr wie gebannt.
    Anabarru lächelte ihr dankbar zu und ließ die beiden Kinder bei ihr; dann suchte sie ihren Bastbeutel, ihren Grabstock und den kurzen Speer zusammen und eilte den anderen nach. Sobald sie jedoch außer Sichtweite des Lagers war, nahm sie einen anderen Pfad: Ihr Ziel lag weit hinter dem Lagerplatz mitten im Busch. Der Weg erinnerte sie an den, den sie vor langer Zeit gegangen war, um das Ritual der Reinigung zu vollziehen. Als sie endlich die Geburtshöhle erreichte und die altehrwürdigen Gebete sprach, überlief sie ein Schauer der Vorahnung.
    Sie kletterte in die verlassene Höhle und kauerte sich an eine von der Sonne beschienene Stelle. Sie umschlang ihre Knie,

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