Träume wie Gold: Roman (German Edition)
sich die kinnlange Mähne aus dem Gesicht und meinte nickend: »Ich glaube, fürs Erste habe ich genug gesehen.«
Nach einem kurzen Blick auf ihre Uhr stellte Dora fest, dass sich in diesem Augenblick der Vorhang für die Matinee im Liberty Theater heben musste. Tja, dachte sie im Stillen, Showbusiness ist eben Showbusiness. Sie hätte sich vor lauter Vorfreude auf die Auktion am liebsten die Hände gerieben.
»Wir suchen uns am besten bald einen Platz, bevor …, nein, warte!« Ihre braunen Augen leuchteten begeistert auf. »Sieh dir das an!«
Kaum hatte Lea sich umgedreht, da flitzte Dora schon los.
Ein Bild hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Es war ein relativ kleines Gemälde in einem eleganten Elfenbeinrahmen. Auf der Leinwand zeigte sich ein intensives Farbenspiel, gewagte Pinselstriche in Karmesinrot und Türkis, dazwischen ein Klecks Zitronengelb und ein smaragdblauer Wischer. Dora spürte die Kraft und das Feuer dieses Bildes, dem sie ebenso wenig widerstehen konnte wie einem Sonderangebot.
Sie lächelte den Jungen an, der das Bild gerade an die Wand lehnte. »Du hältst es verkehrt herum.«
»Was?« Der stämmige Bursche drehte sich um und wurde knallrot. Er war nicht älter als siebzehn, und Doras Lächeln brachte sein Blut in Wallung. »Äh, nein, Ma’am.« Sein Adamsapfel hüpfte vor Verlegenheit, als er das Bild umdrehte, um ihr den Haken zu zeigen.
»Mmmh.« Wenn es ihr gehörte – und das würde es mit Sicherheit am Ende des Nachmittags – würde sie das ändern.
»Die, äh, die Lieferung kam gerade erst herein.«
»Verstehe.« Sie trat einen Schritt näher. »Sind ein paar recht interessante Stücke dabei«, sagte sie und hob die Skulptur eines traurig dreinblickenden Bassets hoch, der in liegender Position dargestellt war. Die Skulptur war schwerer, als sie erwartet hatte, und sie presste die Lippen zusammen, als sie diese umdrehte, um sie genauer zu betrachten. Kein Name und kein Datum, stellte sie fest, wirklich eine ausgezeichnete Arbeit.
»Kitschig genug für deinen Geschmack?«, erkundigte sich Lea.
»Gerade eben. Gäbe einen tollen Türstopper ab.« Nachdem sie den Basset wieder zurückgestellt hatte, griff sie eifrig nach der Statuette eines Walzer tanzenden und im Stil der dreißiger Jahre gekleideten Paares. Doch stattdessen traf ihre Hand auf dicke, knotige Finger. »Verzeihung«, murmelte sie, als sie zu einem älteren Mann aufblickte, der eine Brille trug und sie eindringlich musterte.
»Hübsch, nicht?«, fragte er sie. »Meine Frau hatte fast die Gleiche. Ging bei einer Balgerei unserer Kinder aber leider zu Bruch.« Er grinste und entblößte dabei zwei etwas zu weiße und zu ebenmäßige Zahnreihen. Er trug eine rote Fliege und roch wie eine Pfefferminzstange. Dora erwiderte sein Lächeln.
»Sind Sie Sammler?«
»Könnte man so sagen.« Er stellte die Statuette ab, wobei er die übrigen Exponate mit einem raschen, erfahrenen Blick überflog, Preise abschätzte, sie katalogisierte, als uninteressant abstempelte. »Ich bin Tom Ashworth, habe einen Laden in Front Royal.« Er zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche und reichte sie Dora. »Im Laufe der Jahre hatte sich bei uns so viel Krimskrams angesammelt, dass es nur zwei Möglichkeiten gab: einen Laden aufzumachen oder ein größeres Haus zu kaufen.«
»Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich bin Dora
Conroy.« Sie streckte ihre Hand aus, die sogleich kräftig geschüttelt wurde. »Ich habe einen Laden in Philadelphia.«
»Dachte mir schon, dass Sie Profi sind.« Er blinzelte sie erfreut an. »Hab’ ich sofort gemerkt. Kann mich aber nicht erinnern, Sie schon einmal auf einer von Porters Auktionen gesehen zu haben.«
»Nein, ich bin zum ersten Mal hier. Es ist nicht der nächste Weg von Philadelphia, und die Fahrt hierher war eigentlich eine ganz spontane Entscheidung. Ich habe meine Schwester überredet mitzukommen. Lea, Tom Ashworth.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits.« Ashworth tätschelte Leas eiskalte Hand. »Zu dieser Jahreszeit wird es hier drinnen nie richtig warm. Schätze, Porter glaubt, dass die Versteigerung für eine etwas höhere Raumtemperatur sorgen wird.«
»Hoffentlich behält er Recht.« Leas Zehen in den dünnen Lederstiefeln fühlten sich an wie Eiszapfen. »Sind Sie schon lange im Geschäft, Mr. Ashworth?«
»Bald vierzig Jahre. Meine Frau hat damit angefangen, hat Puppen und Schals gehäkelt, und was weiß ich noch alles, und dann
Weitere Kostenlose Bücher