Traeume wie Samt
Büroangestellten anzuziehen, die ihr mitgebrachtes Mittagessen auf den Stufen verzehrten. Zinnia ging auf eine lange Kreuzfahrt.
Schließlich erhielt Jasper ein einträgliches Patent für sein Industrierobotersystem. Er hatte Mollys Vorschlag befolgt, die Rechte als Lizenz an eine dynamische junge Firma in Oregon zu verkaufen. Jetzt flossen hohe Summen auf die Konten der Familie. Plötzlich war so viel Geld vorhanden, daß nicht einmal Jasper und sein Bruder es verpulvern konnten, bevor sie bei ihrem Experiment mit dem muskelkraftbetriebenen Fluggerät ums Leben kamen. Jasper hinterließ seinen Töchtern ein beträchtliches Einkommen an Lizenzgebühren, das noch über Jahre gesichert sein würde. Und die Idee einer Abberwick-Stiftung, die Molly großes Kopfzerbrechen bereitete.
Tessa war damit beschäftigt, den Tee für den Verkauf an der Bar aufzugießen. »Erzähl mir mehr von dieser aufregenden Verabredung mit Trevelyan.«
»Da gibt es nichts zu erzählen«, entgegnete Molly. »Ich bin noch nicht mit ihm ausgegangen.«
»Freitag abend spielt Ruby Sweet im Cave«, sagte Tessa unbefangen. »Du könntest ihn dorthin mitnehmen und einen ausgelassenen Abend mit ihm verbringen.«
»Ich habe das unbestimmte Gefühl, daß das Cave nicht besonders gut zu Harry paßt.«
»Ich begreife es noch immer nicht. Was hat dich dazu gebracht, dieser Verabredung …« Tessas Frage wurde von einem ohrenbetäubenden Krachen unterbrochen.
Molly fuhr herum und sah auf die geschlossene Tür zu ihrem Büro. »O nein, nicht schon wieder!« Sie stürzte vor und riß die Tür auf. Ihre Schwester Kelsey sah von dem Wrack ihres jüngsten Prototypen auf, ein Gerät, das als Spender für gemahlene Gewürze hätte dienen sollen. Durch die feinstaubige Salbeiwolke konnte Molly ihre Schwester kaum erkennen. »Was ist passiert?«
»Ein kleines Problem mit der Technik«, keuchte Kelsey. »Halt dir die Nase zu, schnell.«
Es war zu spät. Der Salbei drang in Mollys Nase, und sie mußte niesen. Tränen traten ihr in die Augen. Sie eilte in ihr Büro und schlug die Tür hinter sich zu, um zu verhindern, daß sich der Gewürzstaub im vorderen Ladenbereich ausbreitete. Mit einem Sprung war sie bei ihrem Schreibtisch, zog ein Papiertaschentuch aus der Schachtel und hielt es sich vor die Nase, während sie darauf wartete, daß sich die feingeriebenen Salbeiblätter langsam setzten.
»Tut mir leid.« Kelsey nieste in ihr Taschentuch. »Heute hätte ich es wirklich beinahe geschafft. Das nächste Mal klappt es ganz bestimmt.«
Im Laufe der Jahre hatte Molly diese Worte tausendmal gehört. Ihr Vater und Onkel Julius hatten sie wie eine Litanei wiederholt. Heute hätte ich es wirklich beinahe geschafft. Das nächste Mal klappt es ganz bestimmt. Molly hatte damals überlegt, ob sie diese Sätze als eine Art Familienmotto über dem Abberwick-Familiensitz anbringen lassen sollte. Doch manchmal hatten sich diese berüchtigten Versprechen tatsächlich bewahrheitet. So waren die Abberwicks.
»Lage normal«, murmelte Molly. Sie mußte wieder niesen. Aus ihren Augen liefen Tränen. Sie schniefte laut und zog weitere Tücher aus der Schachtel.
Kelsey wischte sich ebenfalls die Augen und sandte Molly dann ein entschuldigendes Lächeln zu. Als sie die Lippen auseinanderzog, wurde das perfekte Ergebnis einer mehrere tausend Dollar teuren kieferorthopädischen Behandlung sichtbar, die Molly ihrer Schwester vor einigen Jahren spendiert hatte. Molly bewunderte die gerichteten Zähne kurz. Als sie ein Teenager gewesen war, hatte sich die Familie einen derartigen Luxus nicht leisten können. So waren Molly die beiden leicht schiefstehenden Vorderzähne geblieben.
»Alles in Ordnung?« fragte Kelsey.
»Meine Nasenhöhlen sind für die nächsten sechs Monate sicher genügend durchgepustet.« Molly wischte das Salbeipulver von ihrem Bürostuhl und setzte sich. Dann warf sie einen kurzen Blick auf den Gewürzspender. Die Maschine bestand aus einer Reihe Plastikröhren und Hebel, über die das getrocknete und gemahlene Gewürz ausgegeben wurde. Der kleine Motor, der den Spender antrieb, lag als rauchendes Wrack auf einer Tischseite. »Was ist schiefgegangen?« fragte sie.
Wie ein Gerichtsmediziner, der eine Leiche untersuchte, beugte sich Kelsey über die Reste ihrer Erfindung. »Ich schätze, der pulverisierte Salbei ist irgendwie in den Motor gesaugt worden und hat ihn verstopft.«
»Ich verstehe.« Es gab keinen Grund, sich über ein Vorkommnis dieser Art
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