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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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überlebt.«
    Als Molly sich vorbeugte und die Arme auf der Tischplatte verschränkte, flatterte ihr Haar im Wind. »Vielleicht besitzen wir mehr Gemeinsamkeiten, als wir zuerst dachten.«
    Harry sah in ihre klaren Augen und spürte wieder den verzweifelten Hunger in sich aufsteigen. Entschlossen kämpfte er ihn nieder, denn ab jetzt mußte er jedes Risiko vermeiden. In der vergangenen Nacht hatte er Glück gehabt, daß Molly ihn für krank gehalten hatte. Noch einmal durfte er die Kontrolle über sich nicht verlieren. Zumindest nicht, bis er absolut sicher war, daß sie das Fremde in ihm nicht spürte. »Vielleicht hast du recht«, stimmte er zu.
    »Vor achtzehn Monaten wollte Gordon Geld für seine Expansionspläne«, sagte Molly ruhig. »Als er es nicht von mir bekam, überredete er eine Bank, ihm den Kredit zu geben. Innerhalb von drei Monaten eröffnete er vier neue Bars. Das war zu schnell hintereinander. Das Unternehmen bricht langsam zusammen. Er braucht mehr Geld, um flüssig zu bleiben, und die Bank wird ihm keinen Cent mehr leihen.«
    »Also ist er zu dir gekommen.«
    »Ja.«
    »Aber diesmal«, sagte Harry vorsichtig, »weißt du, worauf er aus ist.«
    »Ja.«
    Harry sah auf die Elliot Bay hinaus. »Hast du dir jemals gewünscht, die Sache zwischen Gordon und dir wäre anders gelaufen?«
    »Ich glaube, ich kann mit großer Sicherheit sagen, daß Gordon und ich nicht lange ein Paar geblieben wären.«
    Harry sah Molly an und erkannte den aufbrechenden Zorn in ihren Augen. »Warum nicht?«
    »Es tut mir leid, wenn ich wählerisch klinge, aber ich kann mir nicht vorstellen, mit einem Mann zu schlafen, der in den intimsten Augenblicken wie eine Espressomaschine klingt. Da habe ich andere Vorstellungen.«
    Erleichterung durchfloß Harry. »Ich werde mich bemühen, nicht im falschen Moment zu zischen.«
     
    Harry studierte die zu dem Antrag gehörenden Zeichnungen, die auf seinem Schreibtisch ausgebreitet lagen. Die Skizze zeigte eine Vorrichtung, die angeblich Sonnenenergie sammelte, um ein Auto zu betreiben. Harry hatte den Antrag abgelehnt, weil die Erfindung theoretisch und technologisch auf allzu einfachen Grundlagen basierte. Die Idee war nicht originell genug, und die ingenieurtechnischen Fähigkeiten des Erfinders ließen allem Anschein nach ebenfalls zu wünschen übrig.
    Die Person, die die Schreckschußwaffe und die Gespensterpuppe unter dem Bett montiert hatte, brauchte kein originell denkendes Genie zu sein, erinnerte Harry sich. Es reichte, wenn sie eine gewisse Geschicklichkeit besaß, ohne besonders erfinderisch zu sein. Darin lag ein großer Unterschied. Um seine bösartigen Scherzartikel zu bauen, hatte der verärgerte Erfinder ein gewöhnliches Konzept und erprobte Technik angewendet. So gesehen konnte der Planer des mit Sonnenenergie betriebenen Autos auch hinter den Konstruktionen stehen, die Molly erschreckt hatten. Aber etwas paßte nicht. Etwas fühlte sich seltsam an.
    Harry legte den Antrag beiseite und wandte sich dem nächsten Hefter auf dem Stapel zu. Beinahe die Hälfte der einhundert Dokumente auf seinem Schreibtisch hatte er durchgearbeitet, und er beabsichtigte weiterzumachen, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Irgendwo hier lag der Schlüssel. Davon war er fest überzeugt.
    Molly saß an einem Glastisch in der Nähe des Aquariums und sah von ihrem kleinen Computer auf. »Hattest du Glück?«
    »Nein.« Harry überflog das Deckblatt des nächsten Antrags. »Aber ich werde ihn finden. Ich bin ein geduldiger Mann.«
    Molly verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht, ob Geduld eine Tugend ist.«
    »Die Vorbereitung der Vorlesungen lasse ich heute abend ausfallen. Ich habe Wichtigeres zu tun.«
    »Danke.« Mollys Gesichtsausdruck wurde ernst, und sie betrachtete Harry mit einem besorgten Blick. »Das geht wirklich über deine Pflichten hinaus, Harry. Du wirst nicht dafür bezahlt, diesen Kerl zu finden.«
    »Vergiß es«, entgegnete Harry. »Dieser Bastard ist hier irgendwo, und ich werde ihn ausgraben.« Er drehte das Deckblatt des Antrags um und konzentrierte sich auf die Zeichnung eines windgetriebenen Generators.
    Molly beschäftigte sich wieder mit ihrem Laptop.
    Ein geselliges Schweigen breitete sich im Arbeitszimmer aus. Harry wurde sich bewußt, daß er diese Stille allmählich für selbstverständlich hielt. Er machte sich keine Sorgen mehr, daß Molly gekränkt sein könnte, wenn er in seine Gedanken versank. Sie schien selbst immer genug zu tun zu haben. Er brauchte sie

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