Träume(h)r (German Edition)
der gerade seine Pistolen in dessen Richtung abfeuert, gebärdet zu haben. Im Vorbeigehen konnte er noch das erschrockene Gesicht des in der Ecke stehenden Professors erkennen, der nun aussah, als hätte ihm jemand ohne Vorwarnung den Daumen in den Arsch gerammt.
Das müsste reichen, dachte sich Marc, nachdem er das Gebäude verlassen hatte, um draußen in der frischen Luft zur Beruhigung erst einmal einen tiefen Atemzug zu nehmen.
Ole brauchte keine fünf Minuten, bis er bei ihm war.
»Alter, du bist mein Held! Du bist der verdammte Rebell, den diese Gesellschaft gebraucht hat. Nachdem du weg warst, saßen alle wie versteinert auf ihren Plätzen. Das wird keiner von denen jemals vergessen. Vor allem Söring nicht. Und dein John Wayne-Move. Der Knaller, ich bin sprachlos!«
Marc wurde von der Reaktion seines Freundes überrumpelt. Vielleicht hatte er doch etwas zu dick aufgetragen, wenn man unter diesen Umstände überhaupt hätte zu dick auftragen können.
»Ich konnte nicht anders«, erklärte er.
»Wenn du dir mal anhörst, was der Typ zu mir gesagt hat und vor allem wie er es gesagt hat. Mit so einem bösen Funkeln in den Augen. Als sei er der ungeborene Sohn von Lord Voldemort und Sauron.«
Ole lachte bei der Beschreibung seines Kumpels auf, aber es stimmte. Gegen diesen Quacksalber war Patrick Bateman, der psychopathische Geschäftsmann aus dem Roman »American Psycho« ein wahrer Daumenlutscher.
»Ich wette das Auto ist nur die Spitze des Eisberges gewesen. Es kommt sicher noch viel mehr ans Tageslicht, wenn seine Fassade erst einmal anfängt zu bröckeln!«
Ole schaute ihn mit verschwörerischem Blick an.
»Keine Sorge! Wenn man etwas Dreck findet, will man auch wissen, wo er herkommt, damit man den Rest beseitigen kann. Tyler_Durden87 wird heute die Story veröffentlichen und ganz sicher werden sich auch die Großen auf unseren Professor stürzen, sobald die Wahrheit bis zu denen durchgedrungen ist. Ein gefundenes Fressen für die Presse. Der Typ wird einen Sack aus Leder brauchen, um durchzustehen, was auf ihn zukommt!«
Marc gefiel der Optimismus seines Freundes. Am liebsten hätte er jetzt gemeinsam mit ihm ein paar Flaschen Bier geleert und Oles Suffgeschichten gelauscht, aber zuvor musste er noch etwas erledigen.
Der finale Schritt wartete. Er nahm Kurs auf das Gebäude der Universitätsverwaltung und Ole folgte ihm ohne Widerrede. Nach nur fünfhundert Metern blieb der blonde Riese abrupt stehen, wobei er fast eine Radfahrerin hinter sich zu Fall gebracht hätte. Er sah Marc fragend an.
»Wohin gehst du eigentlich, du Spinner? Da hinten steht unser Auto«, er zeigte mit seinem Arm in die entgegengesetzte Richtung, »und ich folge dir auch noch. Bist wohl ganz verwirrt durch deinen James Dean Auftritt heute!«
Marc wusste ganz genau, was er tun wollte. Söring hatte heute eine Entscheidung in ihm forciert. Einen Entschluss, den Marc vermutlich niemals ohne die Hilfe des zwielichtigen Professors hätte treffen können. Wofür er ihm sogar irgendwie dankbar war.
Es hatte sich bisher immer so angefühlt, wie am Rande einer Klippe zu stehen. Man traute sich zwar nach unten zu sehen, aber beim Anblick der atemberaubenden Höhe, in der man sich befand, erstarrte der Körper augenblicklich vor Angst. In dieser Angststarre war Marc, seitdem die ersten Zweifel an seinem Studium aufgekommen waren, gefangen. Er hatte niemals geahnt, dass ihn nur jemand hätte drängen müssen und vor allem, dass dieser Jemand letzten Endes Christian Söring sein würde. Marc bekam zudem nicht nur einen leichten Stoß versetzt, sondern wurde mit einem martialischen Hieb hunderte Meter weit in die tosenden Wellen des Ozeans hinauskatapultiert.
Von der klaren, ernüchternden Flüssigkeit erleuchtet, öffneten sich seine Augen schlagartig und sahen im Inneren die langersehnte Master-Urkunde, die das holzgetäfelte Arbeitszimmer schmücken sollte, lichterloh im Feuer brennen, bis von ihr nur noch ein Häufchen Asche übrig war.
»Ich weiß genau, wohin ich will!«, antwortete Marc bestimmt. Man hätte fast die Entschlossenheit in seinem Blick greifen können.
»Nächster Punkt auf der To-Do-Liste ist die Exmatrikulation!«
Bei dem Wort erinnerte sich Marc daran irgendwo einmal gelesen zu haben, dass besonders wichtige Größen unserer Zeit, wie Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg ebenfalls ihr Studium abgebrochen hatten und gerade deswegen ein sehr gelungenes Leben führten.
Währenddessen brauchte Ole etwas,
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