Träume(h)r (German Edition)
seinen Kumpel Ole an, der sich gerade mit Lara unterhielt. Anna fuhr fort.
»Söring meinte nur er sei männlich. Kannst mich also ausschließen«, sagte sie und tippte dabei leicht mit dem Zeigefinger auf Marcs Brust.
»Ehm, ja genau, ich wollte mir diesen Typen mal ansehen. Glaube genauso wenig wie du, dass der irgendetwas besonderes vollbracht hat und ambitioniert ist der sicherlich auch nicht. Bestimmt doch nicht Simon. Der ist viel zu produktiv, um auf so eine Idee zu kommen.«
Marc gab sich bei der Umschreibung seiner eigenen Person Mühe, so weit es ging die Wahrheit wiederzugeben, ohne sich dabei selbst zu verraten.
»Sicherlich wird er seine Gründe dafür haben, weshalb er sich nicht öffentlich zu seinem Erfolg bekannt hat. Bestimmt um großen Trubel zu vermeiden. Vielleicht eher ein bequemer Typ oder sogar gleichgültig.«
»Klingt ja ganz nach dir!«, scherzte Anna. Marc grinste daraufhin nur dämlich.
Er flirtete noch kurz mit ihr, bevor er versprach, dass sie sich bald auf einen Kaffee wiedersehen würden und machte sich anschließend auf den Weg in die erste Reihe des Audimax.
Dort angekommen setzte er sich auf den äußersten Platz am Rand, von wo aus man das Podium ohne großes Aufsehen zu erregen in nur wenigen Sekunden erreichen konnte, da er nicht vorhatte sich irgendwo in der Mitte der Bänke, wie in einem seiner Tagträume, zu erheben und von den Massen feiern zu lassen.
Plötzlich wurde das Licht gedimmt. In dem vollen Raum, wo die Studenten dicht aneinandergereiht saßen, wurde es so still, wie eine halbe Stunde zuvor, als Söring und Marc gemeinsam den Saal betreten hatten.
Der Professor stand vorne auf dem Podest und wurde vom Licht der Scheinwerfer in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Er begann mit einer humorvollen Einleitung. Eine Mischung aus kurzen, lustigen Geschichten des Alltags, bespickt mit Daten und Fakten der Wirtschaftswelt. Dabei hätte Marc beinahe vergessen, dass es sich gerade nicht um das wahre Ich des Dozenten handelte, das hier den Zuhörern präsentiert wurde, sondern um eine Maske, die er sich für die Öffentlichkeit aufgesetzt hatte. Im Anschluss ging Söring auf die Umsatzzahlen der Applikation ein, die er in aufwendigen Diagrammen veranschaulicht hatte und erläuterte ausführlich die bisherige Entwicklung.
Marc hatte dem Professor Tage zuvor alle benötigten Informationen zur Vorbereitung einer Präsentation zukommen lassen. Während er das Schauspiel vor seinen Augen beobachtete, fiel ihm auf, dass dieses Affentheater ziemlich stark an die Apple Keynote erinnerte, wo vor seinem Tod, Steve Jobs selbst und nach seinem Tod der Nachfolger Tim Cook die Produktinnovationen des Lifestyle-Konzerns Apple präsentierte. Vom Publikum schon lange und sehnsüchtig erwartet, dauerte es bis zur endgültigen Enthüllung noch Ewigkeiten, damit die Zuschauer im Voraus mit diversen, scheinbar wichtigen Details über die Firmenentwicklung gelangweilt werden konnten. Mit dieser Taktik war dem Konzern eine steigende Spannung bis zur finalen Offenlegung der versprochenen Neuheit garantiert. Wie immer viel Wirbel um nichts, dachte sich Marc.
»Liebe Studenten und Studentinnen, kommen wir nun zu dem wichtigsten Teil unserer heutigen Vorlesung. Dem Gründer. Dem Mann, der ihnen erzählen wird, wie man solch eine Idee ins Leben ruft, sie umsetzt und Gewinn damit erwirtschaftet. Marc Fröhlich!«
Marc erhob sich von seinem Platz und erreichte in Sekundenbruchteilen Professor Söring. Er war schnell genug da, um einen Blick in Oles Reihe werfen zu können. Alle, wirklich alle Studenten, die ihn kannten, schauten entgeistert. Sie blickten auf die Bühne herab, als hätte Söring vor einigen Sekunden nackt darauf Rückwärtssaltos aufgeführt. So ähnlich sahen sicherlich auch die Zuschauer bei der Apple-Keynote aus, wenn das neuste i-irgendetwas enthüllt wurde, dachte sich Marc.
Anna machte ein verärgertes Gesicht und er hätte schwören können ihren erhobenen Mittelfinger gesehen zu haben, war sich darin aber nicht zu hundert Prozent sicher.
Ole guckte stolz und zufrieden zugleich. Er schien seine Überlegenheit und die perplexen Blicke der Anderen zu genießen, da ihm als einziger Eingeweihter jedes Detail von Anfang bekannt gewesen war.
Alle übrigen Kommilitonen hatten nicht die geringste Ahnung, wer dieser Typ in Kapuzenpulli, Chucks und künstlich abgenutzter Jeans sein sollte. Dank seines seltenen Erscheinens in den Hörsälen, konnte Marc nur wenige
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