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Traeumer und Suender

Traeumer und Suender

Titel: Traeumer und Suender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Goeritz
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Lehrer kam, um sich über das häufige Herumgehen und Plätzewechseln zu beschweren. Als er aus dem Flughafengebäude in die wartende Limousine stieg, empfand er zu seiner eigenen Überraschung freudige Erregung. Ja, er freute sich auf seine Zeit in Cannes; er war gespannt, was sie ihm bringen würde. Er war noch nie hier gewesen, überhaupt kannte er die Côte d’Azur nur aus – nun ja, vor allem aus Filmen.
    Cannes. Die Stadt schien, die roten Berge im Rücken, mit ihren Palmen unter dem blauen Himmel und derknallenden Sonne vor dem Panorama des azurfarben leuchtenden Meers, eine einzige Verheißung zu sein. Als sie dann von der steilen Küstenstraße in die dunklen und verwinkelten Gassen der Altstadt einbogen und schließlich anhielten, dämpfte der Blick auf die von dem alten Mann gebuchte Unterkunft seine Hochstimmung wieder. Das Hotel
Angleterre
hatte seine besten Zeiten längst hinter sich; daran konnten weder die Goldaufschrift über der Drehtür noch der ehemals feine Samt der Vorhänge in der Lobby etwas ändern. Eine Staubhöhle mit halbtoten Kübelpflanzen, eher eine Absteige für Vertreter oder knausrige Wochenendtouristen. Schäbig, dachte er, als er an den altmodisch mit grünem Stoff bezogenen Tisch der Rezeption trat und in seinem, wie er fand, recht ordentlichen Französisch seinen Namen sagte, bekam er ein unverständliches Genuschel zur Antwort, das mit «just a moment, Sir» zu Ende ging.
    Der Concierge kam nicht mit dem Schlüssel, sondern brachte einen ergrauten Herrn in einem durchgescheuerten dunklen Anzug an den Tisch zurück, wohl den Manager oder den Besitzer des Hotels. Er hielt ein Fax in der nikotinfleckigen Hand, auf dem sich mehrere handschriftliche Notizen befanden. «Monsieur … Dierks?» Er warf einen Blick auf das Fax und entzifferte scheinbar noch etwas. «Velder Dierks? Journaliste?» Sein Vorname – mit endloser Betonung auf der zweiten Silbe – hörte sich aus dem Mund dieses Mannes wie eine genüsslich auf seine Fließfähigkeit überprüfte edle Käsesorte an, seinen Nachnamen hingegen sprach der «directeur», als der er sich nun vorstellte, förmlich mit gequetschter, hochgezogener Stimme aus, als würde er gerade ein deformiertes Amphibienwesen zertreten oder ein unangenehmerweise sich in die Lobby verirrt habendes Reptil. Velder blieb freundlich. Er verstand etwas von «réservation double» und «problème», der Franzose zuckte die Achseln und wies ihn mit einem unbeteiligtenLächeln auf «madame» hin. Velder drehte sich um und sah in die müdesten aber auch glänzendsten Augen, die er jemals gesehen hatte. Die Frau lächelte bedauernd, tippte zweimal mit dem Finger auf ihr Gepäck, einen braunen Lederkoffer und eine riesige Handtasche, stand dann aus ihrem Sessel auf und federte auf sie zu. Sie war hochgewachsen, schmal, mit einem drahtigen Körper fast wie ein Junge und trug ein helles rosa Kleid, auch ihre Augen waren hell.
    Â«He has us double booked», sagte sie.
    Â«I see.» Ihm fielen ihre kurzen, welligen Haare auf, die sie wohl normalerweise toupiert trug wie ein Popstar der Achtziger, die aber nun verstrubbelt und angeklatscht ihr müdes, aber schönes Gesicht umrahmten.
    Â«We have to share the room.»
    Â«Oh.»
    Â«We can use a sheet.»
    Â«What?»
    Â«On a line. Between us.»
    Â«Can I invite you for coffee first?»
    Â«Like in a screwball comedy?»
    Die beiden sahen sich an und lachten. Der Hotelbesitzer, der von diesem Wortwechsel überfordert schien, sah seinen Concierge an, beide zuckten mit den Schultern.
    Heloisa Ferreira aus Venezuela, so hatte sie sich vorgestellt, als sie erst ihr Gepäck in dem luftigen Zimmer im obersten Stock verstaut und dann Kaffee trinken gegangen waren. Sie hatte sich noch schnell frisch gemacht, ihn aber nicht gebeten, aus dem Zimmer zu gehen. Er hatte sie durch die Badezimmertür gefragt, ob er rauchen dürfe, sie hatte die Tür geöffnet, war im Unterkleid ins Zimmer gekommen und hatte ihm seine Zigarette aus der Hand genommen, sich vorgebeugt und um Feuer gebeten.
    Dann hatte sie gelacht und war schnell auf nackten Füßen wieder ins Bad getrippelt. Als sie wieder herauskam – ineinem apricotfarbenen Kleid, das ihre braunen, schmalen Schulten bis auf einen dünnen Träger frei ließ –, hatte sie nicht mehr müde

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