Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Hirn zu durchforsten, und schaue ihn schicksalsergeben an. »Ja, das meinte ich.« Ich mache mich auf das Schlimmste gefasst. Okay, er hat eine Freundin, und es ist die hübsche Brünette, und sie sind glücklich zusammen, aber das macht nichts – wir können ja Freunde sein. Platonische Freunde. Wie in Harry und Sally .
Wobei, nein, die sind ja irgendwann miteinander im Bett gelandet. Ach, verdammt.
»Nein, ich habe keine Freundin«, antwortet er. »Hatte ich, aber wir haben uns vor einer Weile getrennt.«
»Echt?« Das klingt etwas zu fröhlich und erleichtert. »Ich meine, das ist doof. Trennungen sind immer doof«, füge ich hinzu, bemüht, ein möglichst betroffenes Gesicht zu machen.
Doof, aber nicht so doof wie nicht Schluss machen zu können , schießt es mir durch den Kopf, während ich mir die Handgelenke reibe, die noch ganz wund sind von den Handschellen.
»Na ja, nicht unbedingt. Sie hat mich betrogen.« Er zuckt die Achseln.
Ich bin schockiert. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man Adam betrügen kann. »Mensch, das ist ja ätzend.«
»Ja, das rauszufinden war alles andere als schön, aber danach war es ziemlich schnell vorbei.« Er zieht an seiner selbstgedrehten Zigarette. »Es hatte einfach keinen Sinn mehr. Nach so was kann man dem anderen nie wieder vertrauen …« Wie tief in Gedanken versunken bricht er ab und hält mir dann die Zigarette hin. »Rauchst du?«
Ich zögere. »Nur zu besonderen Gelegenheiten.«
»Und meinst du, nicht in den Knast zu wandern ist eine besondere Gelegenheit?«
»Kann sein«, sage ich und lasse mir seine Selbstgedrehte geben. Ich ziehe daran und atme den Rauch ein. Mir wird ein bisschen schwindelig davon, doch auf sehr angenehme Weise. Ich spüre, wie ich nach all der irren Aufregung des Abends endlich ein bisschen entspanne, und für einen Moment sagt keiner von uns beiden ein Wort. Wir sitzen einfach da und trinken Wein und lauschen dem geschäftigen Treiben ringsum, das wie eine leise Hintergrundmusik zu uns heraufschallt.
»Ein etwas anderer Abend als die meisten anderen ersten Dates«, meint er schließlich.
»Ähm … ja, stimmt.« Ich nicke und versuche, mir nichts anmerken zu lassen, aber in meinem Kopf geht alles drunter und drüber. Wir haben gerade unser erstes Date? Dann war er also doch nicht bloß nett zu mir. Ein kribbelndes Glücksgefühl überkommt mich, rasch gefolgt von aufkeimendem Erfolgsdruck. Aus dem zwanglosen Auf-der-Feuerleiter-Sitzen mit Weintrinken und Zigarettenrauchen ist plötzlich etwas Hochoffizielles geworden. Wenn das unsere erste Verabredung sein soll, hätte ich mir dann nicht ein bisschen mehr Mühe geben müssen? Mich auftakeln, mir zumindest die Haare waschen und ein bisschen Wimperntusche auftragen sollen? Sollte ich nicht flirten und Smalltalk machen und meine frisch gewaschenen Haare nach hinten werfen und versuchen, cool zu wirken und einen guten Eindruck zu machen?
Also ehrlich, ich bin wirklich ein hoffnungsloser Fall. Warum hat mir denn keiner gesagt , dass das unser erstes Date ist? Nein, stattdessen bin ich von der Polizei abgeführt worden und in Tränen ausgebrochen, habe nicht einen Krümel Make-up im Gesicht, meine Haare sind mit einem albernen Haargummi zum Pferdeschwanz gebunden, und eben habe ich ihn angefallen.
Und trotzdem … Aus den Augenwinkeln werfe ich einen Blick auf Adam, wie er da auf der Feuerleiter sitzt, und meine Aufregung löst sich in Luft auf und verschwindet genauso schnell in der Dunkelheit, wie sie gekommen ist. Alles andere scheint plötzlich ganz egal zu sein.
Na ja, dieser doofe Haargummi müsste ja nicht unbedingt sein, überlege ich und ziehe ihn hastig heraus. Danach versuche ich, meine Haare unauffällig zu zerwuscheln, wobei mir dann auffällt, dass der Wein alle ist.
»Ach, schau mal, alles alle«, murmele ich und springe auf. Ein guter Vorwand, kurz reinzugehen und einen Blick in den Spiegel zu werfen, denke ich. »Ich hole uns schnell eine neue Flasche.«
Wobei ich gar nicht weiß, ob wir noch eine Flasche haben, aber im schlimmsten Fall kann ich bestimmt irgendwo noch ein paar Bier auftreiben.
»Hey, das kann ich doch machen.« Adam schickt sich an aufzustehen, aber ich schubse ihn wieder auf die Stufe zurück.
»Nein, nein, schon okay«, stammele ich hastig. »Ich mache das.«
»Oh, okay.« Mit leicht verwirrtem Gesicht setzt er sich wieder. Keiner ist so scharf darauf, in die Küche zu gehen und eine Flasche Wein zu holen, wie das
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