Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
gemütlich unter die Bettdecke.
»Und ein paar Geheimnisse«, flüstert sie zurück. Sie dreht
sich zu mir um, und in der Dunkelheit sucht ihr Blick meine Augen. »Soll ich dir eins verraten?«
Ich nicke, was so viel bedeuten soll wie: Schieß los .
»Das Leben kann sich mit einem Wimpernschlag völlig verändern. Man hat immer nur das Hier und Jetzt. Also verschiebe es nicht auf morgen, einem anderen Menschen zu sagen, was du für ihn empfindest; nimm nicht einfach an, dass er es ohnehin weiß, denn womöglich weiß er es nicht, und morgen könnte es schon zu spät sein.«
Ich weiß nicht so recht, ob sie sich selbst damit meint und Jeff, aber es fällt bei mir nicht auf taube Ohren.
»Ich hab dich lieb, Kate.«
»Ich dich auch, Lucy.«
Und dann dreht sie sich um, und ich nehme sie in den Arm, so wie früher immer, und als ihr Atem irgendwann tief und entspannt wird und sie einschläft, liege ich noch lange wach und denke über das Geheimnis nach, das sie mir anvertraut hat. Es beschäftigt mich noch eine ganze, lange Weile.
Fünfunddreißigstes Kapitel
»Du musst mir helfen. Ich muss mit Adam reden.«
Es ist der nächste Morgen, und ich habe Kate gerade am Krankenhaus abgesetzt, damit sie Jeff abholen kann, und nun bin ich Hals über Kopf zu Tao Healing Arts gerast, dem Zentrum für traditionelle chinesische Medizin, wo Robyn arbeitet.
»Was? Wer ist Adam?«, zischt sie vollkommen verdattert.
Und das völlig zu Recht. Schließlich bin ich gerade ohne Vorankündigung in ihr Behandlungszimmer geplatzt, während sie gerade dabei war, einen halbnackten Mann mit Nadeln zu spicken. Ich weiß nicht, wer überraschter war; ich, Robyn oder der nackte Mann, der auf einmal eine Nadel an einer Stelle sitzen hat, wo er sie nicht erwartet hatte.
»Der Typ aus der Galerie, der mich auf der Polizeiwache abgeholt hat.«
Augenblicklich hört Robyn auf, indigniert mit den reifenbehängten Armen herumzuwedeln, und auf ihren Wangen erscheinen zwei zartrosa Flecken. Vermutlich hat sie immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich wegen ihr verhaftet worden bin.
»Wir hatten eine Verabredung, und es ist schrecklich in die Hose gegangen … Wobei, die Verabredung an sich nicht. Die war eigentlich perfekt. Egal, es hat ein furchtbares Missverständnis gegeben wegen Nate …«
»Nate?« Sie spitzt die Ohren.
»Ach, hatte ich dir das nicht erzählt? Er war auch auf Martha’s Vineyard. Wir haben zusammen geschlafen …«
»Zusammen geschlafen?« Entgeistert schaut sie mich an.
»Ja, im wahrsten Sinne des Wortes, aber nicht, wie du jetzt denkst, und Adam hat das in den falschen Hals gekriegt, und wir haben uns schrecklich gestritten, und jetzt geht er nicht ans Telefon, wenn ich anrufe, und er antwortet nicht auf meine E-Mails, und na ja, ich war mit meiner Schwester im Krankenhaus …«
»Im Krankenhaus?«
Für Robyn untypisch, scheint es ihr die Sprache verschlagen zu haben, und sie kann alles bloß noch nachplappern wie ein sprachbegabter Papagei.
»Und sie hat mir gesagt, man darf es nicht aufschieben, einem anderen Menschen zu sagen, was man für ihn empfindet, weil man sonst vielleicht nie mehr die Gelegenheit dazu bekommt, und ich will Adam sagen, was ich für ihn empfinde.« Unvermittelt breche ich ab und schnappe nach Luft.
»Wow«, meldet sich plötzliche eine Stimme hinter uns zu Wort. »Das ist aber ganz schön heftig.«
Wie auf Kommando drehen wir uns beide um und schauen den Mann an, der daliegt wie ein gespicktes Nadelkissen. Lang ausgestreckt liegt er in Boxershorts auf der Liege und schaut uns mit weit aufgerissenen Augen an.
»Entschuldigen Sie bitte, ich bin gleich wieder bei Ihnen.« Hastig um Verzeihung bittend zieht Robyn die Tür hinter sich zu und dreht sich dann zu mir um. »Lucy, warum hast du mir denn nichts davon erzählt?« Mit verschränkten Armen bedenkt sie mich mit ihrem strengsten Blick.
»Na ja, du hattest ja auch ziemlich viel um die Ohren. Genau wie ich.« Ich seufze und betrachte meine Schuhspitzen.
Robyns Miene wechselt von schuldbewusst zu mitfühlend, und schließlich guckt sie mich fast grimmig entschlossen an. »Hör zu, ich tue alles, was ich kann, um dir zu helfen. Allerdings bin ich ein wenig unsicher. Ich meine, wir wissen ja
beide, wo es hingeführt hat, als ich dir das letzte Mal meine Hilfe angeboten habe«, sagt sie auf den Bannspruch gemünzt.
Ich seufze aus voller Brust. Vollkommen durcheinander schaue ich sie an. »Es ist bloß – ich weiß auch nicht. Ich
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