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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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lebten ein glückliches Leben wie im Märchen. Kate schien alles zuzufliegen.
    Und jetzt wird mir auf einmal klar, dass ihr nicht alles zufliegt; dass ihr noch nie etwas zugeflogen ist. Sie hatte bloß immer das Gefühl, stark sein zu müssen, für mich da sein zu müssen, und mein ganzes Leben lang war sie das auch. Aber jetzt bin ich dran. Jetzt muss ich für sie stark sein. Für sie da sein.
    Sanft lege ich ihr einen Arm um die Schultern und drücke sie an mich, und diesmal wird sie nicht stocksteif und macht sich gleich wieder los.
    Und das bin ich auch. Ich bin für sie da.
    Ein paar Momente bleiben wir so sitzen, in der Spätnachmittagssonne, ohne irgendwas zu sagen, ehe wir schließlich wieder nach drinnen gehen und weiter warten. Nach einer Weile kommt Dr. Coleman heraus und sagt uns, Jeff sei aus dem OP gebracht worden, die Operation sei komplikationslos verlaufen, und sie wollten ihn über Nacht zur Beobachtung dabehalten, wegen der Nachwirkungen der Narkose.
    »Und bis dahin würde ich vorschlagen, Sie gehen erst mal nach Hause und ruhen sich ein bisschen aus, junge Dame«, sagt er mit einem sehr bestimmten Nicken zu Kate. »Wir sehen uns dann morgen.«
    Er dreht sich um und will gehen, doch sie hält ihn zurück. »Wann wissen wir, ob Sie alles herausgeholt haben?«
    »Der Befund sollte in zwei bis drei Tagen vorliegen.«
    »Und dann können Sie auch Art und Stadium des Krebses bestimmen?«
    Er stutzt kurz angesichts ihrer unverblümt direkten Art, aber das ist die Medizinerin in Kate, die da zum Vorschein kommt, nicht die verängstigte Ehefrau.
    »Ja.« Er nickt. »Und welche weitere Behandlung wir durchführen, sollte sie denn nötig sein.«
    »Meinen Sie, er schafft es?«
    Da ist wieder die verängstigte Ehefrau. Hinter den Ordnern und der direkten Frage wartete sie, und die Hoffnung, die sich an diese Frage knüpft, ist beinahe greifbar.
    Dr. Coleman zögert. Diese Frage hat er sicher schon hunderttausend Mal gehört. »Bleiben wir einfach weiter optimistisch, ja?« Und damit legt er ihr kurz die Hand auf die Schulter und geht dann.
    Ich biete Kate an, sie nach Hause zu bringen, und diesmal diskutiert und protestiert sie nicht, sondern nickt bloß und überlässt mir das Kommando, also halte ich ein Taxi an und sage dem Fahrer die Adresse. Bei ihr zu Hause lasse ich ihr als Erstes ein heißes Bad ein und koche ihr eine Tasse Tee, dann kippe ich den Tee wieder aus und bringe ihr was Stärkeres zu trinken. Wer ist eigentlich auf die dämliche Idee gekommen, in Krisenzeiten wie diesen, Tee zu servieren?
    Wortlos macht sie, was ich ihr sage. Die alte, zupackende Kate hätte sicher irgendeine Bemerkung über die Teebeutel vom Stapel gelassen, die ich versehentlich in der Spüle liegen gelassen habe, oder über das Handtuch, das ich ihr aus dem Wäscheschrank hole, oder den Dreck an meinen Schuhen, die ich vergessen habe auszuziehen, sodass ich den Schmutz in ihren schönen Teppich trete.
    Aber statt der alten Kate steht da nur ein kleines Mädchen mit hilflosem Gesicht, das mit seinen sauberen, feuchten Haaren und dem Pyjama aussieht, als wäre es höchstens zehn Jahre alt, und das sich brav wie geheißen mit dem Whiskyglas in der Hand aufs Sofa setzt.
    Nach einer Weile schaut sie hoch. »Ich glaube, ich gehe ins Bett, Lucy. Ich bin ganz schön müde.«
    Ich nicke. »Ich bleibe hier.«
    »Ach nein, das brauchst du doch nicht. Ich komme schon allein zurecht …«, widerspricht sie ganz automatisch und bricht dann ab, als ihr aufgeht, dass sie jetzt gerade nicht allein zurechtkommt.
    »Das wird wie früher«, versuche ich ihr einzureden. »Weißt du noch, wie wir manchmal zusammen in einem Bett geschlafen haben?«
    »Und uns unter der Bettdecke Geheimnisse erzählt haben, bei Taschenlampenlicht.« Sie muss lächeln.
    »Meistens hast du mich irgendwann mitten in der Nacht rausgeschmissen«, bemerke ich grinsend. »Dann musste ich wieder in mein eigenes Bett krabbeln, und das war immer eisig kalt.«
    »Herrje, ich war wirklich eine schreckliche große Schwester, was?«
    Sie schaut mich etwas bedröppelt an, und ich muss laut lachen. »Glaub mir, ich war als kleine Schwester bestimmt auch eine ziemliche Plage.«
    Zusammen gehen wir in ihr und Jeffs gemeinsames Schlafzimmer. Es ist das genaue Gegenteil von meinem Zimmer. Aufgeräumt und zartbeige gestrichen, perfekt gebügelte feine Bettwäsche und aufgeschüttelte Kissen.
    »Jetzt brauchen wir bloß noch eine Taschenlampe«, wispere ich und kuschele mich

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