Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
wenn ich hinfliegen kann, finde ich da nie im Leben eine Bleibe – alle Hotels sind hoffnungslos ausgebucht.«
»Alle?«
»Alle«, antworte ich nickend. Ich habe gleich heute Morgen schon bei Expedia, Travelocity und sämtlichen anderen Reisewebseiten, die mir eingefallen sind, online recherchiert. Ich habe mir sogar eine oberkitschige Story aus den Fingern gesaugt, ein Freund von mir wolle seiner Freundin in Venedig einen Heiratsantrag machen. Und außerdem habe ich Magda gebeten, die Tochter ihrer Freundin um Hilfe zu bitten, die in dem Reisebüro arbeitet, aber alles umsonst.
»Hmm, fürwahr, das macht die Sache nicht einfacher.« Sie kaut tief in Gedanken versunken weiter.
»Wie dem auch sei, das ist sowieso ganz egal. Nate weigert sich mitzukommen, also ist es ohnehin sinnlos.«
Robyn scheint angestrengt nachzudenken. »Du weißt, was das heißt, nicht wahr?«
»Es ist hoffnungslos?«
»Nein, das Universum versucht, euch mit aller Macht zusammenzuhalten«, erklärt sie vielsagend. »Die Macht der Legende. Sie will nicht, dass du und Nate zusammen nach Venedig fahrt und das Band eurer ewigen Liebe durchtrennt wird. Sie wirft dir Stolpersteine in den Weg, wo sie nur kann.« Sie scheint stolz auf ihren detektivischen Scharfsinn zu sein.
»Na toll.« Ich zucke die Achseln, und wir rücken ein paar Schritte in der Schlange auf. »Wenn ich in Zukunft das Gefühl habe, die ganze Welt hat sich gegen mich verschworen, dann weiß ich jetzt wenigstens, dass mein Gefühl mich nicht trügt.
Und es ist nicht bloß die ganze Welt, die sich gegen mich stellt, nein, es ist gleich das ganze Universum .«
»Wo Liebe ist, ist Hoffnung«, doziert sie weise und futtert ein großes Stück Brownie.
»Oprah?«
»Nein, ich glaube, das habe ich von einem Autoaufkleber«, meint sie und rückt mit mir ein Stückchen nach vorne auf. »Aber es stimmt. Wenn du Adam liebst, besteht noch Hoffnung. Du musst bloß um ihn kämpfen.«
»So wie du um Daniel gekämpft hast?«, frage ich und ziehe pointiert eine Augenbraue hoch.
Sie bekommt einen verkniffenen Zug um den Mund und wird still.
»Was soll das Ganze, Robyn?«
»Wie, was soll das Ganze?«, fragt sie, als hätte ich sie an einer empfindlichen Stelle getroffen.
»Sitzt mit langem Gesicht trübsinnig zu Hause rum, hörst die Trommel-CD, die er dir geschenkt hat, stopfst dich mit Süßigkeiten voll …«
Sie wird rot und lässt den restlichen Brownie schnell in ihrer Tasche verschwinden.
»Warum lässt du ihn einfach so gehen?«
»Weil er nicht mein Seelenverwandter ist«, erklärt sie bestimmt.
»Wer sagt das?«, jaule ich auf. »Die Wahrsagerin, die nicht mal ihre eigene Zukunft voraussagen konnte? Na, das war ja wirklich mal eine ganz großartige Hellseherin!«
Robyn wirkt ziemlich verunsichert und spielt an ihren Silberarmreifen herum, wobei sie geflissentlich meinem Blick ausweicht.
Aber jetzt, wo ich einmal in Fahrt bin, bin ich nicht mehr so leicht zu bremsen. »Ich war auch mal so blöd. Ich war auch felsenfest davon überzeugt, wenn ich meinen Traummann kennenlerne,
dann würde ich es auf der Stelle spüren . Alle sagen immer: ›Man weiß es einfach.‹ Ständig bekommt man das um die Ohren gehauen. Von wohlmeinenden Freunden, in Büchern, Filmen, Gedichten. Und obwohl man nicht weiß, was man eigentlich sucht, und man nicht den leisesten Schimmer hat, wie es sich anfühlen soll, redet man sich ein, wenn man endlich seinen Seelenverwandten gefunden hat, dann geht irgendeine Alarmglocke wundersamerweise im Kopf los, und man weiß es einfach.
Und als ich dann Nathaniel kennengelernt habe, war das tatsächlich ein unglaublich heftiges, unbeschreibliches Gefühl, und ich dachte: Das ist es. Das ist wahre Liebe. Ich habe das wirklich geglaubt, weshalb ich auch vollkommen am Boden zerstört war, als er sich von mir getrennt hat. Ich hatte den einen Menschen auf der großen weiten Welt verloren, der für mich bestimmt war, und ohne diesen Menschen würde ich nie mehr im Leben wirklich glücklich werden. Okay, vielleicht gab es auch noch andere Jungs, nette Jungs, witzige Jungs, unwiderstehliche Jungs, aber keinen zweiten Nate. Ihn hatte ich unwiederbringlich verloren, und damit war der Kuchen gegessen.
Also habe ich jahrelang nach dem Motto ›Augen zu und durch‹ weitergemacht. Habe mich verabredet, mich verknallt, den einen oder anderen festen Freund gehabt, niemand konnte Nate allerdings je das Wasser reichen. Und dann, wie durch ein Wunder, haben wir uns
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