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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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anscheinend ein Synonym für »Folter«.
    »Eine absolute Hammer-CD«, schwärmt Robyn verzückt, die frisch und munter und fast wie neugeboren wirkt.
    »Ach, die Black Eyed Peas?«
    »Black Eyed Peas?«, fragt Robyn leicht verdattert. »Nein, die CD handelt von Wundern und wie sie einem dabei helfen können, den Weg zu innerem Frieden und Erleuchtung zu finden. Absolut faszinierend. Willst du’s auch hören? Wir können uns den Kopfhörer teilen. Ich glaube, das könnte gehen …« Worauf sie versucht, die beiden Kabelstränge zu entwirren.
    »Ähm … nein, danke«, erwidere ich hastig.
    »Sicher? Ist total cool. Um die Wahrnehmung der Welt um sich herum zu verändern, soll man einfach so tun, als sei man ein Baum und hätte Äste statt Armen …« Zur Verdeutlichung streckt sie die langen, dünnen Arme mit den funkelnden Silberarmbändern über den Kopf. »… und dann soll man sich vorstellen, wie man seine Zweige in den Himmel reckt und dann durch die Wolken bis ins Weltall …«
    »Wie war eigentlich deine Verabredung mit Daniel gestern Abend?«, unterbreche ich sie, ehe sie die ganze CD nacherzählt. Zuzutrauen wäre es ihr. Glauben Sie mir. »Du warst noch nicht da, als ich nach Hause gekommen bin.«
    Sie lässt die Arme sinken. »Das war keine richtige Verabredung«, korrigiert sie mich und zieht die Nase kraus.
    »Okay, wie war also eure Nicht-Verabredung?«
    Nonchalant zuckt sie mit den Schultern. »Ach, du weißt schon, ganz okay.«
    Auf einmal komme ich mir vor wie ein Schnüffler in einem alten Schwarz-Weiß-Film, vor dessen Nase ein unschuldiges altes Ömchen plötzlich etwas äußerst Verdächtiges getan hat. Irgendwas stimmt hier nicht. »Ganz gut« findet sich normalerweise nicht in Robyns Wortschatz. »Wahnsinn«, »unglaublich« oder »irre« sind eher Robyns Lieblingsadjektive.
    Irgendwas ist hier faul. Sie lügt.
    »Ach, bloß ganz okay?«, frage ich ebenso nonchalant. Tja, so machen die das im Film doch auch immer, oder? Ganz beiläufig tun, um den Verdächtigen auf dem falschen Fuß zu erwischen.
    »Ja.« Sie nickt, aber ihre Mundwinkel zucken, und ich kann ihr an der Nasespitze ansehen, dass sie beinahe platzt vor Mitteilungsdrang. »Er hat mich in ein veganes Restaurant zum Essen eingeladen, einen meiner Lieblingsläden. Der gegrillte Tofu war der Hammer.«
    »Ehrlich? Wow.«
    »Ich weiß, unglaublich, was?«, schwärmt sie und strahlt mich an wie eine Tausend-Watt-Birne, die sie dann schnell wieder ausknipst. »Na ja, so unglaublich war es nun auch wieder nicht, mehr ein verrückter Zufall …«
    Noch so was, das Robyn sonst nie tut: das Wort »Zufall« in den Mund nehmen. Sie glaubt nicht an Zufälle. Sie glaubt an Vorsehung. Kismet. Schicksal.
    Ich schwöre, wäre ich ein Bulle, mir würde die Beweislage ausreichen, um zuzuschlagen und sie auf der Stelle festzunehmen.
    »… und dann sind wir zum Konzert einer afrikanischen Trommelgruppe gegangen.«
    »Das ist ja Wahnsinn«, rufe ich begeistert. Robyns gesamte Musiksammlung besteht nur aus Panflöten, afrikanischen Trommelgruppen und CDs mit Titeln wie »Klänge indigener Völker« mit weichgezeichneten Bildern von Regenwäldern und Regenbogen auf dem Cover.
    »Das kannst du laut sagen«, zwitschert sie. Sie kann einfach nicht anders. »Der Rhythmus, die Musik – Daniel und ich waren wie hypnotisiert …« Sie bricht ab, ihre Augen leuchten, und sie hört unvermittelt auf zu strampeln, ganz im Gegensatz zu der Maschine, die unverdrossen weiterarbeitet. Schnell fängt Robyn wieder an zu laufen.
    »Du magst ihn, was?«
    »Tue ich gar nicht!«, widerspricht sie empört. »Ich meine, ja, als Freund mag ich ihn, aber mehr auch nicht.«
    Sie lügt wie gedruckt. Eigentlich müsste ich ihr jetzt Handschellen anlegen und sie abführen.
    »Und wann seht ihr euch wieder?«
    »Keine Ahnung … Er hat mich heute Abend zu einem Theaterstück eingeladen. Es heißt Himmelserwachen , und es geht um Engel.«
    »Und du gehst nicht hin?« , frage ich ungläubig. Zu Robyns liebsten Habseligkeiten gehört ein Deck Engelskarten; sie glaubt nämlich an Engel. Und an Feen, Geister und den Weihnachtsmann. Wobei, nein, das ist geschwindelt, an den Weihnachtsmann glaubt sie nicht, obwohl ich mir da manchmal nicht ganz sicher bin.
    »Nein, ich hab zu viel zu tun.«
    »Was denn?«
    »Ähm … dies und das.« Sie guckt ziemlich schuldbewusst aus der Wäsche.
    Misstrauisch gucke ich sie an. »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, meine Zukunft zu planen«,

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