Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
Vom Netzwerk:
aufwärmt, die
Wadenmuskeln dehnt, die Arme streckt, sich nach vorne, hinten und zu den Seiten beugt.
    Ach, verdammt noch mal, fang doch einfach an. Angeber!
    Und plötzlich meldet sich meine angeborene Sturheit zu Wort. Moment mal, warum sollte ich denn bitte gehen? Ich war schließlich als Erste hier! Ich habe genauso viel Recht, hier zu sein, wie er! Und mit einem Mal erwacht mein Kampfgeist. Dem werde ich es schon zeigen!
    Ich richte mich kerzengerade auf, strecke die Brust raus und fange an, mit großen Schritten bestimmt loszulaufen. Meine Füße hopsen federleicht auf den Pedalen wie bei einem Sonntagsspaziergang im Park. Ist es nicht herrlich? Ich höre, wie die Maschine neben mir gestartet wird, und dann seine Schritte. Angestrengt versuche ich, nicht hinzuschauen.Also starre ich stur geradeaus, aber das macht es nur noch schlimmer, denn jetzt habe ich ihn genau vor der Nase, im Spiegel gegenüber.
    Und er mich auch.
    Man sieht ihm den Schock förmlich an, als er mich im Spiegel sieht, er fasst sich jedoch schnell wieder. »Wow, du hier, so eine Überraschung«, sagt er etwas verkniffen, in einem Ton, der unmissverständlich klarmacht, dass es keine angenehme Überraschung ist.
    »Gleichfalls«, entgegne ich kurz angebunden, ohne meinen langen Marsch zu unterbrechen.
    Es kommt mir vor, als sprächen wir beide Trennungssprech. Eigentlich müsste es ein Wörterbuch geben, Trennungssprech für Anfänger , in dem die häufigsten Phrasen in eine allgemein verständliche Sprache übersetzt werden. So heißt »Du hier« eigentlich »Was zum Teufel machst du denn hier?«. Und »Wir sehen uns« hieße »Nur über meine Leiche«. Ein einfaches »Hi« bedeutete »Dreck, Dreck, Dreck!«.
    Es würde die Sache um einiges vereinfachen. Im Handumdrehen spräche man fließend Trennungssprech.
    »Ich wusste gar nicht, dass du hier auch Mitglied bist«, meint er ganz beiläufig.
    Was übersetzt so viel heißt wie: »Was zum Teufel machst du denn hier?«
    Wie man sieht, bedeuten auf Trennungssprech viele Redewendungen genau dasselbe. Ein bisschen wie bei den Eskimos, die eine Million Wörter für »Eis« haben, während es bei uns nur ein einziges gibt. Auf Trennungssprech ist dieses Wort normalerweise »Dreck«.
    »Ich bin heute zum ersten Mal hier«, entgegne ich ganz nonchalant. »Ich wollte mal sehen, ob es … äh … meinen Ansprüchen genügt.« Worauf ich entschlossen auf ein paar Knöpfen des Bedienfelds herumdrücke, ohne genau zu wissen, wofür sie eigentlich gut sind. »Und was machst du hier? Ich dachte, du hättest jetzt dein eigenes Trainingsgerät.«
    Übersetzt: »Verdufte! Ich sehe aus wie ein nasser, verschwitzter Kartoffelsack, ich habe keine Ahnung, was ich auf dieser Höllenmaschine mache, die plötzlich so komische Geräusche von sich gibt und zittert, und du bist der allerletzte Mensch auf der Welt, den ich jetzt sehen will.«
    »Öfter mal was Neues«, erwidert er.
    »Ach, ja, genau … öfter mal was Neues.« Ich nicke, als sei das mein Wahlspruch.
    Eine kleine Pause entsteht, und dann …
    »Hör mal, ich habe neulich ein paar Sachen gesagt, die ich wohl lieber nicht gesagt hätte …« Er unterbricht sich, und seine Augen wandern zu meinen Oberschenkeln.
    Ich versinke fast im Boden vor Scham. »Ja, tja, dito«, entgegne ich hastig. Entschlossen gucke ich weiter geradeaus, aber aus den Augenwinkeln sehe ich, dass bei ihm kaum ein Schweißperlchen zu sehen ist, während ich langsam klinge wie ein obszöner Anrufer, der heftig in den Hörer keucht.
    Ich trinke einen Schluck aus meiner Wasserflasche und versuche,
mich auf meine Atmung zu konzentrieren – mir fällt ein, dass ich mal einen Artikel darüber gelesen habe, auch wenn ich nicht so genau weiß, worauf ich mich konzentrieren soll. Ich meine, es geht doch bloß ein und aus, oder?
    Er wird schneller, aber ich halte mit. Siehst du, was du kannst, kann ich schon lange.Wobei meine Beine sich ein bisschen wie Wackelpudding anfühlen. Haben meine Knie gerade gezittert? Ach du Schande, und jetzt geht meine Maschine in einen steilen Anstieg. Mist, verdammter, was ist denn jetzt los? Unauffällig schiele ich auf die Anzeige und versuche rauszufinden, was da gerade vor sich geht, aber ohne Erfolg. Es ist einfach viel zu kompliziert. Man müsste Mensa-Mitglied sein, um diese ganzen Knöpfe zu verstehen.
    Ich fasse es nicht. Jetzt wird er schon wieder schneller!
    Mit einem Seitenblick sehe ich, dass Nate in einer alarmierenden Geschwindigkeit neben

Weitere Kostenlose Bücher