Trainspotting: Roman (German Edition)
Begbie ihn vernachlässigt, wird der nicht hungrig bleiben, schließlich haben sie ja ein Baby.
In dem Bus gab es allerdings eine Rose unter all den Dornen. Sick Boy beendet seine kritische Studie der Mitreisenden, als sein Blick auf die strähnigblonde Rucksacktouristin fällt. Sie sitzt ganz allein vor den beiden Normalos.
Renton sitzt der Schalk im Nacken, er zieht sein Benidorm-Feuerzeug aus der Tasche und kokelt Sick Boys Pferdeschwanz an. Haar verbrennt knisternd, und schon mischt sich ein weiterer unangenehmer Geruch unter die anderen, die es schon am Ende des Busses gibt. Sick Boy bemerkt, was los ist, und wirbelt auf seinem Platz herum. – Hör auf mit dem Scheiß! schnauzt er und schlägt nach Rentons erhobenen Handgelenken. – Kindsköpfe! zischt er, während Begbies, Second Prizes und Rentons Gelächter ihn verhöhnt und durch den Bus schallt.
Rentons Unfug liefert Sick Boy allerdings den Vorwand dafür, sich von ihnen weg zu der Touristin zu setzen. Er zieht sein Italians Do It Better-T -Shirt aus und entblößt einen drahtigen, gebräunten Oberkörper. Seine Mutter ist Italienerin, aber er trägt das T-Shirt weniger, um zu zeigen, wie stolz er auf seine Herkunft ist, sondern eher, um die anderen zu ärgern. Er holt seine Tasche aus der Ablage und wühlt darin herum. Da gibt es ein Mandela Day- T-Shirt, das politisch korrekt ist, aber zu mainstream, zu sloganhaft. Was noch viel schlimmer ist, es ist veraltet. Sick Boy glaubt, daß Mandela sich am Ende auch nur als langweiliger alter Sack herausstellen wird, wenn sich erstmal alle daran gewöhnt haben, daß er aus dem Gefängnis ist. Auf Hibernian F. C. – European Campaigners wirft er nur einen kurzen Blick, bevor er es verwirft. Auch die Sandinisten sind passé. Er begnügt sich mit einem Fall- T-Shirt, das wenigstens den Vorteil besitzt, weiß zu sein, und seine korsische Bräune am besten zur Geltung bringt. Er zieht es über, geht nach vorn und setzt sich neben die Frau.
– Entschuldigen Sie. Ich muß mich leider zu Ihnen setzen. Das Benehmen meiner Reisebegleiter ist für meinen Geschmack ein wenig zu unreif.
Mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu bemerkt Renton, wie Sick Boy sich vom fertigen Typen in den Traummann dieser Frau verwandelt. Stimme und Akzent verändern sich leicht. Auf seinem Gesicht erscheint ein interessierter, ehrlicher Ausdruck, während er seiner neuen Begleiterin verführerisch neugierige Fragen stellt. Renton zuckt zusammen, als er Sick Boy sagen hört: – Ja, bei Jazz bin ich eher Purist.
– Sick Boy is wieder mal gelandet, stellt er fest und wendet sich an Begbie.
– Na, das freut mich aber für den Arsch, meint Begbie verbittert. – Wenigstens hält sich der verdammte Mistkerl von uns fern. Der blöde Hund hat doch noch nix anderes getan als rumzujammern, seit wir ihn gesehn haben… der Arsch.
– Wir sind doch alle n bißchen angespannt, Franco. Steht ja auch ne Menge aufm Spiel. Und gestern nacht ham wir alle Speed genommen. Da muß man doch paranoid werden.
– Nu halt nich auch noch zu dem Arsch. Der braucht mal ne Lektion in Manieren, der Fuzzi. Vergibt sich doch nix dabei, sich anständig zu benehmen.
Renton, dem aufgeht, daß die Diskussion zu keinem fruchtbaren Ende kommen kann, lehnt sich zurück und läßt sich von dem Stoff massieren; die Knoten lösen und die Falten glattbügeln. Das Zeug war wirklich erste Sahne.
Begbies Verbitterung über Sick Boy speist sich weniger aus dem Neid, sondern daraus, daß er ihn einfach so hat sitzenlassen; ihm fehlt einer, der neben ihm sitzt. Er hat gerade einen wahnsinnigen Speedkick. In seinem Verstand blitzt eine Einsicht nach der anderen auf, und sie sind alle einfach zu gut, um nicht geteilt zu werden, findet Begbie. Er braucht jemanden, mit dem er reden kann. Renton bemerkt die Warnsignale. Hinter ihm schnarcht Second Prize laut. Von ihm konnte Begbie wenig erwarten. Renton zieht die Baseballmütze über die Augen und stupst gleichzeitig Spud wach.
– Schläfst du, Rents? fragt Begbie.
– Mmmmm… brummt Renton.
– Spud?
– Was? sagt Spud gereizt.
Das war ein Fehler. Begbie dreht sich um; er kniet auf dem Sitz, hängt über Spud und leiert zum zigsten Male eine oft erzählte Geschichte runter.
–…ich also auf ihr drauf, verstehste, und voll am Vögeln, und sie schreit wie wild, und ich denke, Scheiße, die Kuh is aber voll drauf, aber dann schubst se mich weg, verstehste, und sie blutet aus ihrem Loch, als hätte se ihre Tage, und
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