Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trainspotting: Roman (German Edition)

Trainspotting: Roman (German Edition)

Titel: Trainspotting: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
braunweißes Pulver aus der Tasche und schüttet den Inhalt sorgfältig auf sein hochgeschätztes Besteckteil. Dann saugt er fünf Milliliter Wasser in die Spritze und drückt sie langsam auf den Löffel aus, wobei er genau darauf achtet, nicht die Körnchen wegzuspülen. Seine zitternde Hand beruhigt sich durch die Konzentration, die nur noch die Zubereitung einer Spritze auslösen kann. Er zieht die Flamme aus dem Plastikfeuerzeug aus Benidorm unter dem Löffel hin und her und rührt die hartnäckigen Körnchen mit der Nadelspitze, bis er eine spritzbare Lösung hat.
    Der Bus ruckelt gefährlich, aber Renton gleicht es aus; sein Junkie-Unterbewußtsein ist auf jeden Huckel und jede Kurve auf der A1 geeicht, wie ein Radar. Er hat nicht einen kostbaren Tropfen verschüttet, als er den Wattebausch auf den Kochlöffel legt.
    Dann schiebt er die Nadel in den Wattebausch und saugt die rostfarbene Flüssigkeit in die Spritze. Er zieht seinen Gürtel aus und flucht, als sich die Nieten an den Schlaufen seiner Jeans verhaken. Er reißt ihn los und hat das Gefühl, als würden sich seine Eingeweide nach außern kehren. Er schlingt den Gürtel direkt unter einem dürren Bizeps um den Arm und gräbt seine vergilbten Zähne in das Leder, um ihn festzuhalten. Die Sehnen in seinem Nacken spannen sich, während er in dieser Position verharrt; dann lockt er durch geduldiges, vorsichtiges Klopfen eine widerstrebende gesunde Ader hervor.
    Ein kurzes Zögern flackert durch seinen Hinterkopf, nur um von einem kurzen spastischen Zucken, das seinen kranken Körper durchfährt, grausam ausgelöscht zu werden. Er sticht ein und schaut zu, wie die weiche Haut unter dem eindringenden Stahl nachgibt. Er spritzt ein wenig Flüssigkeit ein und zieht dann die Spritze wieder auf, um die Kammer mit Blut zu füllen. Dann löst er den Gürtel und drückt sich alles in die Ader. Er hebt den Kopf und genießt den Schuß. Dann hockt er eine Weile da, könnten ein paar Minuten sein oder ein paar Stunden, steht dann auf und betrachtet sich im Spiegel.
    – Du bist einfach überwältigend, bemerkt er und küßt das Spiegelbild; er spürt das kalte Glas an seinen heißen Lippen. Er dreht den Kopf und legt die Wange ans Glas, dann leckt er mit der Zunge daran. Er macht einen Schritt zurück und verzieht das Gesicht zu einer Leidensmiene. Spud wird ihn anstarren, wenn er die Tür aufmacht. Er muß auf krank machen, was nicht leicht sein wird.
    Second Prize hat sich einen fürchterlichen Kater weggetrunken und hat sowas wie zweite Luft, wenn sein konstant gleichbleibender Zustand aus Trunkenheit und Entzugserscheinungen einen solchen Begriff nicht überflüssig machen würde. Begbie wird klar, daß sie schon ein ganzes Stück zurückgelegt haben, ohne von den Bullen der Lothian and Border Constabulary geschnappt worden zu sein, und entspannt sich langsam. Der Sieg ist nahe. Spud ist in einen wirren Junkieschlaf gefallen. Renton geht es etwas besser. Selbst Sick Boy spürt, daß alles gut läuft, und beruhigt sich.
    Die fragile Einheit zerbricht, als Sick Boy und Renton sich über die Vorzüge von Lou Reed vor und nach Velvet Underground streiten. Dabei bleibt Sick Boy bei Rentons Attacke ungewöhnlich maulfaul.
    – Nee, nee… sagt er, schüttelt nur schwach den Kopf und dreht sich weg; ihm fällt nichts mehr ein, um Rentons Argumente zu kontern. Renton hat Sick Boy den Mantel der Entrüstung entrissen, in den der sich sonst bei solchen Gelegenheiten hüllt.
    Renton genießt die Kapitulation seines Gegners und wirft den Kopf kurz und blasiert in den Nacken; dann verschränkt er die Arme in triumphaler Feindseligkeit, eine Geste, die er Mussolini in einer alten Wochenschau abgeschaut hat.
    Sick Boy begnügt sich damit, die Mitreisenden zu beobachten. Vor ihm sitzen zwei alte Muttis, die sich immer wieder mißbilligend umgedreht, mit der Zunge geschnalzt und Bemerkungen über »diese Ausdrucksweise« gemacht haben. Der Altweibergeruch von Urin und Schweiß klebt an ihnen, wie er bemerkt, nur teilweise kaschiert durch Lagen alten Puders.
    Ihm gegenüber sitzt ein übergewichtiges Pärchen in Normalokluft. Idioten in Normalokluft sind noch ne ganz andere Rasse, denkt er sarkastisch. Man sollte sie ausrotten. Sick Boy war überrascht, daß Begbie keine in seinem Kleiderschrank hängen hatte. Wenn sie erstmal die Kohle haben, dann wird er dem Arsch eine spendieren, denkt er, spaßeshalber. Außerdem will er ihm einen kleinen American Pit-Bull schenken. Selbst wenn

Weitere Kostenlose Bücher