Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
zusammen, dass ich lächeln musste. Er sah mich an. Doch er lächelte
nicht zurück. Im Gegenteil. Der Zigarettenqualm zerbarst vor seinen Lippen, als
er sprach. »Bist du dir da sicher?«
»Ich kann
nicht ausschließen, dass sich das Bild ungewollt an den Spickzettel gepappt hat.
Büroklammern sind in solchen Sachen ja gerne etwas übereifrig.«
»Aber du
glaubst das nicht.«
Ich schüttelte
den Kopf.
Gregor legte
sein Kinn in die Handflächen. Die Glut der Kippe ragte wie ein schiefer Mast zwischen
seinen Fingern hervor. »Das ergibt doch keinen Sinn. Es ist schon so lange her.«
»Kanntest
du Theresa?«
Er nickte,
ohne aufzusehen, und sagte nichts. Ich überlegte, ob ich weiterstochern sollte,
ließ es aber bleiben. Was immer er in petto hatte, es würde nicht ertragreicher
sein, als das, was mir bereits Brülling erzählt hatte. »Warum hat Ansmann so ein
reges Interesse daran, die Sache aufzuklären?«, fragte ich stattdessen.
Gregor sah
mich an, als wäre ich nicht ganz bei Trost.
»Ich habe
gehört, er hätte Arthur nicht einmal sonderlich gut gekannt«, rechtfertigte ich
mich schnell.
»Edgar ist
Polizist. Morddezernat. Und ihm wurde der tote Sohn des pensionierten Polizeioberrats
Fritz Brülling vor die Füße gelegt, ehemaliger Leiter der Einsatzunterstützung sowie
zeitweise stellvertretender Polizeipräsident.«
Ich runzelte
die Stirn. Sollte Ansmann es wirklich nur auf seine Karriere abgesehen haben? Es
wäre typisch für ihn. Und dennoch erschien mir der Gedanke ein wenig zu grobmaschig
gestrickt.
Gregor bemerkte,
dass ich Zweifel hatte. »Unterschätze Fritz Brüllings Einfluss nicht.« Dann stand
er auf. »Lass uns fahren. Nehmen wir deinen Wagen.«
»Wo ist
dein Taxi?«
»Ausgeschlachtet«,
sagte er nur.
Ich biss
mir auf die Unterlippe. »Hattest du schon mal das Gefühl, dass das Leben im Schnelldurchlauf
an dir vorüberzieht, während du auf der Stelle trittst?«
Er zuckte
die Schultern. »Ich war fünf Jahre im Gefängnis und meine Frau im Koma. Reicht dir
das als Antwort?«
Ich nickte.
Dann winkte er mich aus der Wohnung. Den Helm ließ er im Wohnzimmer liegen.
Auf der anderen Seite des Bürgersteiges
runzelte Gregor ernst die Stirn. Mit seinen Fingerknochen klopfte er auf das Glasdach
meiner grünmetallischen Errungenschaft auf Proletenschlappen. »Wo ist dein Twingo?«
»Hat Ragip
getötet«, antwortete ich.
»Soll ich
ihn für dich erledigen?«
Ich sah
ihn an und inspizierte sein Gesicht, um sicherzugehen, dass er wirklich nur einen
Scherz machte. Seine Mundwinkel zuckten. »Danke, aber ich habe die Sache schon allein
geklärt.« Ich schloss die Fahrertür auf, rutschte ins Auto und öffnete Gregor von
innen die Beifahrertür.
Er warf
die Kippe auf die Straße. Anschließend stieg er ein und schnallte sich den Schroth-Gurt
um. Ein dadurch erzeugter Windhauch ließ mich wissen, dass er ein Aftershave trug
– wohl um den Nikotingeruch zu überdecken. Mit einem dreckigen Zeigefingernagel
deutete auf den halb verdursteten Kaktus. Sah ganz danach aus, als konnte er sein
wahres Ich doch nicht vollends vertuschen. »Den solltest du gießen.«
»Ich denke
darüber nach, ihn verrecken zu lassen.«
»Bevor du
es tust, nehme ich ihn«, sagte er sofort.
»Magst du
Kakteen?«, fragte ich.
»Meine Wohnung
ist voll davon.«
Wider Erwarten fand ich einen relativ
günstig gelegenen Parkplatz in der Nähe des blauen Mietshauses, in welchem einst
Arthur Brülling sein Dasein fristete. Als wir an der Hausfassade entlangspazierten,
überkreuzte ich hinter meinem Rücken die Finger, ich möge den Nachbarn nicht in
die Arme laufen. Und tatsächlich war der Garten dieses Mal wie leer gefegt. Der
Rasen war noch immer nicht gemäht, das Dach des Pavillons eingedrückt von den tiefen
Regenpfützen, die sich auf ihm gebildet hatten.
Gregor ging
voraus und schloss die Haustür auf. Dann wandte er sich dem überquellenden Briefkasten
zu. Er öffnete ihn, ein paar Kataloge und Flyer flogen uns entgegen. Wirklich relevante
Post gab es allerdings nicht. Gregor sortierte den Werbekram aus, klemmte ihn sich
unter den Arm, legte die beiden Infopost-Briefe in den Kasten zurück und schloss
wieder ab. Anschließend marschierte er zielstrebig zur ersten Wohnungstür, die sich
in unser Sichtfeld bewegte. Völlig selbstverständlich schob er den Wohnungsschlüssel
in das Türschloss. Ich glaubte nicht, dass es ein Zufallstreffer war, sondern eher,
dass Gregor nicht zum ersten Mal hier war.
Wir
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